Aus dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen, das die Bundesregierung 2022 für die Bundeswehr beschlossen hatte, sei noch „kein einziger Pfennig in die Bundeswehr investiert“ worden. Das behauptet der AfD-Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla in einem Interview der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ am 26. Oktober. Ausschnitte seines Auftritts kursieren auch auf Tiktok. „Wir stehen genauso blank da wie vorher“, fasst Chrupalla die Situation der Bundeswehr zusammen. Stimmt das?

Bewertung

Die Behauptung ist falsch. Das Sondervermögen, das die Bundesregierung 2022 für die Bundeswehr beschloss, war bereits Ende 2024 fast «vollständig in Verträge mit der wehrtechnischen Industrie gebunden», teilte das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr im Dezember 2024 mit.

Fakten

Das Gesetz zum „Sondervermögen Bundeswehr“ trat im Juli 2022 in Kraft. Bereits kurz nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hatte der ehemalige Bundeskanzler Olaf Scholz ein solches Sondervermögen in einer Rede angekündigt. 100 Milliarden Euro hat die Bundeswehr dank des Sondervermögens nun zusätzlich für Rüstungsinvestitionen zur Verfügung.

Neue Flugzeuge und neues Gerät bestellt

Ende 2024 teilte das Versorgungsamt der Bundeswehr mit, dass das Sondervermögen praktisch vollständig verplant sei. Wieviel von dem Geld wofür bereits verwendet wurde, schlüsselt die Bundeswehr nicht auf. Auch eine offizielle Liste mit bisherigen Anschaffungen aus dem Sondervermögen gibt es nicht. Dies kritisiert der mdr und hat deshalb in einer umfangreichen Recherche eine Liste angelegt, in der die Redaktion die bisherigen Anschaffungen für die Bundeswehr aus dem Sondervermögen zusammengetragen hat.

Demnach hat die Bundeswehr mit der Finanzspritze vor allem in schweres Gerät, wie etwa 35 F-35 Kampfflugzeuge, mehr als 120 Panzer vom Typ Leopard 2 und 62 Kampfhubschrauber, investiert. Über 48 Milliarden Euro flossen somit laut mdr-Recherche in die Bestellung neuer U-Boote, Panzer, Fluggeräte und anderer Rüstungsgüter.

Wenn Neuanschaffungen über 25 Millionen Euro kosten, muss erst der Haushaltsausschuss des Bundestages zustimmen. Alleine dieses Jahr hat der Bundestag bereits 14 solcher 25-Millionen-Euro-Vorlagen für die Bundeswehr genehmigt. Somit hat die Bundeswehr 2025 noch einmal Verträge über 1,9 Milliarden Euro abgeschlossen.

Neue Schutzkleidung bereits da

Es gibt sogar Material, dass aus dem Sondervermögen bestellt wurde und von den aktiven Soldaten in Deutschland schon genutzt werden kann. So hat die Bundeswehr mit dem Sondervermögen in neue persönliche Schutzkleidung wie zum Beispiel Helme investiert. Eine neue persönliche Ausstattung soll jeder Soldat bis Ende 2025 erhalten. Laut Vizeadmiral Carsten Stawitzki sind die Sachen bereits ausgeliefert und müssen nur noch von den Soldaten abgeholt werden.

2024 erreichte Deutschland mit seinem insgesamt 72 Milliarden schweren Verteidigungshaushalt erstmals das von der NATO anvisierte 2-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben. Rund 20 Milliarden des Verteidigungshaushalts 2024 kamen dabei aus dem Sondervermögen.

Es gibt also mehrere Belege für eine Verwendung des Sondervermögens und sogar bereits beschafftes Material, dass von den Soldaten genutzt werden kann. Chrupallas Behauptung, „bisher ist kein einziger Pfennig in die Bundeswehr investiert worden aus diesem Sondervermögen“, muss entsprechend als falsch angesehen werden.

(Stand: 11.11.2025)

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