Die dunkle Gestalt in seiner Stube ist dem Brandner Kaspar sofort suspekt. Sein Leben hängt zwar gerade am seidenen Faden, aber Moment mal, wie spricht dieser Typ eigentlich? Das macht den Brandner trotz seiner ernsten Lage stutzig. „Sag a mal, wo kommst du denn her? „Bist du a Allgäuer?“ Und wie. Mehr Allgäuer geht gar nicht. Denn der Kabarettist Max Schafroth hat dem Tod seine Stimme geschenkt. Mit diesem Coup ist es der Augsburger Puppenkiste gelungen, dem viel gespielten Brandner Kaspar noch mal eine neue, gewitzte Note zu geben. Das sind die Höhepunkte der Premiere im ausverkauften Theater.

Der Boandlkramer ist der Star in der Augsburger Puppenkiste

Der schwäbisch schwätzende Tod ist der unbestrittene Star der Aufführung. Ihm wird auf der Bühne ein würdiger Auftritt bereitet. Rauch steigt auf, die Atmosphäre verdüstert sich, die Tür knarzt und dann steht er da, der Tod: triefäugig, schiefzahnig, langnasig, boandlklapprig – fast bekommt man Mitleid mit diesem finsteren Gesellchen – nicht wegen seines kehligen, allgäuerischen Dialektes, sondern weil es ihm gar so schwer fällt, seinen himmlischen Auftrag zu erfüllen. „Der Tod ist a armer Kerle, wie der Mensch auch“. Oder in diesem Fall eine etwas räudige Puppe, die Maxi Schafroth unverwechselbar und mit hörbarer Freude mit dem Brandner Kaspar über den richtigen Zeitpunkt des Ablebens schachern lässt – inklusive längst aus dem Sprachgebrauch verschwundener Redensarten. „Es ist dir aufg‘setzt, Brandner Kaspar.“

Unverwechselbar: Kabarettist Maxi Schafroth spricht den Boandlkramer für die Augsburger Puppenkiste.

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Unverwechselbar: Kabarettist Maxi Schafroth spricht den Boandlkramer für die Augsburger Puppenkiste.
Foto: Lennart Preiss/dpa

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Unverwechselbar: Kabarettist Maxi Schafroth spricht den Boandlkramer für die Augsburger Puppenkiste.
Foto: Lennart Preiss/dpa

1871 ist der „Der Brandner Kaspar und das ewig‘ Leben“ von Franz von Kobell in den „Fliegenden Blättern“, einer humoristischen Zeitschrift in München erschienen. Seitdem gilt der Büchsenmacher und Wilderer, der den Tod austrickst, als Inbegriff eines bayerischen Schlitzohrs. Aber die urbayerische Gaudi hat ihre dunklen, melancholischen Seiten. Der Brandner Kaspar hat es nicht leicht im Leben. Seine Frau ist früh, seine Tochter im Kindbett gestorben, allein seine Enkelin Marei ist ihm geblieben. Bei der Hirschjagd bekommt der einen Streifschuss am Ohr ab, doch er „spürt‘s im Herzen“. Als er zu Hause mit einem Stamperl Kerschgeist den Schreck hinunterspülen möchte, steht da der Tod.

Aber der Brandner Kaspar hängt am Leben, an Marei, der er den Hof schuldenfrei übergeben möchte. Und so lädt er den Boandlkramer auf einen Schnaps ein. Auch nach zwölf Kirschbränden lässt der Tod nicht ab und so hilft nur eine List, der 72-Jährige muss ums ewige Leben Kartenspielen. Es dauert eine Weile, bis die Trickserei im Himmel auffällt.

Neben Schafroth gibt es weitere prominente Sprecher

Neben Schafroth hat die Puppenkiste weitere prominente Sprecher für die Inszenierung engagiert. Der ehemalige Tatort-Kommissar Udo Wachveitl spricht den Brandner Kaspar, Andreas Giesser (Dahoam is Dahoam) den Flori, Mareis Verlobten – beide haben sich die Premiere in Augsburg nicht entgehen lassen. Kabarettist Helmut Schleich spricht den Bürgermeister Senftl.

Es war eine gute Entscheidung von Regisseur Martin Stefaniak, den Brandner Kaspar nahe am ursprünglichen Werk ohne zusätzliches Klimbim zu erzählen. Trotzdem hat die Inszenierung der Puppenkiste durchaus ihre eigene Handschrift. Und auch der Wortwitz kommt nicht zu kurz.

Die Besucherinnen und Besucher erwartet eine ausgesprochen unterhaltsame und originelle Inszenierung mit wohlgesetzten Gags, genau an der richtigen Stelle. Der große Aha-Effekt bei der Premiere: als sich die Bierkrüge im Himmel wie von alleine nachfüllen – paradiesische Zustände, da darf auch die Weißwurst nicht fehlen. Der Brandner Kaspar in der Puppenkiste überzeugt durch viele liebevolle Details, wenn zum Beispiel eingangs in der Musik dezent auch eine Kuhschelle zu hören ist. Oder bei der Kartenszene in der Stube des Brandner Kaspars, wenn eine Puppenspielerin feine Drähte und Fäden unterhalb der Bühne zieht, damit die Gläser und Spielkarten sich möglichst realitätsnah bewegen.

Der Brandner Kaspar soll „ein Dauerbrenner“ werden

In sieben Szenen wird die Geschichte des Brandner Kaspars erzählt. Aufwendig auch die Bühnenbilder – gestaltet von Carsten Gardner. Detailfreudig, aber nicht kitschig, trotz Herrgottswinkel in der Stubn, Hirschgeweih am Jägerstand und einer zackigen Himmelsleiter, die für den Brandner Kaspar über Umwege doch noch ins Paradies führt. Eine besonders schöne Idee, seine Auffahrt in den Himmel mit kleineren Puppen im nächtlichen Sternenhimmel darzustellen.

Der Brandner Kaspar wird ab 19. November fünf Mal zu sehen sein. Die Vorstellungen sind bereits ausverkauft, genauso die Aufführungen im April. Puppenkisten-Chef Klaus Marschall kündigte nach der Premiere an, dass das Stück zu einem Dauerbrenner in der Puppenkiste werden soll.

  • Doris Wegner

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  • 86150 Augsburg

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  • Puppenkiste

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