Die Gewerbesteuer geht im Wochentakt zurück, nun liegt sie 2026 nur bei 700 Millionen Euro. In den Beratungen soll zunächst nur über Einsparungen gesprochen werden.

Die finanziellen Aussichten der Landeshauptstadt haben sich in Sachen Gewerbesteuer weiter verschlechtert. Die Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat sind am Freitagnachmittag von Oberbürgermeister Frank Nopper, Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (beide CDU) und Fachleuten aus der Stadtkämmerei über neue, unerfreuliche Erwartungen ins Bild gesetzt worden.

Als neues Maß aus der nicht öffentlichen Krisensitzung gilt, dass die Gewerbesteuererwartung für den Doppelhaushalt 2026/2027 von je 900 Millionen Euro für 2026 auf 700 und 2027 auf 800 Millionen Euro zurückgesetzt wird. Der Haushaltsentwurf war von OB Nopper und Fuhrmann vor sechs Wochen mit geplanten Ausgaben von 4,6 Milliarden (2026) und 4,7 Milliarden Euro (2027) und einem Gesamtdefizit von 778 Millionen Euro vorgelegt worden. Allein der Personaletat umfasst jährlich rund 1,1 Milliarden Euro. Der Rat hat einer Wiederbesetzungssperre für 500 Stellen für freiwillige Aufgaben zugestimmt. Das sollte 40 Millionen Euro bringen. Der Bund der Steuerzahler im Land fordert, nun müsse „beim Personal der Rotstift angesetzt werden“.

Keine Anträge mit neuen Ausgaben

Für die am Montag beginnende erste Haushaltslesung hat die Verwaltungsspitze den Fraktionen dem Vernehmen nach deutlich gemacht, dass sie keine Anträge mit neuen Ausgaben aufrufen will. Der Spielraum liege bei null. Am Montag soll die Einsparliste vorliegen, die offenbar mit CDU und Grünen als großer Haushaltskoalition besprochen wurde. Die Rede ist von einer „Giftliste“.

Finanzbürgermeister Fuhrmann: „Sparrunde wird zu spüren sein“ Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Am Mittwoch sollen alle Sparvorschläge der Fraktionen aufgerufen werden. „Das notwendige Fundament, auf das wir aufbauen wollten, ist nicht mehr da“, so Finanzbürgermeister Fuhrmann in einer am Freitag um 19.44 Uhr verbreiteten Pressemitteilung. Notwendige Einschnitte würden „wahrscheinlich in allen Teilen der Stadtgesellschaft deutlich zu spüren sein“. Genaue Zahlen werden in dem Papier nicht genannt.

Klare Warnzeichen schon 2024

Das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) als Rechtsaufsichtsbehörde hat die Stadt ultimativ zu drastischen Einsparungen aufgefordert, ansonsten werde man die Planung nicht genehmigen. Das RP riet der Stadt, freiwillige Leistungen zu streichen.

Die am Freitag nicht öffentlich präsentierten Zahlen bedeuten, dass für 2026 noch rund 265 und für 2027 noch rund 107 Millionen Euro im Ergebnishaushalt gestrichen werden müssen, um einen ausgeglichenen Finanzierungssaldo zu erreichen. Der Wert für 2027 ist wegen der positiven Steuerschätzung des Bundes und einer erwarteten Anpassung von Landesumlagen geringer als bisher. Die Umlage reagiert auf den Abschluss 2025, bei dem ein Minus von 890 Millionen Euro erwartet wird.

Die Stuttgarter Haushaltsmisere bildet sich nicht nur durch die Last zusätzlicher Aufgaben, die Bund und Land den Kommunen ohne entsprechenden Ausgleich auflegen. Teils ist sie auch hausgemacht, weil sich der Gemeinderat mit seiner ökosozialen Mehrheit Ende 2023 zu viel vornahm und 2024 aus klaren Warnzeichen kaum Konsequenzen für 2025 gezogen wurden. Der laufende Haushalt wird nahezu unverändert abgewickelt, damit werden noch freie Rücklagen aufgebraucht.

Zentral für die Misere ist die Wirtschaftslage mit dem dramatischen Rückgang der Gewerbesteuer. Hier hat sich eine weitere Verschärfung ergeben, weil dem Vernehmen nach ein Unternehmen aus der Automobilindustrie kurzfristig angekündigt hat, nicht nur für dieses, sondern auch für das Jahr 2026 keine Gewerbesteuer zu zahlen. Ein weiteres Automobilunternehmen wird dem Vernehmen nach in diesem Jahr seine komplette Gewerbesteuer-Vorauszahlung in Höher von rund 100 Millionen Euro zurückerhalten.

Porsche zahlt AG-weit 4 Millionen

Die Autoindustrie, Zulieferer eingeschlossen, zählten in den vergangenen Jahren in Stuttgart mit Abstand zu den größten Zahlern. Doch nahezu alle sind inzwischen in Schwierigkeiten und bauen teils massiv Jobs ab. 2024 brachte der Automobilsektor 523 Millionen Euro in die Stadtkasse. Noch im Juni war für dieses Jahr mit 278 Millionen gerechnet worden.

Zwei Beispiele für die Lage: Die Porsche AG weist in ihrer Quartalsmitteilung Ende September unter dem Punkt „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ für diese Jahr 4 Millionen Euro aus. 2024 waren es im selben Zeitraum 1,221 Milliarden Euro gewesen. Der Autobauer Mercedes-Benz Group berichtete für das dritte Quartel 2025 von einem Ertragssteuerzufluss in Höhe von 338 Millionen Euro, für das erste bis dritte Quartel verbleiben damit Steuerzahlungen in Höhe von 798 Millionen Euro gegenüber 3,03 Milliarden im entsprechenden Vorjahreszeitraum.

Hoffnung auf mehr Geld von LBBW

Der Sektor Banken als zweitwichtigster Zahler brachte 2024 rund 183 Millionen und sollte in diesem Jahr 188 Millionen Euro beisteuern. Beim Thema Banken kann Stuttgart nicht nur durch die Steuer, sondern auch durch die unmittelbare Beteiligung an der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) profitieren. Dabei steigt in Krisenzeiten offenbar die Erwartungshaltung. Die Beteiligung in Höhe von 18,93 Prozent (Buchwert 1,37 Milliarden Euro) brachte 2024 eine Ausschüttung in Höhe von 52,6 Millionen Euro (netto). Mit diesem Niveau rechnet man auch für das Jahr 2025, so die offizielle Auskunft. Die Erwartungshaltung liegt allerdings höher. Auf die Frage, ob die Anteilseigner Land, Sparkassenverband und Stadt an die LBBW herangetreten sind, um eine höhere Ausschüttung zu erhalten, antwortet Fuhrmann, der „Klärungs- und Abstimmungsprozess in dieser Frage“ sei unter den Eignern „noch nicht abgeschlossen“. Die Veräußerung der Beteiligung stehe „nicht zur Disposition“, die Beteiligung an der LBBW werde „von keiner relevanten politischen Kraft in Frage gestellt“.