Fünf Jahre nach Eröffnung eines speziellen Fitness-Parcours für Krebspatient:innen zieht das Universitätsklinikum Leipzig (UKL) eine positive Bilanz. Unsere Erwartungen haben sich mehr als erfüllt, sagte Prof. Dr. med. Florian Lordick, der als Direktor des universitären Krebszentrums Leipzig (UCCL) am UKL den Parcours 2020 im Rahmen eines deutschlandweiten Studienprojekts mit aufgebaut hat.
Ziel des gemeinsamen Projekts von insgesamt elf onkologischen Zentren unter Federführung des Universitätsklinikums Köln war es, herauszufinden, welchen Einfluss Sport auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Patient:innen nehmen kann, die sich einer Krebsbehandlung unterziehen. Fünf Jahre später liegen die ersten Ergebnisse vor. Sie legen nahe, dass Sport in der Onkologie mehr kann, als eine Therapie nur zu unterstützen.
Dass Krebspatient:innen, die sich regelmäßig aktiv sportlich betätigen, ihre Leistungsfähigkeit und ihr Wohlbefinden steigern können, ist in der Wissenschaft hinlänglich bewiesen. Die Gründe dafür lägen auf der Hand, sagt Prof. Florian Lordick: Sport wirke sich positiv auf das Befinden und das Immunsystem aus und beuge außerdem chronischen Entzündungen und dem Muskelabbau vor, zwei der häufigsten Probleme von Krebspatient:innen.
Neuesten Erkenntnissen zufolge hat ein moderates Trainingsprogramm für onkologische Patient:innen aber weitaus größere Effekte: „Wir sehen Effekte auf die Überlebenswahrscheinlichkeit der von Krebs Betroffenen, jüngst gezeigt in einer internationalen Studie zum Dickdarmkrebs – in einem Ausmaß, wie ich es nicht erwartet hätte“, sagt Prof. Lordick.
Überlebenswahrscheinlichkeit sei eines der wesentlichen Wirksamkeitskriterien in der Onkologie. „Wenn Sie neue Medikamente zulassen wollen zum Beispiel, dann wird oft verlangt, dass sie die Überlebenswahrscheinlichkeit verbessern.“
Eine Krebsbehandlung durch Angebote aus dem Bereich der Sporttherapie zu ergänzen, ist nach Meinung von Prof. Lordick deshalb mehr als sinnvoll. Der Onkologe und seine Mitstreiter:innen vom deutschlandweiten Studienprojekt gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie wollen Sport zu einer verschreibbaren und von den Krankenkassen übernommenen Regelleistung für Krebspatient:innen machen.
Ein entsprechendes Verfahren zur Anerkennung der sogenannten onkologischen Trainingstherapie laufe bereits, sagt Prof. Lordick nicht ohne Stolz. „Durch die Einrichtung unseres Sportparcours und durch das Angebot, was wir unseren Patient:innen damit machen konnten, haben wir wesentlich dazu beigetragen, dass ein sehr sinnvolles Programm jetzt auch in die Regelleistung geht.“
Bis es so weit ist, setzen Prof. Lordick und sein Team, zu dem neben Ärzt:innen auch Physio- und Sporttherapeut:innen gehören, ihre Forschungen fort, weil noch längst nicht alle Fragen beantwortet sind.
„Wir haben außerdem vor, die Frage nach dem Einfluss von Sport auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Krebspatient:innen auszuweiten.“ Prof. Lordick denkt dabei etwa an Menschen, die ihre Krebserkrankung bereits hinter sich gelassen haben und nicht mehr in Behandlung sind. Auch dieser Gruppe von Patient:innen wollen er und seine Kolleg:innen vom UCCL ein spezielles Sportangebot unterbreiten, um eventuelle Rückfälle oder Folgeerkrankungen an anderen Organsystemen vorzubeugen.
„Wir wissen um das Risiko, im Nachgang einer Krebserkrankung erneut an Krebs – sei es dieselbe oder eine andere Art – zu erkranken. Auch Folgeerkrankungen am Herz-Kreislauf- oder am Stoffwechselsystem sind leider häufig, sodass ehemalige Krebspatient:innen über Jahre weiter beobachtet und/oder rehabilitiert werden müssen.“
Unterstützt werden der UCCL-Direktor und sein Team dabei durch Spenden. So habe es jüngst in Verbindung mit einem Radevent auf der Teststrecke der Porsche Leipzig GmbH in Schkeuditz eine großzügige Spende des Konzerns von 5.000 Euro gegeben „zur Förderung unserer onkologischen Sportforschung.“
Dass das wachsende Sportangebot gut angenommen werden wird, steht für Prof. Lordick außer Frage. Der Wille sei da – auch auf Seiten der Betroffenen. Viele von ihnen motiviere der Gedanke, selbst etwas zum Erfolg ihrer Behandlung beitragen zu können.
„Sonst sind Patient:innen doch recht passiv der Therapie ausgesetzt: Sie werden operiert oder bestrahlt, mit Chemotherapie oder Tabletten behandelt. Alles Dinge, die die Patient:innen auszuhalten haben, aber nur begrenzt beeinflussen können. Deshalb haben viele das Bedürfnis, etwas tun zu wollen, was ihre Behandlung positiv unterstützt. Und da empfehlen wir mittlerweile mit Überzeugung ein individuell angepasstes und im besten Falle fachlich begleitetes Maß an sportlicher Betätigung – allein oder in der Gruppe. Hauptsache, es findet regelmäßig und langfristig statt.“
Mehr zum Thema „Sport und Medizin“ gibt es in der aktuellen Ausgabe des UKL-Gesundheitsmagazins „Liebigstraße aktuell“.