Eine Frau im eleganten schwarzen Kleid steht auf einer Bühne

AUDIO: Sandra Hüller mit der „Europa“ in Braunschweig geehrt (4 Min)

Stand: 16.11.2025 11:19 Uhr

Spätestens mit „Toni Erdmann“ wurde Sandra Hüller einem breiten Publikum bekannt. Inzwischen gehört sie auch international zu den renommiertesten deutschen Schauspielerinnen. Nun erhielt sie in Braunschweig den Hauptpreis.

von Janek Wiechers

Ob Oscar-Nominierung, Deutscher und Europäischer Filmpreis oder wie jetzt „Die Europa“ beim Braunschweig Internationalen Filmfestival (BIFF), Sandra Hüller freut sich über jede Auszeichnung. „Es ist mir eine Ehre hier heute Abend diese Auszeichnung entgegenzunehmen. Die Europa. Welch ein schöner Name. Passend zu diesem schönen und engagierten Festival, das jetzt seit fast 40 Jahren existiert“, sagt die Schauspielerin bei der Verleihung am Samstagabend in Braunschweig.

Verdienste um europäische Filmkunst

Mit 25.000 Euro dotiert ist „Die Europa“ der Hauptpreis, mit dem das Festival die Verdienste um die europäische Schauspielkunst würdigt. Zu den Preisträgern gehörten in den Vorjahren unter anderem Mario Adorf, Mads Mikkelsen, Senta Berger oder Brendan Gleeson.

Schauspielerin Sandra Hüller auf der Bühne beim Filmfestival Braunschweig

Sandra Hüller ist bei der Preisverleihung sichtlich gerührt und voller Dankbarkeit.

Und so gilt Hüllers Dank auch dem Festival, aber auch ihrer engen Freundin Karen Köhler. Sie lernten sich einst am Theater Jena kennen, wo Hüller ihre ersten Rollen spielte. Auch Köhler ist Schauspielerin, sowie Autorin. Sie hält an diesem Abend die Laudatio auf ihre Freundin Sandra Hüller.

Berührende Worte von Freundin Karen Köhler

„Ich erinnere noch genau an den Moment, in dem ich mich in deine Schauspielkunst verliebt habe. In deinem Spiel lag so viel Würde und Liebe, so viel Humor und Intelligenz, so viel Unmittelbarkeit und Wahrheit, bei gleichzeitiger Verwundbarkeit. Ich war völlig eingenommen, von dieser alles transzendierenden Kraft“, sagt Köhler voller Bewunderung.

Die Hamburger Autorin Karen Köhler

Die Hamburger Autorin hat ihr erstes Kinderbuch geschrieben und wagt sich gleich an das Thema „Trauer“. Dabei ist es ihr gelungen, tiefsinnig und gleichzeitig federleicht und lustig zu erzählen.

Dass Köhler die Laudatio halten würde, hatte sie ihrer Freundin bis zuletzt verschwiegen. Entsprechend gerührt ist Hüller. Sie habe Karen Köhler noch im Hotelzimmer danach gefragt und ihr dabei tief in die Augen geschaut. „Und sie hat gesagt: ‚Nein, das hätte ich dir doch gesagt.‘ Und das ist das allererste Mal, dass meine Freundin mich angelogen hat. Und ich bin dir so dankbar für deine Rede. Ich fühle mich so geehrt.“

Oscar-Nominierung für „Anatomie eines Falls“

Die aus Thüringen stammende Schauspielerin sorgte in jüngster Vergangenheit insbesondere mit ihren Rollen in den vielfach ausgezeichneten Dramen „Anatomie eines Falls“ und „The Zone of Interest“ international für Furore. Im vergangenen Jahr wurde sie für „Anatomie eines Falls“ in der Kategorie „Beste Hauptdarstellerin“ für einen Oscar nominiert. Demnächst wird sie zusammen mit Ryan Gosling für die Verfilmung des Romans „Project Hail Mary“ von Regisseur Andy Weir vor der Kamera stehen.

Eine Frau hält ein Baby vor sich und beugt sich über ein Blumenbeet.

Der zweifach Oscar-prämierte Film ist das absolute Gegenteil von aufklärenden Spielfilmen mit Gut-und-Böse-Schema. Das macht ihn so eindrücklich.

Insgesamt neun Auszeichnungen

Sandra Hüller ist nicht die Einzige, die an diesem Abend mit einem Preis bedacht wird. Insgesamt werden neun Auszeichnungen vergeben. Der Publikumspreis „Der Heinrich“ geht an die nordmazedonisch-tschechisch-serbisch-kroatische Koproduktion „DJ Ahmet“.

Darin geht es um einen 15-Jährigen, der statt die Schafe zu hüten, lieber heimlich Technopartys im Wald organisiert – und damit die Wut seines Vaters auf sich zieht. Der Film von Regisseur Georgi Unkovski feierte im Hauptwettbewerb des Braunschweiger Festivals, in dem Erst- und Zweitwerke junger europäischer Regisseure gezeigt werden, seine Deutschlandpremiere.

Lesbische Liebe und Missbrauch einer geistig Behinderten

Und so ist auch bei Regisseur Unkovski die Freude riesig. „Ich bin sprachlos. Es ist so großartig hier zu sein“, sagt er auf Englisch. Er danke vor allem den vielen tollen Schauspielern, diesen brillanten Jugendlichen. „Sie tragen den ganzen Film auf ihren Schultern. Ihnen bin ich auf ewig dankbar – genauso wie Ihnen, die mich zu diesem Festival eingeladen haben.“

Auch die in Göttingen geborene Regisseurin Julia Roesler erhielt eine Auszeichnung. Ihr Film „Luisa“ erzählt von dem Missbrauch an einer geistig behinderten jungen Frau in einer Wohneinrichtung. Ebenfalls ausgezeichnet wurde die französische Produktion „15 Liebesbeweise“ von Alice Douard, die bereits in Cannes zu sehen war und beim Filmfest Hamburg den Publikumspreis gewann. Es geht um ein lesbisches Paar, das ein Kind bekommt, und die damit verbundenen rechtlichen und persönlichen Probleme.

Organisatoren freuen sich über Resonanz

Schon vor dem am Sonntag zu Ende gehenden Festival zogen die Organisatoren eine vorsichtig positive Bilanz. „Das Festival läuft wirklich sehr gut“, sagte der Vorsitzende des Trägervereins, Torsten Rinke. Die Besucherzahlen hätten sich nach der noch langanhaltend spürbaren Corona-Delle inzwischen wieder erholt. „Die Besucher kommen wieder zurück ins Kino. Vor allem, dass wir jüngeres Publikum ansprechen, freut uns.“

Schauspielerin Sandra Hüller im Interview.

Reporter Janek Wichers berichtet live von der Preisverleihung und konnte vorab mit der gefragten Schauspielerin sprechen.

Besucher:innen stehen beim Filmfest in Braunschweig an.

Höhepunkt des Festivals ist der Besuch von Sandra Hüller, die am Sonnabend den Hauptpreis „Die Europa“ entgegennimmt.

Sandra Hüller steht mit verschlossenen Armen im Gerichtsdrama "Anatomie eines Falls" von Justine Triet

Hüller verkörpert in dem Gerichtsdrama eine Schriftstellerin, die des Mordes an ihrem Mann verdächtigt wird. Das fünffach nominierte Drama hat den Oscar fürs beste Original-Drehbuch erhalten.

Schauspielerin Sandra Hüller bei der Verleihung der Oscar-Gala auf dem roten Teppich mit schwarzem Kleid

Schauspielerin Sandra Hüller war für ihre Rolle im Justiz-Drama „Anatomie eines Falls“ von Justine Triet als beste Hauptdarstellerin nominiert.