
AUDIO: Bildschöne Bücher: „Selbst in Farben, Filmen und Formen“ von Armin Mueller-Stahl (5 Min)
Stand: 17.11.2025 08:34 Uhr
In einem neuen Bildband erinnert sich der vielfältig begabte Schauspieler Armin Mueller-Stahl malend an die vielen von ihm gespielten Rollen – eine eindrucksvolle Verbindung aus Malerei und Film.
„Selbst in“ – dieser Titel könnte eitel wirken, zumal auf dem Cover ein Schwarz-Weiß-Foto von Armin Mueller-Stahl zu sehen ist, das ihn vor einem seiner Gemälde zeigt. Aber haftet dieses Risiko nicht jedem autobiografischen Werk an? Geht es da doch immer um „selbst in“. Und schon allein die Wortwahl „selbst“ statt „ich“, in Schreibschrift geschrieben und so auf jedem der in diesem Band versammelten Bilder zu finden, zeugt von Distanz, Einordnung und einem übergeordneten künstlerischen Prinzip: „Ich in Filmen, in ‚Music Box‘, in ‚Avalon‘, in ‚Eastern Promises‘, in ‚Akte X‘ – da hole ich die Figuren und die sind gemalt in Farben, in Filmen und Formen“, so Mueller-Stahl.
Von „Eastern Promises“ bis „Night on Earth“: Ikonische Figuren als Kunstwerke
Drei, vielleicht vier Menschen schälen sich im Profil aus dem dunklen Hintergrund, links außen die Silhouette von Armin Mueller-Stahl, etwas heller als die anderen, die gerade Nase sticht hervor. Rechts leuchten im Vordergrund geisterhaft weiße Hände. Dieses Blatt zu dem Thriller „Eastern Promises“ aus dem Jahr 2007 ist 2019 entstanden. Ganz anders das Aufmacherbild, das erste im Buch: „selbst in Utz“. Mit Kreidestift hingestrichelt hält da vor weißem Hintergrund ein Gaukler die linke Hand an den Hut, während die rechte keck in der Taille ruht. Die langen Beine sind im eleganten Schritt festgehalten, daneben wogt es Blau auf Rot – ein Vorhang?
Für die Darstellung des Baron von Utz, der eine kostbare Sammlung Meissner Porzellans besaß, erhielt Armin Mueller-Stahl 1992 bei der Berlinale den Silbernen Bären. Kein Wort darüber in dem Band; hier sprechen nur die Bilder. Auch im Anhang findet sich lediglich ein chronologisches Verzeichnis der Filme, ohne Hinweis auf Mueller-Stahls Rollen, andere Beteiligte oder gar Auszeichnungen. Wer mehr wissen möchte, muss sich auf die Suche begeben. Hätte es also noch eines Beweises bedurft, dass der Künstler mit diesem Band keineswegs Selbstbeweihräucherung betreiben will: Hier ist er. Trotzdem ist es schade, dass die Informationen auch im Anhang so spärlich sind.
Armin Mueller-Stahl in „Night on Earth“ von Jim Jarmusch: Auf einer Doppelseite ist er zu sehen als Taxifahrer in New York, mit Fellmütze. Das Schwarz-Weiß-Foto, das während der Dreharbeiten aufgenommen wurde, stammt aus dem Archiv des Künstlers. Solche Filmstills sind in regelmäßigen Abständen in dem Band zu finden. Das Bild „selbst in Night on Earth“ ist rund 20 Seiten vorher zu entdecken – hier ist die vorherrschende Farbe Rot. Wie ein wärmendes Feuer türmen sich Farbbögen über einer schmalen Frauengestalt in einem Umhang aus orange, rot und gelb – rundherum die Nacht.

Schauspieler, Maler, Musiker, Autor – dieser künstlerische Tausendsassa wird in Schwerin mit einem besonderen Preis ausgezeichnet.
Mueller-Stahls künstlerische Verarbeitung von Ost-West-Erfahrungen
Armin Mueller-Stahl hat viel in Amerika gedreht, ihm geht es in den Bildern vor allem um „die Emotionen, die dazugehören, wie Amerika mich aufgenommen hat – und Deutschland nicht. Deutschland war nicht nur freundlich zu mir…“ Nachdem er den offenen Brief gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann unterzeichnet hatte, wurden dem Star in der DDR kaum noch Rollen angeboten, 1980 ging er in den Westen. Schon ein Jahr später spielte Mueller-Stahl in „Lola“ von Rainer Werner Fassbinder. „selbst in Lola“ zeigt einen mit schwarzem Kreidestift skizzierten Frauenkörper, über den Kopf scheint eine Art Maske gestülpt. Doch so gegenständlich sind nicht alle Bilder. Die satt auf Papier aufgetragenen Acrylfarben sind oft geschichtet, greifen ineinander, bilden Flächen, in denen Gestalten und Formen versteckt sind. Manchmal dominierten auch Worte, ein Gedicht gegen den Krieg:
Denn kommt nochmal der große Krieg
Geld und Macht Atom und Sieg
zieht der alte Mond zum andern Stern
hält sich von der Erde fern.Leseprobe
Der Gaukler als wiederkehrendes Motiv
In rund 140 Filmen hat Armin Mueller-Stahl mitgespielt, auch an manche Theaterproduktion erinnert er malend. Immer wieder taucht die Figur des Gauklers auf. Aus einem in verschiedenen Blau-Schattierungen gehaltenen Hintergrund wächst sie in der Mitte, ganz in Weiß: „Ich bin schon Gaukler“ ist das Bild überschrieben. „Der Gaukler 93 geworden“ zeigt wieder vor blauem Hintergrund das markante Profil des Künstlers. Dazu schreibt er mit feiner Ironie: „ich selbst in ich selbst“.
Das Gemälde, auf dem Armin Mueller-Stahl für das Titelbild des Bandes posiert, heißt übrigens „Abschied“. Möge es bis dahin bitte noch etwas dauern.

Selbst in Filmen, Farben und Formen
von Armin Mueller-Stahl
- Seitenzahl:
- 184 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Verlag:
- Hatje Cantz
- ISBN:
- 978-3-7757-5802-4
- Preis:
- 44 €