Hamburg – Die Vorwürfe gegen Lydia S. (39) wiegen schwer. Sie soll mit einem Messer am Hauptbahnhof um sich gestochen, viele Menschen teilweise lebensgefährlich verletzt haben. Seit Mittwoch steht sie vor Gericht. Und muss eine seltene Sicherheitsmaßnahme erdulden.

In Handschellen und kreidebleich im Gesicht wird die 39-Jährige mittags in den Gerichtssaal geführt. Sie soll am 23. Mai in einem Drogeriemarkt in der Wandelhalle im Hamburger Hauptbahnhof ein Gemüsemesser gestohlen haben. Damit attackierte sie auf den Gleisen 13 und 14 Fahrgäste. 15 verletzte sie, dann beendeten andere den Amoklauf, überwältigten Lydia S., übergaben sie der Polizei.

Nach der Tat sichern Beamte der Mordkommission Spuren am Tatort

Nach der Tat sichern Beamte der Mordkommission Spuren am Tatort

Foto: Marco Zitzow/BILD

Lydia S. griff ihren Vater mit einer Schere an

Schon im Januar soll Lydia S. versucht haben, ihren Vater mit einer Schere zu töten. Nicht die einzige Gewalttat. Immer wieder kam sie deshalb in die Psychiatrie.

Ein Opfer, das beim Angriff am Hauptbahnhof einen Stich in den Oberarm bekam, bei dem auch Muskel durchtrennt wurde, verfolgte den Prozessauftakt im Gerichtssaal.

Einer der Nebenkläger (grauer Kapuzenpullover) verfolgt den Prozess

Einer der Nebenkläger mit seinem Anwalt Frank Giesel im Gerichtssaal

Foto: Marco Zitzow

Kleines Mädchen musste Angriff auf Papa ansehen

Sein Anwalt Frank Giesel: „Meinem Mandanten geht es inzwischen wieder einigermaßen gut, er ist in der Lage, im Gericht zu erscheinen, und ist interessiert daran. Er war allerdings mit seiner kleinen Tochter auf dem Weg nach Hause, als er angegriffen wurde. Die Tochter musste die Tat mitansehen und ist traumatisiert.

Die Polizei ist nach der Amoktat im Großeinsatz, Verletzte müssen von Rettern versorgt werden

Die Polizei ist nach der Amoktat im Großeinsatz, Verletzte müssen von Rettern versorgt werden

Foto: Marco Zitzow/BILD

Die Staatsanwaltschaft beantragte schon im Mai beim Landgericht Hamburg, gegen Lydia S. ein sogenanntes Sicherungsverfahren durchzuführen. Sie soll dauerhaft in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden, denn: „Die Beschuldigte leidet an einer mit Realitätsverkennung einhergehenden paranoiden Schizophrenie. Nach dem Ergebnis einer sachverständigen Begutachtung dürfte ihre Einsichtsfähigkeit während der mutmaßlichen Taten daher vollständig aufgehoben gewesen sein.“

Was nach Kuscheljustiz klingt, ist in Wahrheit die härtere Maßnahme. Denn eine Haftstrafe hat ein vorgegebenes Ende – die Unterbringung in der Psychiatrie nicht. Solange die Patientin als gefährlich gilt, bleibt sie eingesperrt.

Lydia S. gilt als extrem gefährlich

Und offenbar ist Lydia S. gefährlich: Auch während der Verhandlung musste sie Handschellen tragen. Eine außergewöhnliche Sicherheitsmaßnahme, die selbst für Terroristen und Mafiosi fast nie angeordnet wird.

Eine Justizangestellte hängt das Schild neben die Tür des Gerichtssaales, mit dem die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird

Eine Justizangestellte hängt das Schild neben die Tür des Gerichtssaales, mit dem die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird

Foto: Marco Zitzow

Aufgrund der schweren psychischen Erkrankung von Lydia S. ist die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen. Erst zum Urteil soll sie wieder in den Saal dürfen. Es ist für den 27. Januar 2026 geplant.