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Putin lobt die USA inzwischen für ihre Friedensbemühungen im Ukraine-Krieg. Ein anderes Land wird dafür nun zum Ziel russischer Propaganda-Attacken.
London/Moskau – Unter Präsident Joe Biden halfen die USA Kiew im Ukraine-Krieg noch großzügig. Damit waren die Vereinigten Staaten für die russische Propaganda das Hauptziel für Anschuldigungen, Drohungen und Vorwürfe. Mit der Amtsübernahme von Donald Trump und dem abrupten Kurswechsel in der Unterstützung änderte sich das. Inzwischen hat Kremlchef Wladimir Putin ein neues vorrangiges Feindbild: Großbritannien.
Wladimir Putin hat Großbritannien als „bevorzugtes Feindbild“ auserkoren. © picture alliance/dpa/Pool Sputnik Kremlin | Grigory Sysoyev
Die Rivalität zwischen Russland und dem Vereinigten Königreich hat eine lange Geschichte. Doch der Ukraine-Krieg hat die Beziehungen auf einen neuen Tiefpunkt gebracht. Anstelle der USA sieht Moskau nun London als „bevorzugtes Feindbild im Propagandakrieg“, wie die britische Zeitung The Guardian berichtet.
Großbritannien ist für Wladimir Putin der neue Staatsfeind Nummer eins Russlands
Nachdem Präsident Trump die Unterstützung der USA für die Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland eingestellt hatte, übernahm die sogenannte „Koalition der Willigen“ die Führung. Die NATO-Länder Frankreich und das Vereinigte Königreich leiten nun die Unterstützung für Kiew. Auch deshalb betrachtet Putin Großbritannien mittlerweile als Russlands neuen Staatsfeind Nummer eins.
Der Kreml beschuldigt Großbritannien, für mehrere Aktionen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg verantwortlich zu sein. Dazu zählen die Sprengung der Nord-Stream-Pipeline, Drohnenangriffe auf russische Flugplätze und die Anordnung terroristischer Attacken in Russland. Neu ist der Vorwurf, der britische Geheimdienst habe versucht, einen russischen Piloten, der ein Kampfflugzeug mit einer Kinschal-Hyperschallrakete flog, zum Überlaufen zu bewegen.
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Vor Journalisten in Moskau erklärte Russlands Außenminister Sergej Lawrow, der russische Inlandsgeheimdienst FSB habe diesen Plan vereitelt. London weist jede Beteiligung daran zurück. Im März beschuldigte der FSB zwei britische Staatsbürger der Spionage, was zu gegenseitigen Ausweisungen von Diplomaten führte. Beide Seiten bezeichneten die Vorwürfe als „haltlos“ beziehungsweise „böswillig und grundlos“.
Der russische Auslandsgeheimdienst nennt Großbritannien einen „Kriegstreiber“, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Das Land torpediere die Friedensbemühungen der USA im Ukraine-Konflikt. Besonders kritisch sieht Moskau, dass der britische Premier Keir Starmer in Betracht zieht, britische Truppen als Teil einer möglichen Friedenstruppe in die Ukraine zu schicken.
Auch russische Bevölkerung sieht dank Kreml-Propaganda Großbritannien als Hauptfeind des Landes
Die russische Propaganda scheint Wirkung zu zeigen. Moderatoren im russischen Staatsfernsehen, die Putin wohlgesonnen sind, drohen Europa regelmäßig, Großbritannien etwa mit dem neuen russischen Atomtorpedo, der das Land „unter Wasser zu versenken“ vermöge. Einer Umfrage des russischen Meinungsforschungsinstituts Lewada-Zentrum zufolge nannten im Sommer 49 Prozent der Russen das Vereinigte Königreich als einen der Hauptfeinde ihres Landes.
„Da sie Trump nun nicht mehr direkt kritisieren können, wen machen sie dann für ihre Probleme verantwortlich – für die Verluste in der Ukraine, für eine Million Tote? Sie geben dem Nächstliegenden die Schuld, den Briten. Es ist leicht, uns als Wurzel aller russischen Probleme darzustellen“, erklärte der frühere britische Verteidigungsattaché in Moskau, John Foreman, gegenüber dem Guardian. (Quellen: Nachrichtenagentur Reuters, theguardian.com) (mt)