Kiel. Der Streit um die Bahnstrecke Kiel-Hamburg geht in die nächste Runde. Nachdem das Land vor zwei Wochen entschieden hatte, der Deutschen Bahn ab Dezember 2027 den Zuschlag für die Strecke erteilen zu wollen, hat die Nordbahn nach Informationen der Kieler Nachrichten eine Rüge beim zuständigen Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein (Nah.SH) gegen diese Entscheidung eingereicht.
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Die Nordbahn hält das Handeln des Landes demnach für „vergaberechtswidrig“. Nordbahn, Deutsche Bahn und Nah.SH wollten den Vorgang auf Nachfrage der Kieler Nachrichten nicht kommentieren.
Deutsche Bahn gab bestes Angebot ab
Das endlose Drama rund um die geplante Vergabe des Netzes Mitte, zu dem auch die Bahnstrecke Kiel-Hamburg gehört, ist damit um eine weitere Episode reicher. Die Vorgeschichte: Eine erste Ausschreibung des Landes wurde aufgehoben und neu gestartet, weil kein wirtschaftliches Angebot eingegangen war.
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Gegen dieses Vorgehen klagte die Deutsche Bahn, eine Entscheidung des Oberlandesgerichts wird am 21. November erwartet. Im neu aufgelegten zweiten Vergabeverfahren gab dann die DB das beste Angebot ab.
Die Nordbahn ist nach KN-Informationen jetzt aber der Meinung, dass das Angebot der Deutschen Bahn quasi unmöglich besser als das der Nordbahn sein könne. Dies sei nur möglich, wenn sich die Bahn nicht an das Vergaberecht gehalten habe.
Nordbahn vermutet falsches Spiel der DB
Hintergrund: Im ersten, schließlich aufgehobenen Vergabeverfahren hatte das Land per externem Gutachten einen Erwartungswert ausrechnen lassen, wie viel man voraussichtlich einem Bahnunternehmen pro Jahr für das Betreiben des Netzes Mitte zahlen müsste.
Die Summe lag abzüglich der Fahrgelderlöse bei 29,7 Millionen Euro im Jahr. Das Angebot der DB überstieg den Erwartungswert des Landes allerdings um 42 Prozent. Schleswig-Holstein hätte jedes Jahr rund 12,4 Millionen mehr zahlen müssen als vorab kalkuliert. Auch die Nordbahn hatte in dem Verfahren mitgeboten.
Im nun zweiten Vergabeverfahren hat die DB ihren Angebotspreis angeblich um mindestens 10,8 Millionen Euro pro Jahr reduziert. Die Nordbahn ist deswegen nach KN-Informationen der Ansicht, dass eine derart drastische Reduzierung nicht mit korrekten Preisangaben möglich sei.
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Nordbahn will Bahnstrecke Kiel-Hamburg
Zwar sind die Anforderungen im neuen Verfahren gesenkt worden: Der künftige Streckenbetreiber muss beispielsweise geringere Pünktlichkeitswerte erreichen und die Züge seltener reinigen. Doch das rechtfertige nicht die Reduzierung um 10,8 Millionen Euro, meint die Nordbahn. Sie selbst habe ihr eigenes Angebot nur um jährlich 6,4 Millionen verbessern können. Das Unternehmen geht davon aus, dass die DB in ihrem Angebot fehlerhafte Preisangaben gemacht hat.
Selbst wenn dies nicht so sei, müsse die Deutsche Bahn aber von der Vergabe ausgeschlossen werden, heißt es in der Rüge der Nordbahn. Denn dann wäre klar, dass das DB-Angebot im vorherigen Vergabeverfahren „sittenwidrig überteuert“ gewesen sei.
Träfe das zu, könnte sich die Nordbahn selbst Hoffnung auf die Bahnstrecke Kiel-Hamburg machen. Neben Nordbahn und DB hatten auch noch zwei weitere Bahnunternehmen auf die Strecke geboten.
Klage der Nordbahn unwahrscheinlich
Rügen sind meistens eine Vorstufe, um anschließend die Vergabekammer anrufen zu können. Daraufhin ist gegebenenfalls auch der Gang vor das Oberlandesgericht möglich. Dass die Nordbahn aber wirklich gegen das Land klagen wird, erscheint unwahrscheinlich. Die Nordbahn gehört zwar zur Hälfte dem privatwirtschaftlichen Unternehmen Benex, das klagefreudig sein könnte.
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Doch die andere Hälfte der Nordbahn gehört dem Bahnunternehmen AKN, die wiederum jeweils hälftig den Ländern Schleswig-Holstein und Hamburg gehört. Im Aufsichtsrat der AKN sitzt Schleswig-Holsteins Verkehrs-Staatssekretärin Susanne Henckel. Dass sie eine Klage gegen das Land befürworten würde, scheint kaum vorstellbar.
Offiziell ist der Zuschlag für die Bahnstrecke Kiel-Hamburg noch nicht erteilt. Das wird voraussichtlich erst nach dem Urteil des Oberlandesgerichts am 21. November geschehen. Offen bleibt, welche Folgen die Rüge der Nordbahn noch haben wird.
KN