Elegante Outfits, Tanz und Gespräche – am Freitagabend feiern 1500 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Medien für einen guten Zweck. Der Ministerpräsident ist nicht dabei. Die Eindrücke.

Es ist der 63. Landespresseball, der an diesem Freitagabend in der Stuttgarter Liederhalle steigt – noch im letzten Jahr schwebten zu dieser Zeit die Wiederwahl Donald Trumps in den USA sowie die Regierungskrise in Berlin wie dunkle Gewitterwolken über dem Beethovensaal. Ein Jahr später sieht es nicht unbedingt rosiger aus. In den USA geht der Präsident gegen die Meinungs- und Pressefreiheit vor, hierzulande gewinnt politischer Populismus an Einfluss. Politik und Medien sind stärker gefordert denn je. Und Baden-Württemberg steht vor einem politischen Umbruch.

Tanzen und Feiern für den guten Zweck

Für die etwa 1500 teils prominenten Gäste aus Politik, Wirtschaft und Medien ein Grund mehr, an diesem Abend in eleganten Roben zu erscheinen und im Rahmen eines opulenten Festprogramms zu tanzen, zu feiern und Gespräche zu führen. Denn der Landespresseball, getragen von der Pressestiftung Baden-Württemberg (dahinter stehen die Landespressekonferenz, der Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger und der Deutsche Journalistenverband), ist neben einem Festakt vor allem eines – ein Zeichen für unabhängigen Journalismus und Demokratie sowie gegen Fake-News und Hetze. Der Erlös des Balls geht an Journalistinnen und Journalisten in Not und unterstützt Projekte zur Förderung von Verständigung und Demokratie. 

Elegante Auftritte auf dem roten Teppich

Zahlreiche Vertreter des Landeskabinetts und der politischen Bühne Stuttgarts zeigen sich am Freitagabend auf dem roten Teppich: Neben Innenminister Thomas Strobl (CDU) und seiner Ehefrau Christine kommen CDU-Landeschef Manuel Hagel und seine Ehefrau Franziska in Begleitung des Ehepaars Nopper auf dem roten Teppich an. OB-Gattin Gudrun Nopper glänzt in einem crèmefarbenen Kleid mit Pailettenbesatz, der Oberbürgermeister selbst sowie die Hagels halten sich ans klassische Schwarz.

Auch Spitzenkandidat der Grünen für die Landtagswahl, Cem Özdemir ist Gast – trotz Handverletzung nach einem Sportunfall und mit gleich drei Begleitungen. Neben seiner Partnerin Flavia Zaka, die in einer trägerlosen, türkisenen Samtrobe strahlt, leisten seine beiden Kinder ihm Gesellschaft. Auch Finanzminister Danyal Bayaz und seine Ehefrau Katharina Schulze, die im letzten Jahr nicht dabei waren, sind gekommen.

Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir mit Partnerin Flavia Zaka, seiner Tochter und deren Freund. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Optisch dominieren im Ballsaal vor allem gedeckte Farben und Pastelltöne aber auch mit Pailetten besetzte Roben schimmern. Die meisten Herren hingegen halten sich an den klassischen schwarzen Smoking. Verkehrsminister Hermann (Grüne), der mit Justiz- und Migrationsministerin Marion Gentges vor die Kamera tritt, sticht mit passender grüner Krawatte hervor.

Auch die Fraktionsvorsitzenden der Landesparteien Hans-Ulrich Rülke (FDP), Andreas Stoch (SPD) und Andreas Schwarz (Grüne) mit ihren Partnerinnen sowie die Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, Nicole Hoffmeister-Kraut und ihr Mann sind gekommen.

Weitere Gäste auf der VIP-Liste: Schauspielerin Astrid Fünderich („Soko Stuttgart“), Miss Baden-Württemberg Juliane Rasheed aus Esslingen, Miss Germany 2023 Kira Geiss, Sänger und Musicaldarsteller Kevin Tarte mit seinem Ehemann, dem ehemaligen Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf sowie die ehemalige Biathletin Magdalena Neuner.

Ende einer Ära: Letzter Walzer ohne Kretschmann

Ein Wermutstropfen, der das Ende einer Ära ankündigt: Schirmherr der Veranstaltung, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), musste wegen Krankheit kurzfristig absagen. Gespannt hatten viele vorab den traditionellen Eröffnungswalzer erwartet, üblicherweise vom Regierungschef geführt – denn es wäre ein besonderer Moment geworden: der letzte Eröffnungstanz des Ministerpräsidenten, bevor der 77-Jährige den politischen Posten und damit auch die Schirmherrschaft für den Landespresseball, die er seit Herbst 2011 innehat, abgibt. Doch da kam der grippale Infekt dazwischen.

Anstelle des erkrankten Ministerpräsidenten springt am Freitagabend kurzfristig Innenminister Thomas Strobl (CDU) ein und eröffnet gemeinsam mit Barbara Schlegel vom Sozialfonds der Pressestiftung das Parkett.

Innenminister Strobl tanzt mit Barbara Schlegel vom Sozialfonds der Pressestiftung den Eröffnugswalzer. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Vor dem Auftritt äußert er noch seinen Respekt vor diesem Einsatz, auch, wenn er schon einmal die Ehre hatte. Trotz des spontanen Auftritts bringt das tanzende Paar den Walzer souverän, mit Schwung und einem Lächeln übers Parket. Die Tanzfläche ist schnell gefüllt, viele der Gäste nehmen sich ein Beispiel und wirbeln zu Songs der Band Sm!le durch den Beethovensaal.

Ob auch der CDU-Landeschef oder Grünen-Spitzenkandidat den ersten Tanz wagten, bleibt auf dem wohlgefüllten Parkett nicht zu erkennen. Ein flinkes Tanzbein könnte aber keinem der Kandidaten schaden. Cem Özdemir (Grüne) und Manuel Hagel (CDU) gehen nämlich nicht nur um den Ministerpräsidenten-Posten ins Rennen, auch die Rolle als Eröffnungstänzer bei künftigen Landespressebällen käme einem der Kandidaten künftig zu.

Wer tanzt künftig den Eröffnungswalzer?

„Der Wahlkampf ist zwar nicht ohne, aber am meisten fürchte ich mich davor, dass ich auf dem Parkett keine gute Figur abgeben würde“, scherzt Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir. „Der Ministerpräsident hat die Erwartungen sehr hochgesetzt und ich hoffe, dass ich dem im Fall der Fälle gerecht werden kann.“ Es sei aber ja noch Zeit zu üben. CDU-Landeschef Manuel Hagel will erst einmal die Wähler entscheiden lassen. Gleichzeitig lässt er durchblicken, er habe „richtig Lust drauf“.

Regierungssprecher Matthias Gauger hatte bei der Absage Kretschmanns am Donnerstag die augenzwinkernde Idee geäußert, Manuel Hagel und Cem Özdemir könnten doch gemeinsam den Eröffnungswalzer tanzen. Ein starkes Signal für Diversität und ein offenes Miteinander im Wahlkampf wäre das allemal.

„Wer den Takt nicht findet, wird auch in Koalitionsverhandlungen Probleme haben“

In seiner Eröffnungsrede zu Beginn der Feierlichkeiten greift der LPK-Landesvorsitzende Rafael Binkowski die Situation auf und wünscht Ministerpräsident Kretschmann eine gute Genesung. Baden-Württemberg stehe vor einem politischen Umbruch. „Einige der Anwärter auf die Nachfolge sind heute hier. Mal schauen, wie sie sich nachher auf dem Tanzparkett schlagen“, scherzt er. „Wer den Takt beim Walzer nicht findet, wird später auch in Koalitionsverhandlungen Probleme haben. Wir werden sehr genau schauen, wer wirklich führt und wer nur so tut.“

Der Qualitätsjournalismus sei noch nie so unter Druck gestanden wie aktuell, so Binkowski in seiner Rede weiter. „Die Zeitungen verbuchen zurückgehende Auflagen.“ Fake News und so genannte „alternative Medien“ sowie Künstliche Intelligenz machten den etablierten Medien den Platz streitig. Umso wichtiger sei es, dass Journalistinnen und Journalisten ihre Rolle als vierte Gewalt im Staat erfüllten – und das „kritisch, unabhängig und mit der nötigen Zeit zu recherchieren“.

Generationenwechsel auch auf der Bühne: Kamrad ist Stargast des Abends Topact des Abends: Kamrad. Foto: Andreas Rosar Fotoagentur-Stuttgart

Passend zum baldigen Generationenwechsel an der Spitze der Landesregierung bringt am späten Abend der 28 Jahre alte Shootingstar Tim Kamrad („I Believe“), erst bei den Bambis als bester Musikact des Jahres nominiert, als jüngster Stargast in der Geschichte des Landespresseballs frischen Wind auf die Bühne des Beethovensaals.

Nebenan im Mozart-Saal geben Stand-up-Comedian Simon Stäblein und der Stuttgarter Magiekünstler Strotmann im Lauf des Abends ihre Tricks und Späße zum Besten. Im Beethoven-Foyer heizt DJane Alegra Cole den Gästen ein, im Silcher-Saal in der Presselounge kommen Medienvertreter zusammen und in der Equipe Bar fließt der Champagner. „Lassen Sie uns feiern“, ruft Rafael Binkowski als Abschluss seiner Rede. „Frei, fröhlich und demokratisch.“