Hamburg – Alarm im Abwasser: In der Hansestadt sind erstmals seit Jahrzehnten wieder Polioviren (verursachen Kinderlähmung) nachgewiesen worden. Ein Fund, der die Gesundheitsbehörden alarmiert. Denn entdeckt wurde der Wildtyp des Virus, was auf eine Infektion hinweist.
Die Abwasserprobe wurde Anfang Oktober entnommen und wenige Tage später positiv auf ein Wildtyp‑Poliovirus getestet, so die Gesundheitsbehörde in Hamburg.
Polio-Virus war weltweit fast ausgerottet
Das Virus wird „weltweit eigentlich nur noch in Afghanistan und Pakistan“ nachgewiesen. Der Fund markiert den ersten Nachweis des Wildtyps im deutschen Abwasser seit Beginn der systematischen Überwachung im Jahr 2021. Zwei importierte Fälle von Kinderlähmung wurden zuletzt 1992 registriert.
Kinderlähmung gilt als fast ausgerottete Infektionskrankheit. Die Quote der geimpften Kinder sank zuletzt
Foto: Julian Stratenschulte/dpa
„Was hinter dem aktuellen Fund steckt, ist noch unklar“, teilte die Hamburger Gesundheitsbehörde mit. Offiziell liegt kein Fall einer Erkrankung vor, es ist niemand bekannt, der an Kinderlähmung erkrankt ist. Unklar ist auch, in welcher Region die Viren in das Abwasser gelangten, da die Probe bei einer Sammelstelle entnommen wurde. In der Vergangenheit wurden in Deutschland immer wieder impfabgeleitete Polio‑Viren im Abwasser entdeckt – aber nie der Wildtyp selbst.
Polio-Impfung schützt zuverlässig vor Erkrankung
Auch das Bundesgesundheitsministerium wurde eingeschaltet. „Die vollständige Impfung gegen Polio schützt zuverlässig vor einer Erkrankung“, erklärte ein Sprecher in Berlin. Zugleich betonte das Ministerium: „Der Nachweis der Viren in einer Abwasserprobe zeigt, dass die Überwachung funktioniert.“
Die Impfquote in Deutschland gilt grundsätzlich als hoch, doch laut Robert Koch-Institut waren im vergangenen Jahr nur rund drei Viertel der Kleinkinder vollständig gegen Polio geimpft.
Für Ungeimpfte bleibt das Virus gefährlich: Poliomyelitis kann bleibende Lähmungen bis hin zum Tod verursachen. Zu den Symptomen zählen Fieber, Übelkeit, Muskelschmerzen – in schweren Fällen drohen Hirnhautentzündungen oder Atemlähmung.