Die Filteranlagen entlang der B14 am Neckartor sind abgebaut, die kleine Umweltzone aber bleibt bestehen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski
Laut einem neuen Gutachten der Stadt soll die Stickstoffdioxid-Belastung in Zukunft weiter sinken, Dank immer mehr neuer Elektroautos. Die Diesel-Fahrverbote bleiben aber bestehen.
Die Luft in Stuttgart wird immer besser. Das zumindest geht aus einem von der Stadt in Auftrag gegebenen, aktuellen Gutachten hervor, das im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik vorgestellt wurde. Laut der Prognose des unabhängigen Beraterbüros PTV Transport Consult könnten die ab 2030 geltenden, strengeren EU-Grenzwerte für die Luftreinhaltung in Stuttgart eingehalten werden – vor allem Dank der Erneuerung der Fahrzeugflotte. Ein Ende des Diesel-Fahrverbots scheint aber weiter mehr als unwahrscheinlich.
Die Fahrzeugflotte in Stuttgart wird schneller erneuert als bundesweit
Denn die Experten gehen davon aus, dass Insbesondere die zunehmende Verbreitung von emissionsarmen und -freien Fahrzeugen – Hybrid, sowie E-Autos und E-Lastwagen – eine deutliche Verbesserung der Luftqualität bringen kann. Laut den „Daten des Kraftfahrzeugbundesamtes in Stuttgart noch viel mehr als bundesweit“, so Fabian Weinstock. Laut dem PVT-Analysten könnte die Stickstoffdioxid-Belastung um rund 50 bis 60 Prozent, die der Feinstaub-Belastung und rund 40 bis 60 Prozent reduziert werden. Das ist auch notwendig. Denn ab dem 1. Januar 2030 gelten die strengeren EU-Grenzwerte: Anstatt der heute 40 Mikrogramm Stickstoff-Immissionen pro Kubikmeter Luft sind dann nur noch 20 Mikrogramm erlaubt.
Auf Basis eines Verkehrsmodells wurden dabei die Richtwerte auf vier besonders belasteten Messstellen im Stadtgebiet errechnet: Am Neckartor, an der Hohenheimer Straße, an der Talstraße und an der Hauptstätter Straße. Laut der Prognose können die Jahresmittelwerte, die für die Grenzwert relevant sind, deutlich gesenkt werden. Zum Beispiel von heute 31 auf 15,5 am Neckartor. Überraschend dabei: „Die begleitenden Maßnahmen des Klimamobilitätsplans spielen auch eine Rolle, aber im vergleichsweise geringen Umfang gegenüber der Erneuerung der Fahrzeugflotte“, betont Weinstock.
Zur sogenannten Kleinen Umweltzone zählen neben den Innenstadtbezirken auch Bad Cannstatt, Feuerbach und Zuffenhausen. Seit mehr als fünf Jahren dürfen dort keine Dieselfahrzeuge mit der Emissionsklasse 5 oder schlechter fahren. Mit den Werten des neuen Gutachtens sieht Alexander Kotz (CDU) das dort geltende Fahrverbot als „ad absurdum geführt“ und forderte einen weiteren Vorstoß der Stadt dieses aufzuheben. Hingegen will Stephanie Moch (Bündnis 90/Grüne) diesen Weg angesichts ansteigender Temperaturen durch den Klimawandel weitergehen. Zumal „die Weltgesundheitsorganisation gerade einmal die Hälfte des von der EU festgelegten Grenzwertes empfiehlt“. Es gehe schließlich um die Gesundheit der Menschen, ergänzte Lucia Schanbacher (SPD). Daher sind für Hannes Rockenbauch (Linke/SÖS/Plus) Daten für die Luftreinhaltung „keine Grundlage für die Verkehrspolitik“.
FDP: Widerspruch im Verhalten von Verkehrsminister Hermann
Den Vorwurf, das Gutachten in Auftrag gegeben zu haben, um weiteren Druck auf das zuständige Verkehrministerium aufzubauen, um das Diesel-Fahrverbot doch noch aufheben zu können, will Körner nicht gelten lassen. Vielmehr habe die Stadt lediglich ihre Hausaufgaben gemacht, „um uns rechtzeitig auf die neuen Grenzwerte einstellen zu können“. Trotz der positiven Prognose ist eine Aufhebung des Diesel-Fahrverbots in der Landeshauptstadt derzeit weiter unwahrscheinlich. Im kommenden Jahr werd das Land selbst ein Wirkungsgutachten erstellen. Mit möglichen weiteren Schritten im Luftreinhalteplan sei dann bis spätestens 2028 zu rechnen.
Auf Anfrage des Stuttgarter Landtagsabgeordneten Friedrich Haag (FDP) macht Verkehrsminister Hermann (Bündnis 90/Grüne) deutlich, dass die ie zuständigen Regierungspräsidien mit den Kommunen in Kontakt seien, „bei denen weitere Anstrengungen erforderlich sind, um die neuen Anforderungen zu erfüllen. Hierzu zählt auch die Stadt Stuttgart“. Für Haag ein Widerspruch. Angesichts der aktuellen Prognosen, erwarte er vom Verkehrsminister, diese Daten ernst zu nehmen auf weiteren Maßnahmen zu beharren. „Hermann muss die Fahrverbote in Stuttgart jetzt abschaffen, alles andere ist Schikane gegen die Autofahrer“, fordert Haag. Fahrverbote dürften kein Selbstzweck sein. Dies zeige einmal mehr, „dass dem Minister jedes Mittel recht ist, um die Fahrverbote aufrechterhalten zu können.“