Man hätte es leiser erwartet. Doch schon nach ein paar Minuten zeigt der britische Singer-Songwriter Tom Odell in der ausverkauften Olympiahalle, dass dieser Abend weniger ein zartes Klavierkonzert als ein Wechselspiel aus lauten und leisen Tönen wird. Der 34-Jährige erlangte 2012 weltweit Bekanntheit mit „Another Love“, sein Debütalbum „Long Way Down“ erreichte 2013 Platz 1 in Großbritannien.

Seine Songs handeln von Liebe, Herzschmerz, Selbstzweifeln, Depressionen – aber auch von Selbstliebe. Heute zählt er mehr als 14 Milliarden Streams und 31 Millionen monatliche Hörer. Trotzdem müsse er sich „kneifen“, wenn er sehe, wie viele Menschen heute gekommen seien, sagt er zu Beginn. Aktuell ist Odell mit „A Wonderful Life“ auf Arena-Tour durch Europa.

Direkt zu Beginn zeigt er sich verletzlich, wenn er allein am Klavier im Song „Ugly“ singt: „You don’t wanna touch me, Don’t wanna fuck me, Cause I’m ugly.“ Doch als sich die Vorhänge bei „Grow Old With Me“ öffnen und die Band einsetzt, steigert sich der Sound zu einer Lautstärke, die man nicht unbedingt erwartet. In Songs wie diesem oder „Can’t pretend“ zeigt Odell seine ganze Stimmkraft, jeder Ton sitzt.

Diese Kontraste prägen den Abend: Auf ruhige Passagen folgen lautere, fast drängende Stücke. Bei „Black Friday“ schreit Odell beinahe gegen den Song an, sein Schmerz wird spürbar. Kurz darauf wabert bei „Parties“ wieder mehr Leichtigkeit durch die Halle, das Publikum klatscht im Takt.

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Der Abend lebt von diesen Gegensätzen – und von Odells Präsenz. Immer wieder löst er sich vom Klavier, rennt an der ersten Reihe entlang, kehrt zurück, wirft den Klavierhocker beiseite, spielt im Stehen weiter, klettert sogar auf das Klavier. Es wirkt, als wolle er alles gleichzeitig fühlen – und zieht das Publikum mit.

Gegen Ende spricht er darüber, dass viele seiner Lieder aus „fragilen Momenten“ entstanden seien und dass Musik ihn daran erinnere, „dass wir alle im selben Boot sitzen“. Die Unperfektheit des Lebens wolle er schätzen, sie mache das Leben aus. Angesichts der Offenheit und rohen Verletzlichkeit seiner Songs wirkt das sehr glaubwürdig.

Ganz zum Schluss kommt dann mit „Another Love“ der Welthit, mit dem alles begann. Das Publikum singt und klatscht mit, die Stimmung ist emotional und mitreißend – so wie den ganzen Abend über. Am Ende bleibt ein Konzert, oft lauter und wilder, als man es erwartet hätte. Voller Emotionen, aber ohne große Effekte – getragen von einem Künstler, der seine Songs sichtbar fühlt.