Seit ein paar Tagen sorgen bunte Punkte auf der Deisenhofener Straße in Giesing für Aufsehen. Sie tragen eine klare Botschaft: „Eine Kippe kann 1000 Liter Wasser verunreinigen.“ Hinweise auf die Urheber gab es zunächst nicht – doch nun ist klar, wer dahintersteckt.

Die Sprühkreideaktion stammt vom gemeinnützigen Verein Rehab Republic, der sich seit 2012 für mehr Umweltbewusstsein und eine nachhaltige Stadtentwicklung einsetzt. Der Verein organisiert Projekte zur Müllvermeidung, Mehrwegnutzung und Stadtsäuberung – darunter auch sogenannte Cleanups.

„Bei Cleanup Munich beschäftigen wir uns mit Kleinstmüll auf Münchens Straßen und in der Umwelt – und besonders mit Zigarettenstummeln“, sagt Sabrina Türschmann, eine der Projektleiterinnen.

SZ Good News

:Gute Nachrichten aus München – jetzt auf Whatsapp abonnieren

Mehr positive Neuigkeiten im Alltag: Die Süddeutsche Zeitung verbreitet jeden Tag auf Whatsapp ausschließlich schöne und heitere Nachrichten aus München und der Region. So können Sie ihn abonnieren.

Das Problem sei längst bekannt – und doch kaum sichtbar. „Zigaretten gehören so sehr zum Stadtbild, dass man sie einfach nicht mehr wahrnimmt“, sagt Türschmann. „Erst durch die bunten Punkte wird das Ausmaß wirklich greifbar.“

Vor einem Supermarkt an der Deisenhofener Straße habe sich das besonders deutlich gezeigt: In einem Radius von zwei bis vier Metern hätten dort bis zu 200 Kippen am Boden gelegen, erinnert sich Türschmann. Bunte Markierungen fallen ins Auge, weggeworfene Kippen nicht.

Am 5. November zog Türschmann gemeinsam mit ihrer Kollegin Ludgera Ewers los – nur zu zweit. „Für jede Zigarette ein Punkt“, sagt Türschmann. Wo sich die Kippen häuften, wie vor dem Supermarkt, nutzten sie Schablonen, um Passantinnen und Passanten direkt auf das Problem aufmerksam zu machen.

Die Aktion auf der Deisenhofener Straße war ein Testlauf. Zunächst wollten die Aktivistinnen beobachten, wie die Anwohnerinnen und Anwohner auf die markierten Flächen reagieren. Erst danach sollen auch Ehrenamtliche gegebenenfalls regelmäßig Sprühaktionen ausführen.

Laut WHO sind Zigarettenstummel weltweit das häufigste Abfallprodukt

Cleanup Munich versteht sich als Netzwerk verschiedener Aufräuminitiativen in der Stadt. Ehrenamtliche sammeln Müll, verteilen Taschenaschenbecher und kämpfen mit kleinen Aktionen gegen Müllblindheit. Die Sprühkreide ist dabei ein neues Werkzeug – weitere Einsätze sind bereits geplant.

Ihr Ziel ist eine langfristige Veränderung: weniger Kippen auf Münchens Straßen. Denn das Problem ist gravierend. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind Zigarettenstummel weltweit das häufigste Abfallprodukt – zwei Drittel landen in der Natur.

Die Umweltaktivisten arbeiten auch mit Schablonen, mit deren Hilfe sie Botschaften auf den Boden sprühen.Die Umweltaktivisten arbeiten auch mit Schablonen, mit deren Hilfe sie Botschaften auf den Boden sprühen. (Foto: Robert Haas)

Die Folgen sind massiv: Dass eine Kippe bis zu 1000 Liter Wasser verunreinigen kann, ist nicht bloß eine eingängige Rechnung. Vielmehr ergab das die Studie „Weggeworfene Zigarettenkippen als Nikotinquelle in städtischen Gewässern“, veröffentlicht im Journal of Hydrology, auf das sich das Projekt bezieht.

Die Giftstoffe einer Zigarette bleiben beim Rauchen teilweise im Filter zurück, darunter Nikotin, Arsen und Blausäure. Dazu kommen Schwermetalle wie Blei oder Kupfer. Der Regen weicht die Filter auf und spült sie in die Gewässer. Laut Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland kann das für Tiere sogar tödliche Konsequenzen haben.

Die Sprühkreide selbst sei hingegen unbedenklich, betont Türschmann: „Sie ist organisch abbaubar, pflanzenverträglich, schadstofffrei und für den Außenbereich zertifiziert.“ Nach ein paar Tagen verschwinde sie von selbst. Gesprüht werde nur an Stellen, die Regen abbekommen, und nicht vor Hauseingängen. „Wir wollen niemanden provozieren“, sagt Türschmann. „Wir wollen sichtbar machen, was sonst übersehen wird.“