Berlin – Laut einem Medienbericht ist nur eine sehr kleine Zahl von Afghanen bereit, gegen Geld auf ihre Aufnahmezusage für Deutschland zu verzichten. Die Frist ist heute abgelaufen.
Das berichtet „Focus Online“. Im Laufe des Dienstags widersprach das Innenministerium gegenüber BILD allerdings vehement der Darstellung.
Hintergrund: Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage konnten entscheiden, ob sie auf ihre Chance, nach Deutschland zu kommen, verzichten – gegen Geld. Wer den Deal ablehnt, bleibt weiter in den langwierigen Prüfverfahren und riskiert, dass ihm später die Aufnahmezusage entzogen wird.
Machten nur fünf Familien mit ?
Wie Focus Online berichtet, kann das Bundesinnenministerium aktuell nicht benennen, wie viele der rund 700 in Pakistan wartenden Afghanen auf den Deal eingegangen sind. „Die Auswertungen der Rückmeldungen dauern an“, erklärte eine Sprecherin.
Dagegen geht Eva Beyer, Sprecherin der Hilfsorganisation Kabul Luftbrücke, von maximal fünf Familien aus, die für Geld aus den Aufnahmeprogrammen aussteigen.
Gegenüber BILD äußerte sich das Innenministerium im Laufe des Dienstags und dementierte den Bericht von Focus Online. Eine Sprecherin zu BILD: „Bisher haben zehn Prozent der Angeschriebenen, das entspricht 62 Personen, die Bereitschaft erklärt, das Angebot anzunehmen. Darüber hinaus besteht Kontakt mit weiteren angeschriebenen Personen, die sich im Entscheidungsprozess über eine mögliche Annahme befinden.“
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (55, CSU)
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Für das Innenministerium wäre eine niedrige Zahl der freiwillig Aussteigenden ein Problem. Von den insgesamt knapp 700 Menschen auf der Menschenrechtsliste und im Überbrückungsprogramm verbleiben laut Focus Online geschätzt immer noch mehr als 600, die auf die Einreise nach Deutschland hoffen. Dazu kommen Hunderte Afghanen in anderen Aufnahmeprogrammen, denen kein Deal angeboten wurde.
Eigentlich sollte das Programm bis Jahresende beendet sein. Denn was danach passiert, ist offen. Pakistan hatte bislang weitgehend stillgehalten, weil Berlin zugesichert hatte, die Afghanen würden bis Ende Dezember das Land verlassen. Wenn klar wird, dass das nicht klappt, könnten die dortigen Behörden die Menschen einfach abschieben – zurück nach Afghanistan, ins Herrschaftsgebiet der Taliban.
„Zynisch und moralische Bankrotterklärung“
Grünen-Innenpolitikerin Schahina Gambir (34) ist verärgert: „Während die Bundesregierung Taliban-Vertreter als Diplomaten nach Deutschland holt, sollen die Menschen, die von ihnen bedroht werden, auf ihre zugesagte Sicherheit verzichten. Dieses vergiftete Angebot ist zynisch und eine moralische Bankrotterklärung.“
Auch juristisch steht die Bundesregierung unter Druck. Beim Verwaltungsgericht Berlin waren Ende Oktober mindestens 117 Eilverfahren wegen Visa für Afghanen anhängig. 67 davon wurden bereits entschieden – 49 im Sinne der Afghanen, nur 18 zugunsten der Bundesregierung.