Seit Monaten tobt eine Schlacht um Pokrowsk. Dabei nimmt der Einsatz von Drohnen weiter zu und erschafft eine sogenannte Todeszone. Was das bedeutet, erklärt Militäranalyst Franz-Stefan Gady nach seinem jüngsten Frontbesuch.

Drohnen, Nebel, erschöpfte Soldaten – die Ukraine geht auf den vierten Kriegswinter zu. Noch vor Jahresende will Russland die seit Monaten umkämpfte Stadt Pokrowsk im Donbass erobern. Doch die Ukraine hat nochmals Verstärkungen in die Stadt geschickt.

Der Militäranalyst Franz-Stefan Gady war kürzlich als Beobachter an der Front. Im Gespräch mit t-online schildert er, wie sich der Krieg seit seinem vorangegangenen Besuch verändert hat. „Die ukrainischen Infanteristen wehren sich nur noch dann aktiv, wenn die Russen sie entdecken“, sagt er. Darüber hinaus erklärt Gady, warum Russland derzeit taktische Vorteile hat, welche Rolle der Winter spielen könnte und was ihm mit Blick auf die ukrainischen Verteidiger Sorgen bereitet.

t-online: Herr Gady, kürzlich haben Sie eine neue Reise in die Ukraine unternommen, die Sie an die Front im Donbass geführt hat. Was können Sie davon berichten?

Franz-Stefan Gady: Die Todeszone verschiebt sich immer weiter hinter die ukrainischen Linien. Als solche wird das Gebiet bezeichnet, in dem Drohnen nahezu andauernd im Einsatz sind und gegnerische Ziele angreifen. Bis zum Jahresbeginn lag diese noch eher auf russischer Seite der Front. Mittlerweile aber hat sie sich auf zwischen 30 und 40 Kilometer hinter die ukrainischen Stellungen verschoben.

Was bedeutet das für die Ukrainer?

Ihnen entgleitet nach und nach die Überlegenheit in der Drohnenkriegsführung. In dieser Todeszone machen die Russen systematisch Jagd auf die Ukrainer, vor allem ihre Drohnenlogistik und -teams. Die Speerspitze dieser Taktik sind die Rubikon-Einheiten, mittlerweile gibt es aber auch andere, ähnliche Drohnentrupps. Die gefährlichste Zone liegt auf den ersten paar Kilometern ab den vordersten Stellungen. Diese sind jedoch nur noch selten trennscharf und verschwimmen vor allem im Donbass.

Es lässt sich weder für die Ukrainer noch für die Russen dort immer eindeutig identifizieren, wo genau sich ihre eigenen Stellungen befinden. Es ist ein Niemandsland, in dem die Front immer wieder hin- und herschwankt, ohne dass das Gebiet von einer Seite vollständig kontrolliert wird.