Verlässlichkeit ist im Standortmarketing eine harte Währung. Unternehmer schätzen verlässliche, also planbare, Rahmenbedingungen. Insofern spielt Rainer Küchen auf der richtigen Klaviatur, wenn er bei der Verleihung des Unternehmenspreises seine Ansprache hält. Denn sehr verlässlich geht es jedes Jahr aufs neue um eine Stadtentwicklungsgesellschaft, die sich der Vorsitzende des Wirtschafts- und Strukturrates Bremen-Nord (WIR) für ebendiesen Stadtbezirk wünscht. Diesen bezeichnete er – ebenso verlässlich – bisher als Mittelzentrum, neuerdings sogar als Großstadt. Das ist natürlich im übertragenen Sinne gemeint und soll die Größe und Bedeutung von Blumenthal, Burglesum und Vegesack als gemeinsamer Stadtbezirk unterstreichen. Und zwischen den Zeilen kritisieren, dass die stadtbremische Politik dieser Bedeutung nicht gerecht wird.
Dass Küchen die Bühne der Verleihung des Unternehmenspreises nutzt, um seine Agenda plakativ zu verkaufen, liegt in der Natur der Sache. Immerhin versteht sich der WIR als Netzwerk aus 270 Unternehmen als wirtschaftlicher Anwalt Bremen-Nords. Was läge da näher als – ganz im Sinne des steten Tropfens – beim großen Heimspiel die immer gleiche Forderung an abwechselnde Politgrößen zu adressieren? Jedoch erinnern diese immer gleichen Ableitungen eher wie der Silvestersketch „Dinner für One“. Für die Zuschauer immer wieder amüsant, auch wenn nur zu bekannt ist, was passiert. Denn so wie der Butler im Sketch immer betüdelter wird, winken die Politiker Jahr für Jahr ab – wenn auch stets mit blumigen Worten. The same procedure as every year – die gleiche Prozedur, wie in jedem Jahr.
Abseits der Mattscheibe wären neue Impulse wünschenswert. Alte Ideen müssen nicht schlecht sein. Doch sie sollten stetig weiterentwickelt werden. So wie es die Bremen-Norder Wirtschaft seit Jahrhunderten vormacht. Sie hat sich oft neu erfunden und lebt heute davon, regelmäßig neue Ideen auf den Markt zu bringen oder alte zu perfektionieren.