
Der Klimaschutz-Index bewertet jährlich, wie ambitioniert die Länder den Klimawandel bekämpfen. Der diesjährige Bericht zeigt: Es gibt Fortschritte – aber sie reichen nicht aus. Deutschland rutscht im Ranking sogar ab
Es passiert etwas, aber nicht schnell genug. Denn die Treibhausgasemissionen weltweit gehen noch nicht runter. Auch der Umweltminister Dänemarks, Lars Aagaard, mahnt deshalb in der zweiten Woche des Klimagipfels in Brasilien: „Wir müssen handeln, wir müssen unverzüglich handeln, gemeinsam, lasst uns die Kurve abflachen.“
Dabei hat Dänemark sich wenig vorzuwerfen: Nach aktuellen Zahlen gilt Dänemark als Vorreiter beim Klimaschutz, wie Thea Uhlich von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch erklärt. „Insgesamt sehen wir, dass Dänemark die erneuerbaren Energien einfach sehr konsequent ausbaut, gerade jetzt auch wieder für Offshore-Wind neue Genehmigungen herausgebracht hat.“ Im vergangenen Jahr habe das Land eine Landwirtschafts-CO2-Steuer eingeführt, die bisher einzigartig sei auf der Welt. „Und das sind eben diese Dinge, die Dänemark sehr herausragend bei uns im Ranking macht.“
Der Bericht von Germanwatch und dem NewClimate Institute analysiert insgesamt 63 Länder und die Europäische Union. Sie sind zusammen für mehr als 90 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich. Konkret bewerten die Fachleute, wie gut ein Land beim Ausbau von erneuerbaren Energien vorankommt, was es tut, um den Energieverbrauch effizienter zu gestalten, wie die Klimapolitik ist und wohin die Emissionen steuern. Daraus entsteht ein Ranking.
Allerdings: Auch Vorreiter Dänemark kommt nur auf Platz vier. Die ersten drei Ränge bleiben frei, weil kein Land in allen Belangen überzeugt. „Deshalb sind die ersten drei Plätze bei uns weiterhin frei, wie auch schon in den letzten Jahren“, erzählt Uhlich.
Die Europäische Union zeige insgesamt ein chaotisches Bild. Die Diskussionen über das Klimaschutzziel für 2040, das viele Umweltverbände als unzureichend bewerten, sei symbolisch dafür. „Das heißt, sie haben sich irgendwie schon auf den Weg gemacht. Und es passiert auch etwas, aber es passiert einfach nicht genug“, fasst Uhlich zusammen.
Deutschland im Mittelfeld
Deutschland rutscht im Vergleich zum vergangenen Jahr um sechs Plätze ab und landet auf Platz 22. Ein Grund dafür: die Klimapolitik der Bundesregierung – „etwa mit Ankündigungen, Gaskraftwerke aufzubauen, mit der Ankündigung, die Sanierung von Gebäuden zurückzufahren oder auch in der EU das Verbrenner-Aus bis 2035 weiter zu torpedieren“, erklärt Thea Uhlich.
Während andere EU-Länder wie Spanien und Frankreich auf der Weltklimakonferenz eine Abgabe auf Luxusflüge fordern, hat die schwarz-rote Koalition beschlossen, die Ticketsteuer im Luftverkehr ab Juli 2026 zu senken. Niklas Höhne, Wissenschaftler beim NewClimate Institute und einer der Co-Autoren des Berichts, sagt: „Es ist schon absurd zu sehen, dass während hier die Klimakonferenz tagt und alle sich darum bemühen, raus aus Kohle, Öl und Gas zu gehen, die Bundesregierung beschließt, Kohle, Öl und Gas oder in diesem Fall eben Kerosin weniger zu besteuern, also im Prinzip das Klima anzufeuern. Und das passt aus meiner Sicht überhaupt nicht zusammen und zeigt eigentlich, dass der Bundesregierung egal ist, was hier passiert – und das ist eigentlich unverantwortlich.“
Jedenfalls in seiner Rede warb der deutsche Umweltminister Carsten Schneider am Montag in Brasilien für multilaterale Zusammenarbeit – auch in politisch turbulenten Zeiten. Grundsätzlich ein gutes Zeichen, sagt Forscher Höhne, denn: „Dadurch, dass eben die USA ausgestiegen ist, gibt es eine riesige Leerstelle, die gefüllt werden muss. Und die müsste ja eigentlich von den Vorreitern gefüllt werden.“
Russland und Saudi-Arabien auf unteren Rängen
Allerdings seien Deutschland und die EU als Ganzes in einer schlechten Position dafür. Die USA (Rang 65) sind in Belém nicht vertreten und schneiden auch beim Index schlecht ab. „Weil ein Präsident Trump öffentlich den menschengemachten Klimawandel leugnet, die vielen recht guten Bemühungen von Joe Biden mit dem Inflation Reduction Act wieder zurückschraubt und ganz offensiv fossile Energien weiter fördern möchte“, erläutert Thea Uhlich von Germanwatch.
Andere Staaten, die stark auf fossile Brennstoffe setzen – etwa Russland (Rang 64) und Saudi-Arabien (Rang 67) – teilen sich mit den USA die untersten Ränge beim Klimaschutz. Sowohl Russland als auch Saudi-Arabien sind zwar mit Delegationen auf dem Klimagipfel vertreten – allerdings bekannt als Bremser des Prozesses hin zu mehr Klimaschutz. Auch deshalb sei ein „langer Atem“ wichtig, sagt Höhne. In der internationalen Klimapolitik – genauso wie zuhause.
