Auf der Weltklimakonferenz COP30 in der brasilianischen Amazonas-Stadt Belém ist es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. Dutzende indigene Demonstranten versuchten, sich Zutritt zum Konferenzgelände zu verschaffen. Sicherheitskräfte verbarrikadierten den Eingang.

Dutzende indigene Aktivisten haben die gesicherte Zeltstadt der UN-Klimakonferenz in Belém in Brasilien gestürmt. Videos südamerikanischer Medien zeigten, wie sie am Dienstagabend (Ortszeit) gewaltsam eine Tür aufbrachen. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften.

Zwei Sicherheitskräfte seien leicht verletzt worden, sagte ein UN-Sprecher am Dienstag (Ortszeit). Es gebe zudem kleinere Schäden am Veranstaltungsort. Es seien Schutzmaßnahmen ergriffen worden, um den Veranstaltungsort zu sichern.

Einem Reporter der Nachrichtenagentur Reuters zufolge wurde ein Sicherheitsmitarbeiter in einem Rollstuhl weggebracht. Ein anderer Sicherheitsmann sagte, er sei von einem Trommelstock am Kopf getroffen worden. Die Sicherheitskräfte hatten die Demonstranten zurückgedrängt und den Eingang mit Tischen verbarrikadiert.

Auf Instagram-Videos mehrerer Aktivisten war zu sehen, wie eine riesige Traube Indigener auf den Fluren des Konferenzzentrums Fahnen schwenkte und protestierte.

Die Demonstranten forderten lautstark Zugang zu dem UN-Gelände, auf dem Tausende Delegierte aus aller Welt tagen. Sie waren Teil einer Gruppe von Hunderten, die zuvor zum Veranstaltungsort marschiert waren. Kurz nach den Auseinandersetzungen löste sich die Gruppe auf. Die Sicherheitskräfte hatten zuvor die Konferenzteilnehmer aufgefordert, im Gebäude zu bleiben, bis die Lage geklärt sei. Später wurde den Delegierten erlaubt, das Gelände wieder zu verlassen.

Normalerweise ist die bewachte Zeltstadt, vor deren Zufahrt sogar ein großer Panzer aufgebaut ist, auch über Nacht geöffnet, da sich die Verhandlungen teils in die Länge ziehen und Journalisten aus allen Zeitzonen aus dem Pressezentrum berichten. Am späten Abend (Ortszeit) hatte sich die Lage wieder beruhigt. Die Zugänge zum COP-Gelände blieben verschlossen, davor bauten sich maskierte Soldaten und andere Sicherheitskräfte auf. Mehrere Polizeiwagen standen mit Blaulicht vor den Toren.

Für die Sicherheit innerhalb des Veranstaltungsortes sind die Vereinten Nationen zuständig, außerhalb des Geländes die örtlichen Behörden. Der UN-Sprecher sagte, dass der Veranstaltungsort vollständig gesichert sei und die Verhandlungen fortgesetzt würden. Die brasilianischen und die UN-Behörden untersuchten den Vorfall.

Für den Gastgeber Brasilien und die Vereinten Nationen stellen sich mit dem Zwischenfall wenige Tage, bevor aus aller Welt Ministerinnen und Minister für die finale Phase der Verhandlungen anreisen, unangenehme Fragen: Wie konnten die Aktivisten eindringen? Weshalb hatten sie überhaupt das Gefühl, sich auf diesem Wege Gehör verschaffen zu müssen? Dies dürfte die Konferenz weiter beschäftigen.

Die Konferenzleitung teilte am späten Abend mit, der Haupteingang werde nach den Ereignissen repariert und ab 7.00 Uhr morgens (Ortszeit, 11.00 Uhr MEZ) am Mittwoch wieder geöffnet.

Indigene Anführer fordern mehr Mitspracherecht

Bei der Weltklimakonferenz in der Stadt Belém sind auch Tausende indigene Aktivisten vertreten. Sie setzen sich gegen die Zerstörung ihrer angestammten Heimat ein, etwa durch die Abholzung des Regenwalds. Indigene Anführer wollen auf dem Gipfel mehr Mitspracherecht bei der Bewirtschaftung der Wälder einfordern.

Eine lokale Journalistin, die das Geschehen auf dem Gelände verfolgte und aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will, sagte einer dpa-Reporterin vor Ort, eine solche Eskalation habe sich schon lange angekündigt. In Brasilien würden immer wieder Umweltschützer getötet, „es gibt diesen Schmerz schon seit langer Zeit“.

Die Organisatoren des zuvor stattfindenden Marsches durch die Stadt grenzten sich ausdrücklich von den gewaltsamen Szenen nach Ende ihrer Demo ab. „Die Handlungen, die nach dem Marsch stattfanden, gehören nicht zur Organisation des Ereignisses“, erklärte die beteiligte Organisation 350.org.

Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hatte die indigenen Gemeinschaften im Vorfeld der Konferenz als wichtige Akteure bei den Verhandlungen bezeichnet. Der prominente Anführer Raoni Metuktire sagte jedoch in einem separaten Interview, viele Indigene seien verärgert über laufende Industrie- und Entwicklungsprojekte im Regenwald. Er forderte die Regierung in Brasília auf, den Ureinwohnern mehr Rechte zum Schutz des Amazonas zu geben.

Die Klimakonferenz COP30 findet bis zum 21. November statt. Auch zur Halbzeit der Konferenz am Wochenende sind Proteste geplant, flankiert von weiteren „Klimastreiks“ rund um den Globus.

dpa/rtr/AFP/dp