Polens rechtskonservativer Präsident Karol Nawrocki hat die Ernennung von 46 neuen Richtern verweigert. In einem Post auf X unterstellte er den von der liberalen Regierung benannten Juristen, das polnische Rechts- und Verfassungssystem infrage zu stellen und auf „schlechte Einflüsterungen des Justizministers“ zu hören. „Wenn die Ernennung das Vorrecht des Präsidenten ist, kann er diese Ernennung auch ablehnen“, schrieb er.
Regierungssprecher Adam Szłapka sagte, mit der Weigerung überschreite Nawrocki seine Kompetenz. Der
ehemalige Vorsitzende des polnischen Verfassungsgerichts, Andrzej Zoll, widersprach Nawrocki und sagte, die Ernennung von Richtern durch den Staatschef sei eine
Formalie. Dieser habe nicht das Recht, die Nominierungen zu überprüfen,
sagte er dem Onlineportal Onet.
Hintergrund des Konflikts ist der Versuch von Justizminister Waldemar Żurek, Veränderungen am polnischen Rechtssystem unter der früheren rechten PiS-Regierung zurückzudrehen. Kritiker sahen in der zwischen 2015 und 2017 reformierten polnischen Justiz unter der damaligen rechten Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) eine Beschädigung der Demokratie und warnten vor politischer Einflussnahme auf die Gerichte.
Auch die Europäische Union kritisierte die damalige Reform und warf Polen vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu gefährden. Die EU leitete daraufhin ein sogenanntes Artikel-7-Verfahren gegen das Land ein. Im Mai 2024 wurde das Rechtsstaatsverfahren zum Schutz der europäischen Grundwerte beendet.
Polen:
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