Seit Ende Oktober gilt in Frankreichs Sexualstrafrecht „nur Ja heißt Ja“

Foto: Damien Meyer/Getty Images

In Frankreichs Sexualstrafrecht gilt seit Kurzem „Nur Ja heißt Ja“. In Deutschland sieht das anders aus. Hier haben Täter mehr Rechte als Opfer

Im Prozess gegen die Männer, die sie vergewaltigt hatten, sagte Gisèle Pelicot immer wieder: „Die Scham muss die Seite wechseln.“ Mehr als 50 Männer wurden in dem Prozess zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, Pelicots Ehemann erhielt mit 20 Jahren Gefängnis die Höchststrafe. Trotzdem schien einigen der Täter nicht bewusst zu sein, dass das, was sie getan hatten, Gewalt war. Dass sie etwas getan hatten, wofür sie sich schämen sollten.

Das französische Parlament stimmte Pelicot zu und fand, die Scham müsse endlich anfangen, die Seite zu wechseln. Seit Ende Oktober gilt in Frankreichs Sexualstrafrecht deshalb „nur Ja heißt Ja“. Seitdem ist in 14 von 27 EU-Staaten Sex nur dann einvernehmlich, wenn alle Beteiligten aktiv zustimmen. So weit, so offensichtlich. Wer würde denn mit jemandem Sex haben wollen, der nicht aktiv Lust dazu hat?

Offensichtlich ziemlich viele. Denn die Entscheidung in Frankreich bedeutet auch: In 13 Ländern ist es juristisch in Ordnung, mit einer Person Geschlechtsverkehr zu haben, die dem nicht aktiv verbal oder physisch widerspricht. Wer sich einfach wegdreht oder in einer Schockstarre komplett passiv wird, hat dort dem Sex also nicht widersprochen und soll damit zugestimmt haben. Allein diese Unterstellung ist Gewalt.

Fehlender Widerspruch ist keine Zustimmung

In keiner anderen Interaktion zwischen Menschen gilt ein ausbleibender Widerspruch als Zustimmung. Wer andere ungefragt anfasst, kann sich nicht darauf berufen, die Person habe nicht klar genug widersprochen. Selbst Gegenstände, die ich besitze, haben demnach mehr juristischen Schutz als mein Körper. Nimmt jemand mein Handy, ist es nur dann kein Diebstahl, wenn ich es der Person freiwillig gegeben habe. Für meinen Körper gelten in Deutschland andere Regeln.

Die deutsche „Nein-heißt-Nein“-Regelung ist damit eigentlich nichts anderes als aktiver Täterschutz. Denn Männer können somit aktiv gegen den Willen einer Frau ihren Körper für Sex benutzen, ihr Gewalt antun, und juristisch gibt es dafür keine Konsequenzen. Der Mann hat in dem Fall vor dem Gesetz mehr Recht auf den Körper der Frau als sie selbst. Die deutsche Justiz, Politik und Gesellschaft finden anscheinend, das ist in Ordnung.

Erst Anfang November berichtete die taz von einem Vergewaltigungsfall, bei dem die Ermittlungen eingestellt wurden, obwohl der Täter in privaten Nachrichten zugab, gegen den Willen des Opfers gehandelt zu haben. Die Begründung: Sie habe nicht ausdrücklich Nein gesagt. In Ländern wie Spanien, in denen „nur Ja heißt Ja“ gilt, wäre das Ergebnis wahrscheinlich ein anderes gewesen. Während Täter in Deutschland normal weiterleben können, kämpfen die Überlebenden mit Traumata und Scham.

Auch wenn Frankreich inzwischen ein solideres Sexualstrafrecht hat, zeigen die Reaktionen auf die Einführung der „Nur-Ja-heißt-Ja“-Regel, dass die Scham noch einen weiten Weg zurücklegen muss, bevor sie bei den Tätern ankommt. Einige – vor allem Männer – stören sich nämlich offensichtlich daran, dass sie ab sofort sichergehen müssen, dass eine Frau oder ein Mann auch Sex mit ihnen haben möchte, bevor sie mit ihnen schlafen.

Anscheinend muss man sich immer noch nicht dafür schämen, öffentlich zu erklären, dass man auch mit Personen Geschlechtsverkehr haben würde, die nicht ausdrücklich zustimmen. Und falls von denen jemand wirklich so unreif ist, den Unterschied zwischen Zustimmung und passiver Ablehnung nicht zu erkennen, dann sollte die Person vielleicht einfach gar keinen Sex haben.

h anfangen, die Seite zu wechseln. Seit Ende Oktober gilt in Frankreichs Sexualstrafrecht deshalb „nur Ja heißt Ja“. Seitdem ist in 14 von 27 EU-Staaten Sex nur dann einvernehmlich, wenn alle Beteiligten aktiv zustimmen. So weit, so offensichtlich. Wer würde denn mit jemandem Sex haben wollen, der nicht aktiv Lust dazu hat?Offensichtlich ziemlich viele. Denn die Entscheidung in Frankreich bedeutet auch: In 13 Ländern ist es juristisch in Ordnung, mit einer Person Geschlechtsverkehr zu haben, die dem nicht aktiv verbal oder physisch widerspricht. Wer sich einfach wegdreht oder in einer Schockstarre komplett passiv wird, hat dort dem Sex also nicht widersprochen und soll damit zugestimmt haben. Allein diese Unterstellung ist Gewalt.Fehlender Widerspruch ist keine ZustimmungIn keiner anderen Interaktion zwischen Menschen gilt ein ausbleibender Widerspruch als Zustimmung. Wer andere ungefragt anfasst, kann sich nicht darauf berufen, die Person habe nicht klar genug widersprochen. Selbst Gegenstände, die ich besitze, haben demnach mehr juristischen Schutz als mein Körper. Nimmt jemand mein Handy, ist es nur dann kein Diebstahl, wenn ich es der Person freiwillig gegeben habe. Für meinen Körper gelten in Deutschland andere Regeln.Die deutsche „Nein-heißt-Nein“-Regelung ist damit eigentlich nichts anderes als aktiver Täterschutz. Denn Männer können somit aktiv gegen den Willen einer Frau ihren Körper für Sex benutzen, ihr Gewalt antun, und juristisch gibt es dafür keine Konsequenzen. Der Mann hat in dem Fall vor dem Gesetz mehr Recht auf den Körper der Frau als sie selbst. Die deutsche Justiz, Politik und Gesellschaft finden anscheinend, das ist in Ordnung.Erst Anfang November berichtete die taz von einem Vergewaltigungsfall, bei dem die Ermittlungen eingestellt wurden, obwohl der Täter in privaten Nachrichten zugab, gegen den Willen des Opfers gehandelt zu haben. Die Begründung: Sie habe nicht ausdrücklich Nein gesagt. In Ländern wie Spanien, in denen „nur Ja heißt Ja“ gilt, wäre das Ergebnis wahrscheinlich ein anderes gewesen. Während Täter in Deutschland normal weiterleben können, kämpfen die Überlebenden mit Traumata und Scham.Auch wenn Frankreich inzwischen ein solideres Sexualstrafrecht hat, zeigen die Reaktionen auf die Einführung der „Nur-Ja-heißt-Ja“-Regel, dass die Scham noch einen weiten Weg zurücklegen muss, bevor sie bei den Tätern ankommt. Einige – vor allem Männer – stören sich nämlich offensichtlich daran, dass sie ab sofort sichergehen müssen, dass eine Frau oder ein Mann auch Sex mit ihnen haben möchte, bevor sie mit ihnen schlafen.Anscheinend muss man sich immer noch nicht dafür schämen, öffentlich zu erklären, dass man auch mit Personen Geschlechtsverkehr haben würde, die nicht ausdrücklich zustimmen. Und falls von denen jemand wirklich so unreif ist, den Unterschied zwischen Zustimmung und passiver Ablehnung nicht zu erkennen, dann sollte die Person vielleicht einfach gar keinen Sex haben.