Hafen in Tangshan, China

Stand: 17.11.2025 15:22 Uhr

Deutschland wird einer aktuellen Studie zufolge immer mehr zum Ausweichmarkt für chinesische Unternehmen. Infolge des Handelsstreits mit den USA werden massenhaft günstige Waren umgeleitet.

Wegen des Zollkonflikts mit den USA hat China einer Studie zufolge massenhaft Ware nach Deutschland umgeleitet, um sie hierzulande vergleichsweise billig zu verkaufen. Der deutsche Markt sei „geflutet“ worden, heißt es in einer vom Auswärtigen Amt geförderten Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Im ersten Halbjahr 2025 seien die chinesischen Importe nach Deutschland um elf Prozent gestiegen und im Preis um nahezu vier Prozent gesunken.

Zeitgleich seien die chinesischen Exporte in die USA um knapp 16 Prozent abgesackt. Insgesamt sind den Angaben zufolge bei 1.558 Warengruppen, in denen die US-Importe aus dem Reich der Mitte zurückgingen, die deutschen Warenimporte im zweiten Quartal von dort mengenmäßig um mindestens zehn Prozent zum Vorjahreszeitraum gewachsen.

Auffälligkeiten im Autosektor und der chemischen Industrie

Besonders stark nahm laut der IW-Studie die Einfuhr aus China bei Hybrid-Elektroautos (Plug-in) zu: So hat sich der Wert der Pkw im zweiten Quartal mehr als verdoppelt (plus 131 Prozent), während der Export dieser Warengruppe aus dem asiatischen Staat in die USA fast zum Erliegen gekommen ist (minus 99 Prozent).

Auch Autoteile würden vermehrt in Deutschland landen. Bei Schaltgetrieben verdoppelte sich der Einfuhrwert fast, während er in die USA um gut fünf Prozent sank. In der chemischen Industrie gab es dem IW zufolge ebenfalls auffällige Zuwächse. So seien die deutschen Importe von Polyamiden um 100 Prozent gestiegen, während sie in den USA um fast elf Prozent zurückgegangen seien.

China zahlt deutlich mehr Zölle für Exporte in die USA als früher, dadurch können die Produkte dort nicht mehr so billig verkauft werden wie noch zu Jahresbeginn. Die Untersuchung verdeutlicht, dass viele asiatische Exporteure wegen des Gegenwinds aus den USA deshalb umgesattelt und ihr Europageschäft verstärkt haben – dabei setzen sie auf niedrige Preise, was die heimische Wirtschaft unter Druck setzt.

Forderung nach Handeln der EU – Klingbeil in China

„Weil sich die USA stärker von China abschotten, wird Deutschland zunehmend zum Ausweichmarkt für chinesische Unternehmen“, sagte IW-Fachmann Jürgen Matthes. Dadurch gerieten deutsche Schlüsselindustrien wie die ohnehin angeschlagene Automobilbranche unter Druck. Weil der chinesische Staat seine Wirtschaft großzügig unterstütze und die chinesische Währung Yuan unterbewertet sei, profitiere die dortige Industrie von unfairen Wettbewerbsverzerrungen.

Sie könne ihre Ware zu extremen Niedrigpreisen anbieten. „Brüssel muss deshalb stärker und umfassender auf Ausgleichszölle setzen, um wieder faire Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen“, forderte der IW-Experte.

Die Bundesregierung pocht derweil in China auf Zugeständnisse in der Handelspolitik. „Wir scheuen den Wettbewerb nicht“, sagte Finanzminister Lars Klingbeil heute beim Deutsch-Chinesischen Finanzdialog in Peking. Es brauche aber einen fairen Wettbewerb. „Jede Partnerschaft erfordert eine verlässliche Zusammenarbeit.“ Zusammen mit hochrangigen Managern von Banken und Versicherungen will Klingbeil auf seiner China-Reise einen besseren Marktzugang in der Volksrepublik erreichen.