Es wird für die polnischen Sicherheitskräfte schwierig werden, Täter und Hintermänner der Sabotageakte an Bahngleisen im Osten des Landes zu ermitteln. Die Vermutung liegt zwar nahe, dass dabei das russische Regime seine Finger im Spiel hatte, aber ob der Öffentlichkeit handfeste Beweise dafür präsentiert werden können, ist zweifelhaft. Denn natürlich sind auch andere Gründe für die Vorfälle denkbar. Und ein Bekennerschreiben aus Moskau wird es nicht geben. Die üblichen Reaktionen Russlands in solchen Fällen sind Leugnung, Klage über antirussische Hysterie im Westen und höhnischer Spott über die angebliche Schwäche des Gegners.

Es gilt, Ruhe zu bewahren

Deshalb ist das jetzt Wichtigste eine ruhige Reaktion. Unabhängig davon, wer die Gleise tatsächlich beschädigt hat: Panik und Furcht wären ganz im Sinne des Kremls. Seine Propagandisten versuchen seit Beginn des vollumfänglichen Kriegs gegen die Ukraine in den EU- und NATO-Staaten ein Gefühl der Unsicherheit zu schüren, um die Entschlossenheit bei der Unterstützung der Ukraine zu unterminieren. Sollte hinter der Sabotage in Polen tatsächlich Russland stehen, wäre das nach den Drohnen über Flughäfen, Objekten der kritischen Infrastruktur und Militäranlagen in Deutschland, Dänemark und Belgien eine Eskalation.

Polens Behörden schreiben bereits einen Großbrand in einem Warschauer Einkaufszentrum voriges Jahr Russland zu. Einen erkennbaren praktischen Zweck für die russische Kriegführung in der Ukraine hatte er nicht. Bei der Beschädigung der Bahngleise zwischen Warschau und der polnisch-ukrainischen Grenze, also einer Nachschublinie für die ­Ukraine, ist das anders. Daher wäre mit einem solchen Anschlag auf die Infrastruktur eines NATO-Staates eine neue Dimension erreicht: Es wäre ein Akt der Kriegführung. Das würde eine solche Aktion auch von den Mordanschlägen unterscheiden, die der Kreml – die Gefährdung unbeteiligter Zivilisten in Kauf nehmend – früher in Großbritannien und Deutschland verüben ließ.