11.11.2025 17:02  2.113

Narren übernehmen Schlüssel zum Chemnitzer Rathaus: Gestatten, König Rotz!

Auch in Chemnitz beginnt die fünfte Jahreszeit! Die Narren übernahmen am Dienstag symbolisch den Rathausschlüssel.

Chemnitz – Schlüssel her – aber bitte ordentlich! In Chemnitz kaperten am Dienstag, dem 11.11., die Narren das Rathaus schon um 11.09 Uhr statt 11.11 Uhr. Zwei Minuten zu früh?

König Rotz, auch bekannt als Oberbürgermeister Sven Schulze (54, SPD), tanzte mit den Narren auf der Bühne.

König Rotz, auch bekannt als Oberbürgermeister Sven Schulze (54, SPD), tanzte mit den Narren auf der Bühne.  © Kristin Schmidt

„Punktlandung mit Frühstart“, witzelte man auf dem Markt. Dann wurde es ernst. Die Bütt legte los – mit Liebeserklärung und einer Liste offener Baustellen: „Wir wohnen in Chemnitz, der Kulturhauptstadt, doch der Parkplatzmangel bleibt jedes Jahr wahr.“

Dazu der Verwaltungsfrust: „Formular 38 digital? Nee, nur auf Papier.“ Und der Verkehrsblues: „Ampeln spinnen, Baustellen sprießen von früh bis spät.“

OB Sven Schulze (54, SPD), verkleidet als König Rotz, konterte mit Reim und Selbstironie: „Erst dacht‘ ich, ich frag‘ einfach ChatGPT …“ – half nichts, also Handarbeit. Und warnte Falschparker: „Mein Ordnungsamt wird sie alle entdecken“, gab aber auch einen Tipp für „alternative, günstigere Parkplätze im Kaufhof“, ein versteckter Seitenhieb in Anspielung auf den Streit der AfD-Stadträte?

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Später gab er gelassen zu: „Ich gebe die Macht immer mit dem lachenden Auge ab, weil ich weiß, dass die Narren unser Rathaus pfleglich behandeln.“ Schulze gab sich aber auch realistisch und betonte, dass „Chemnitz keine Karnevalshochburg ist“. Die Macht bleibt bis Aschermittwoch bei den Narren.

OB Schulze (r.) übergibt der Tradition entsprechend den Schlüssel zum Chemnitzer Rathaus an die Närrinnen und Narren.

OB Schulze (r.) übergibt der Tradition entsprechend den Schlüssel zum Chemnitzer Rathaus an die Närrinnen und Narren.  © Kristin Schmidt

Michelle Grandt (25, v.l.), Christoph Laubner und Faye Junghanns (23) vom Faschingsclub an der Chemnitz.

Michelle Grandt (25, v.l.), Christoph Laubner und Faye Junghanns (23) vom Faschingsclub an der Chemnitz.  © Kristin Schmidt

Karnevals-Urgestein erinnert sich an wilde DDR-Zeiten: „Haben in Kneipen gefeiert und geküsst“

Anita Hermenau (81) war Gründungsmitglied des 1. FCC (Faschingsclub an der Chemnitz).

Anita Hermenau (81) war Gründungsmitglied des 1. FCC (Faschingsclub an der Chemnitz).  © Kristin Schmidt

Wie steht’s um den Karneval? Sebastian Sperling (39), Präsident vom Würschnitzthaler Carnevalclub: „Wir sind ja leider nur noch drei Vereine, aber es kommt wieder neuer Aufschwung rein.“ Was Chemnitz besser als Köln oder Mainz macht? „Wir sind viel cooler und es ist familiärer“, so der Narr lachend.

Michelle Grandt (25) vom Faschingsclub an der Chemnitz kommt extra aus Dresden angereist und ist seit Kindertagen dabei: „Es ist einfach wie eine ganz große Familie.“ Neben ihr Christoph Laubner: „Wir sind um die 50 Leute im Verein und so langsam haben die jungen Leute die Macht übernommen.“

Karnevals-Urgestein Anita Hermenau (81) erinnert sich an wilde DDR-Zeiten: „Ich war damals Gründungsmitglied vom Faschingsclub an der Chemnitz.“ Doch ganz so unbeschwert wie heute war das Narrenleben nicht: „Wir haben in Kneipen gefeiert und geküsst, mussten aber trotzdem aufpassen, was wir sagen.“ Trotzdem ließ man sich den Spaß nicht nehmen: „Wir haben uns mittlerweile an diese freie Welt angepasst, aber gelacht haben wir schon immer gleich laut.“

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Aus dem Publikum bilanziert Conny Schmerler (63): „Ich liebe Fasching und hier in Chemnitz fahren die immer richtig was auf.“ Früh dran, laut dran und ja: mit klarer Ansage. Chemnitz hat (wieder) Narrenhand.