Es hat sich längst in allen Leipziger Stadtteilen eingebürgert: Dinge, die die Leute nicht mehr brauchen – von Biergläsern über Rührgeräte bis hin zu CDs – werden nicht einfach weggeschmissen, sondern in Geschenkekisten gepackt und mit dem Hinweis „Zu verschenken“ vor die Tür gestellt. Also irgendwie in den öffentlichen Raum. Da kann zwar jeder zugreifen. Aber manchmal wird der Klimbim in den Kisten auch zum öffentliche Ärgernis. Was also tun? Bußgelder, so finden die Grünen, seien der falsche Weg.
Die letzte Ankündigung der Leipziger Stadtverwaltung, gegen sogenannte Verschenke-Kisten im öffentlichen Raum mit Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro vorzugehen, stößt bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Leipziger Stadtrat auf Unverständnis. Eine Mitgliederversammlung vom Kreisverband der Partei im September dieses Jahres hatte die Initiative dazu angestoßen, mit dem Phänomen Geschenkekiste anders umzugehen.
„Während Leipzig als Mitglied des Zero Waste Cities-Netzwerks ambitionierte Ziele in Sachen Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft verfolgt und mit tollen Projekten wie dem Wiederschön-Laden auch umsetzt, konterkariert die Verwaltung diese selbst mit einer überzogenen Ordnungsrechtspraxis“, kritisiert Anna-Lisa Möbius, Stadträtin für Bündnis 90/Die Grünen: „Verschenke-Kisten sind ein lebendiger Ausdruck gelebter Nachhaltigkeit und sozialer Teilhabe – sie zu kriminalisieren, ist ein fatales Signal.“
Die Verwaltung begründet ihr Vorgehen mit der Notwendigkeit, „Ordnung und Sauberkeit“ zu wahren. Doch die von ihr genannten Alternativen, etwa öffentliche Tauschschränke, sind nicht flächendeckend verfügbar und daher auch nicht von überall mit kurzen Wegen zu erreichen.
Es braucht praktikable Regeln
„Statt auf Verbote und Abschreckung zu setzen, brauchen wir klare, praktikable Regeln, die das Engagement der Bürger/-innen würdigen“, betont Anne Vollerthun, ordnungspolitische Sprecherin der Fraktion. „Eine selbstverpflichtende Rahmenregelung, die Größe, Standort und Inhalt der Kisten festlegt, wäre ein fairer Kompromiss zwischen berechtigten ordnungsrechtlichen Belangen und dem Wunsch vieler Leipziger/-innen, Ressourcen zu schonen.“
Die Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat schlägt deshalb vor, das genehmigungsfreie Aufstellen privater Verschenke-Kisten im öffentlichen Raum zu ermöglichen, indem Kriterien im Sinne einer Selbstverpflichtung entwickelt werden. Diese könnten nach Vorstellungen der Grünen zum Beispiel folgende sein:
Maximal eine Kiste pro Haushalt direkt vor der eigenen Tür, Kein Abfall, nur funktionsfähige Gegenstände bzw. tragbare Kleidung, Begrenzte Maße (60 × 40 × 40 cm, max. 20 kg) und keine Behinderung des Gehwegs,
kein Aufstellen bei Regen sowie regelmäßige Kontrolle durch die Aufstellenden.
„Wer diese einfachen Kriterien einhält, sollte keine Sanktionen fürchten müssen“, meint Möbius. „Statt mit Bußgeldandrohungen zu eskalieren, sollte die Stadt das Potenzial dieser Initiative erkennen: Verschenke-Kisten stärken den sozialen Zusammenhalt, entlasten Deponien und sparen CO₂-wichtige Ressourcen. Das ist gelebte Kreislaufwirtschaft und die braucht Förderung, nicht Verbote.“
Der Antrag wurde auch schon in den ersten Ausschüssen gelesen. Bis er freilich zur Abstimmung in den Stadtrat kommt, dauert es noch eine Weile. Obgleich das Anliegen recht simpel erscheint, wenn die Grünen formulieren: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, eine kommunale Regelung zu erarbeiten, die das genehmigungsfreie Aufstellen privater Verschenke-Kisten im öffentlichen Raum ermöglicht. Hierfür sind klare Kriterien zu entwickeln, die mit den Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Einklang stehen.“