Nach dem verheerenden Feuer vor vier Jahren ist der erste Teil des Neubaus der SSB in Gaisburg wieder in Betrieb. Als Vorbild für den Brandschutz dient das VfB-Stadion.
Von einer „Schachtel“ können keine Rede sein, ist der zuständige Bau-Projektleiter der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB), Clemens Müller überzeugt, daher habe man sich bereits im Laufe der Planungen für den Begriff der Module entschieden. Gemeint ist dabei die Bauweise der Hallen im Busdepot am Gaskessel in Gaisburg. Fast genau vier Jahre nach einem verheerenden Feuer ging nun der erste Teil des Neubaus in Betrieb. Ein besonderes Augenmerk gilt natürlich dem Brandschutz.
SSB: Einzelne Module sollen Flammeninferno verhindern
Damit sich ein solches Szenario nicht wiederholen kann, war bei den Planungen schnell klar, „dass wir im Hinblick auf den Brandschutz neu denken mussten“, erklärt Müller. Auch aufgrund der Tatsache, dass die Zahl der Elektrobusse stetig steigt. Im neuen Depot sind bereits 40 Stellplätze mit elektrischen Ladestationen unter dem Dach ausgestattet, alle anderen können aufgerüstet werden. Schließlich will die SSB den öffentlichen Nahverkehr in der Innenstadt bis 2027, und bis 2035 gar in ganz Stuttgart komplett emissionsfrei machen.
Entstanden ist daher ein futuristisch aussehender, lang gezogener Neubau. Rund 140 Meter lang, bestehen die Hallen aus drei hintereinander stehenden Modulen. Jedes ist rund 20 Meter breit und 40 Meter lang, jeweils mit einem Abstand von knapp zehn Metern. Pro Modul können 15 normale oder zehn Gelenkbusse untergebracht werden. „Jedes ist technisch vollkommen autark“, betont der Projektleiter. Der Vorteil: Sollte es doch jemals wieder zu einem Feuer kommen, würde sich der Brand lediglich auf ein Modul beschränken, „alle anderen wieder schnell einsatzbereit sein“, so die oberste Prämisse für die SSB.
Denn bei der SSB weiß man seit dem Brand vor vier Jahren, dass es keinen 100-prozentigen Schutz geben kann. „Wir können die Auswirkungen aber beschränken.“ Diesem Umstand verdanken die neuen Hallen auch ihr charakteristisches Erscheinungsbild. „Die Bauweise ist einzigartig in Deutschland“, sagt Müller. Bewusst wurde dabei auf wiederverwendbare Materialien gesetzt, „um den CO2-Abdruck zu minimieren“.
Die knapp 8,50 Meter hohen Mauern bestehen aus wieder verwendeten Mauerziegeln. Besonders macht das Gebäude aber die Kombination verschiedener Baustoffe. Zwischen den Mauern dienen Betonstützpfeiler als Tragwerk für die Dachkonstruktion aus Holz. Der Clou befindet sich aber zwischen dieser. Rund 40 Prozent der Fläche besteht aus einer speziellen PVC-Membran. In Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Ingenieurbüro Schlaich Bergermann und Partner wurde diese Idee entwickelt. „Ab einer Hitze von 300 Grad lösen sich deren Nähte, und die Membran verbrennt rückstandslos“, klärt Müller auf. So können Rauch und Hitze im Ernstfall schnell entweichen, das Feuer nicht auf andere Module übergreifen. Eine Lösung, die auch bereits beim Bau der MHP-Arena des VfB Stuttgarts zum Einsatz kam, für das das Stuttgarter Ingenieuerbüro ebenfalls verantwortlich zeichnete.
Dachkonstruktion erinnert an „Zeppelin-Halle“
Die markante Wölbung des Daches, in SSB-Kreisen schnell als „Zeppelin-Halle“ tituliert, in Anlehnung an den berühmten Luftschiffkonstrukteur am Bodensee, wurde bewusst gewählt. So vergrößert sich die Dachfläche auf 110 Prozent, können die Vorgaben hinsichtlich der Begrünung und einer Fotovoltaikanlage eingehalten werden. Überraschend ist aber, dass keine Sprinkleranlage eingebaut wurde. „In Absprache mit der Feuerwehr setzen wir auf ein Frühwarnsystem. Zudem stehen rund um Wasserhydranten bereit“, sagt Müller.
Die Kosten für den nun bestehenden Teil werden von der SSB auf 13,3 Millionen Euro veranschlagt. Rund 11,3 Millionen Euro bezuschusst das Land Baden-Württemberg im Rahmen des Landes-Gemeindeverkehrs-Finanzierungsgesetzes. Derzeit wird bereits mit Hochdruck am Bau der weiteren sechs Module des neuen Depots gearbeitet. Zusätzlich soll eine Tiefgarage mit 80 Plätzen entstehen. Mit einer Inbetriebnahme rechnet die SSB Anfang 2027. Dann sollen auch die restlichen 80 der insgesamt 160 Busse vom Interimsstandort auf dem ehemaligen Kohlelager der EnBW aufs Gelände am Gaskessel zurückkehren – ins brandneue Busdepot.