Wer schon mal am Abendhimmel Starlink-Satelliten des Amerikaners Elon Musk in Formation vorbeifliegen sehen hat, weiß, dass auf den Erdumlaufbahnen schon jetzt eine Menge los ist. Der Orbit-Verkehr wird in den kommenden Jahren nicht weniger werden. Ganz im Gegenteil – da oben wird es bald schon noch viel stärker rund gehen. Für die europäischen Unternehmen und die Sicherheitsarchitektur auf dem Kontinent ist es daher wichtig, selbst über genügend Raketenstartplätze zu verfügen, von denen aus Satelliten Richtung All befördert werden können.

Der Bremer Raumfahrt-Konzern OHB, der mit MT Aerospace und der Rocket Factory Augsburg in Augsburg zwei Tochtergesellschaften hat, gründet deshalb ein neues Unternehmen, die European Spaceport Company.

OHB-Chef Marco Fuchs sagt: „Europa braucht einen zuverlässigen und unabhängigen Zugang zum Weltraum. Das haben wir bei OHB schon seit Jahren im Fokus. Und natürlich gehören dazu auch Startplätze. Für das Offshore-Spaceport-Konzept leisten wir schon heute einen wesentlichen Beitrag dazu, und den werden wir zukünftig noch weiter ausbauen“.

Warum Europa im All autonomer werden muss

Die European Spaceport Company soll Trägerraketen künftig Startmöglichkeiten zu Wasser und zu Land ermöglichen. Im Angebot sollen nicht nur Infrastrukturelemente für mobile und ortsfeste Startrampen sein. Es geht auch um Bodensegmente, Missionskontrollzentren, Testeinrichtungen und verschiedene Dienstleistungen rund um die Starts.

Sabine von der Recke, die das neue Unternehmen gemeinsam mit MT Aerospace-Vorstandsvorsitzendem Ulrich Scheib und OHB-Digital-Chef Arne Gausepohl führen wird, sagt: „In der Raumfahrt ist eine neue Zeit angebrochen, und die braucht mehr und kreativere Angebote in der gesamten Wertschöpfungskette.“ OHB hat nach eigenen Angaben seit mehr als fünf Jahrzehnten Erfahrungen bei „Aufbau und Weiterentwicklung europäischer Startkapazitäten“. So ist MT Aerospace seit knapp 30 Jahren an Betrieb und Wartung der Startanlagen des europäischen Weltraumbahnhofs in Kourou beteiligt.

Ein europäischer Startplatz im Meer?

Ziele sind den weiteren Angaben zufolge, einen eigenen europäischen Startplatz im Meer zu errichten und zudem die Möglichkeiten von Kourou – gelegen in Französisch-Guayana an der südamerikanischen Atlantik-Küste – zu erweitern. Später will die European Spaceport Company dann Startdienstleistungen weltweit anbieten. Das soll mit einer mobilen Startplattform gehen, die nicht auf einen Raketentyp festgelegt, sondern flexibel ist. Und die an bereits bestehende Infrastruktur angedockt werden kann.

Schon seit einigen Jahren plant der Konzern gemeinsam mit anderen Firmen, Mini-Raketen von der Nordsee aus zu starten. Ein Spezialschiff mit Startrampe soll dafür ab Bremerhaven in See stechen. Von der schwimmenden Plattform sollen Microlauncher – das sind Mini-Raketen – starten und Satelliten in den Weltraum transportieren. Ein Testlauf war schon 2024 geplant, musste wegen fehlender Unterlagen allerdings verschoben werden.

Kein deutscher Spaceport

Das von Dorothee Bär (CSU) geführte Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt begrüßte die OHB-Gründung, die „zur Stärkung des Raumfahrtstandorts Deutschland und Europas beiträgt“, wie ein Sprecher mitteilt. Die Bündelung von Kompetenzen für Startplatzinfrastruktur sei ein wichtiger Schritt, um den Zugang zum Weltraum flexibler und wettbewerbsfähiger zu gestalten. Solche Projekte ergänzten die europäischen Bemühungen um mehr Unabhängigkeit und Innovationskraft im Raumfahrtsektor. Ein deutscher, staatlicher Spaceport ist nicht vorgesehen: „Die Bundesregierung setzt dabei auf privatwirtschaftliche Modelle, nicht auf den Aufbau eines rein staatlichen Weltraumbahnhofs.“

Von neuen Startrampen könnte auch die Augsburger Rocket Factory (RFA), an der OHB auch beteiligt ist, profitieren. Allerdings hat die ihren ersten Testflug erneut verschoben. Wie ein RFA-Sprecher auf Anfrage mitteilt, soll die neue Erststufe des Microlaunchers in den kommenden Wochen zum schottischen SaxaVord Spaceport, im Norden der Shetlandinseln, transportiert werden. Der erste Testflug wird dann 2026 stattfinden. Im August 2024 war es dort bei einem Test zum Unglück gekommen. Verletzt wurde niemand, aber das Start-up hatte seine Ambitionen zurückstecken müssen. Ursprünglich hätte der Countdown für die erste RFA One 2022 runtergezählt werden sollen. Die Rocket Factory wurde 2018 von den Ingenieuren Jörn Spurmann und Stefan Brieschenk gegründet.

Neben den Verzögerungen beim Start hat das Unternehmen gerade Ärger mit der IG Metall Augsburg. Die wirft RFA vor, Versuche, einen Betriebsrat zu gründen, ins Leere laufen gelassen zu haben. Die Rocket Factory will sich dazu auf Nachfrage nicht äußern. (mit dpa)

  • Stefan Küpper

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  • OHB

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