Der Präsident von Ecuador, Daniel Noboa, möchte den knapp 20 Jahre alten Grundsatz aus der Verfassung streichen, der die Präsenz ausländischer Streitkräfte im Land verbietet. Dafür will er sich in einem Referendum an diesem Sonntag (16. November 2025) die Zustimmung der Wähler einholen. Laut Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Cedatos befürworten fast zwei Drittel eine entsprechende Verfassungsänderung.

Reaktivierung zweier US-Militärbasen geplant

Anlass ist das Vorhaben, US-Militärbasen an der ecuadorianischen Küste einzurichten. Ecuador könnte damit seine Beziehungen zu den Vereinigten Staaten intensivieren und hofft, auch die Gewalt im eigenen Land effektiver bekämpfen zu können.

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump könnte damit ihre Kampagne gegen Drogenhandelsnetze in der gesamten Region stärken, die US-Kriegsminister Pete Hegseth diese Woche offiziell als „Operation Southern Spear“ (Deutsch: Operation Südlicher Speer) ausrief. Tatsächlich hat das US-Militär in der Karibik und im pazifischen Ozean bereits in den vergangenen Monaten mehr als 20 mutmaßliche „Drogenboote“ angegriffen.

Vergangene Woche hatte Präsident Noboa die US-Heimatschutzministerin Kristi Noem empfangen. Die beiden besichtigten die militärisch und zivil genutzten Flughäfen der Küstenstädte Manta und Salinas. Beide dienten den USA bereits in der Vergangenheit als Militärbasen. Einem dritten Stützpunkt auf den Galapagos-Inseln hat Noboa eine Absage erteilt. Manta war zwischen 1999 und 2008 Einsatzzentrum der US-Streitkräfte gegen die Drogenkriminalität in Kolumbien – bis Ecuadors linksgerichteter Präsident Rafael Correa (2007 bis 2017) den Vertrag aufkündigte und die Verfassung um den besagten Grundsatz ergänzte.

Die beiden Politiker gehen in Jeans und T-Shirt mit einem Tross vor einer Militärbaracke herKristi Noem besucht gemeinsam mit Ecuadors Präsident Daniel Noboa die Eloy Alfaro Air Base in MantaBild: Getty Images

„Der Grund für den Stützpunkt in Manta war im Wesentlichen, dass US-Überwachungsflugzeuge in diesen Gewässern patrouillieren konnten“, erklärt Evan Ellis, Forschungsprofessor für Lateinamerika am US Army War College Strategic Studies Institute. „So konnte man die Drogenboote, die im östlichen Pazifik unterwegs waren, effektiver abwehren.“ Seit 2008 mussten die USA dann auf Standorte außerhalb Ecuadors ausweichen.

Stärkt die US-Präsenz Ecuadors innere Sicherheit?

Lange galt Ecuador als eines der friedlicheren Länder Südamerikas, obwohl es schon lange ein wichtiger Umschlagplatz für Kokain und Kokainderivate aus Kolumbien und Peru war und die Gewalt jedes Jahr zwischen 1000 und 3000 Menschenleben kostete.

Während seiner Präsidentschaft ging Correa, vor allem ab 2012, verstärkt gegen die Drogenbanden, aber auch gegen Korruption in den ecuadorianischen Sicherheitskräften vor, wie das Investigativportal InsightCrime berichtet. Kritiker hingegen werfen Correa vor, selbst mit der Mafia paktiert zu haben. Fest steht, dass die Mordrate laut ecuadorianischem Statistikamt in den Folgejahren auf ein langjähriges Tief sank. Erst gegen Ende des Jahrzehnts dann nahm die Gewalt wieder zu – allerdings in ungekanntem Ausmaß: 2023 wurden in Ecuador mehr als 8000 Menschen ermordet – siebenmal so viele wie noch 2019. 

Zwei Soldaten mit Sturmgewehren gehen zwischen Autos in einem Stau herSoldaten patrouillieren in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito, sie sollen mehr Sicherheit in die Städte des Landes bringenBild: Dolores Ochoa/AP/picture alliance

Ellis sagt, dass Correas verfassungsrechtliche Schranke die Sicherheitskräfte der Fähigkeit beraube, grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen: „Die Sicherheitskräfte waren dramatisch unterfinanziert, und es fehlte ihnen an Fähigkeiten, weil Ecuador immer ein relativ friedliches, gewaltarmes Land war“, so Ellis. 

Ecuador ficht „Krieg im Innern“ aus

Nach Correa hätten die ecuadorianischen Staatschefs die USA zwar wieder in Sicherheitspartnerschaften eingebunden. Aber erst die Amtsübernahmen von Noboa Ende 2023 und Donald Trump Anfang 2025 hätten die beiden Nationen noch näher zusammengebracht.

Das wachsende Drogen- und Kriminalitätsproblem und ein Wahlprogramm für einen „Krieg im Innern“ gegen Banden und lokale Gewalt haben Noboas Wiederwahl – nach einer verkürzten ersten Amtszeit – Anfang des Jahres gegen seine populäre linke Rivalin Luisa Gonzalez begünstigt. Nun scheint es wahrscheinlich, dass die Ecuadorianer auch seine Verfassungsänderung mittragen werden.

Ecuador Quito 2025 | Amtseinführung: Präsident Daniel Noboa zwischen Militärs in ParadeuniformEcuadors Präsident Daniel Noboa gewann die Präsidentschaftswahl im Februar 2025 nach einem Wahlkampf, in dem er eine harte Sicherheitspolitik beschworBild: Karen Toro/REUTERS

„Der Tribut, den das organisierte Verbrechen fordert, verändert die öffentliche Meinung“, sagt Benjamin Gedan, Direktor des Lateinamerika-Programms am Stimson Center in den USA. Dass die ecuadorianische Bevölkerung laut Umfragen mehrheitlich die US-Schläge gegen mutmaßliche Drogenhändler in der Karibik und im Pazifik begrüßt, habe aber noch andere Gründe, meint Gedan: „Die Ecuadorianer sind größtenteils pro-amerikanisch, verwenden den US-Dollar und wissen, dass ihre Sicherheitsdienste unerfahren und unterlegen sind.“

Trumps Feldzug gegen die Drogenkartelle

Noboas Regierung hat angedeutet, dass die örtliche Polizei und die Sicherheitskräfte mit US-Unterstützung weitergebildet werden sollen, falls die Abstimmung angenommen wird. Ecuador könnte also ein wichtiger Partner in Trumps Kampf gegen den Drogenschmuggel werden.

Bei den US-Angriffen auf Boote in internationalen Gewässern sind bisher mehr als 70 Menschen getötet worden. Die US-Regierung behauptet, dass diese – zumeist venezolanischen – Boote in illegale Drogenlieferungen verwickelt seien. Beweise hat sie dafür jedoch bisher nicht vorgelegt, obwohl lateinamerikanische Regierungen, die UN und Menschenrechtler dies fordern.

USA versus Venezuela: Was hat Trump in der Karibik vor?

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Die Angriffe der USA haben die Region erschüttert und es gibt kaum Anzeichen dafür, dass sie nachlassen. In dieser Woche traf der größte Flugzeugträger der USA, die USS Gerald R. Ford, in den Gsewässern der Region ein.

Trumps Hauptangriffsziel ist wohl das Maduro-Regime in Venezuela, das nach zwei umstrittenen Wahlen, unter anderem im vergangenen Jahr, von vielen Regierungen in ganz Amerika als illegitim angesehen wird.

USA suchen Partner in der Region

Doch dass die venezolanische Regierung auch bei vielen Nachbarländern unbeliebt ist, bedeutet nicht, dass alle mit dem Vorgehen der USA einverstanden sind. Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro hat diese Woche den Informationsaustausch mit den USA mit der Begründung ausgesetzt, dass die US-Angriffe unschuldige Menschenleben gefordert hätten. Dabei war das US-kolumbianische Verhältnis ohnehin angespannt. Trump hatte mehrfach öffentlich seine Frustration darüber zum Ausdruck gebracht, dass Kolumbien nicht genug unternehme, um die illegale Drogenproduktion im Land zu bekämpfen.

Im Gegensatz zur Regierung in Bogotá gibt sich die in Quito aufgeschlossen für den US-amerikanischen Angang – und sei es auch nur, um die heimische Kriminalität einzudämmen. Doch Experte Gedan glaubt nicht, dass eine wiedereröffnete US-Basis Ecuadors Probleme lösen kann. Vor allem müsse das Land sein Polizei- und Justizsystem von der Korruption befreien, die Geldwäsche stoppen und kriminelle Gruppen zerschlagen. „Aber angesichts der schrecklichen Gewaltverbrechen überrascht es nicht, dass die Ecuadorianer vorerst damit einverstanden sind, wenn US-Kampfjets und Drohnen die Bösewichte auf See in die Luft jagen.“

USA greifen mutmaßliches venezolanisches Schmugglerschiff an

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