Mehrere europäische Staaten zeigen sich besorgt über das militärische Vorgehen der USA in der Karibik. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot sagte am Rande des G7-Außenministertreffens in Kanada, die US-Militäroperation verstoße gegen das Völkerrecht. Frankreich sei auch beunruhigt, weil das Land durch seine Überseeterritorien in der Region eine Präsenz habe, „wo mehr als eine Million unserer Landsleute leben“, sagte Barrot. „Sie könnten durch die Instabilität betroffen sein, die eine Eskalation auslösen könnte, die wir offensichtlich vermeiden wollen.“
Auch Großbritannien sieht sich laut einem Bericht des US-Senders CNN gezwungen, auf die tödlichen US-Angriffe auf Boote von angeblichen Drogenschmugglern in internationalen Gewässern vor Venezuela und im Pazifik zu reagieren. Demnach teilt Großbritannien schon seit einem Monat keine Geheimdienstinformationen über potenzielle Drogenboote mehr mit den USA, um sich nicht zum Komplizen eines Vorgehens zu machen, das das Land als illegal ansieht.
Großbritannien hält laut Medienbericht Geheimdienstinformationen zurück
Sollte das tatsächlich der Fall sein, wäre es eine bedeutende Abkehr von der gewöhnlich engen Zusammenarbeit zwischen den US-amerikanischen und den britischen Geheimdiensten. Aufgrund ihrer Geschichte bezeichnen die beiden Länder ihre Verbindung als „besonderes Verhältnis“. Außerdem gehören beide Staaten zusammen mit Kanada, Australien und Neuseeland zu der sogenannten Five-Eyes-Allianz, deren Mitglieder untereinander besonders viele Geheimdienst- und andere sicherheitsrelevante Informationen austauschen und die von einem hohen Maß an gegenseitigem Vertrauen geprägt ist.
© Lea Dohle
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Wie Frankreich hat auch Großbritannien mehrere Territorien in der Karibik, die das Land auch zur Gewinnung von Geheimdienstinformationen nutzt. Seit Jahren teilen die britischen Dienste Erkenntnisse über mutmaßlichen Drogenschmuggel in der Region mit den USA, wie CNN berichtet.
In der Vergangenheit wurden verdächtige Boote von der US-Küstenwache gestoppt, die Besatzung gegebenenfalls festgenommen und mögliche Drogen beschlagnahmt. Seit September sind die US-Streitkräfte jedoch dazu übergegangen, verdächtige Boote aus der Luft anzugreifen und zu versenken. Bisher sollen bei derartigen Operationen mindestens 76 Menschen getötet worden sein. Der Menschenrechtskommissar der Vereinten Nationen, Volker Türk, bezeichnete die Tötung der Bootsbesatzungen letzten Monat als „außergerichtliche Hinrichtungen“.
Flugzeugträger „USS Gerald Ford“ in der Karibik eingetroffen
Auch der demokratische Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, kritisierte das Vorgehen der US-Regierung. Es sei erschreckend zu sehen, wie das US-Militär mutmaßliche Drogenboote in der Karibik und im Pazifik ohne Transparenz einfach in die Luft jage. „Was ist mit der Rechtsstaatlichkeit passiert?“, fragte Newsom am Rande des Weltklimagipfels im brasilianischen Belém.
Das US-Militär hat in den vergangenen Wochen immer mehr Kampfkraft in der Region zusammengezogen. Inzwischen ist nach Informationen der US-Marine auch der Flugzeugträger USS Gerald Ford samt seiner Begleitflotte in der Region angekommen. Der Verband verstärkt damit die Kräfte, die sich bereit in der Karibik befinden, darunter acht Kriegsschiffe, ein Atom-U-Boot, F-35-Kampfflugzeuge und Tausende Soldaten. Angesichts der massiven Mobilisierung gehen Beobachter davon aus, dass die Ziele der US-Regierung in der Region über die Bekämpfung von Schmugglerbooten hinausgehen.
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