Der Anstoß, so erzählt es Markus Söder, kam in Augsburg. Dort besuchten der Ministerpräsident und seine Stellvertreterin, die Sozialministerin Ulrike Scharf, eine Kita im Stadtteil Oberhausen. Neben dem Hobeln von Gurken für die Kameras scheint es dabei auch um schwerer verdauliche Dinge gegangen zu sein: die Finanzen der Kitas. Seitdem ist Söder klar: Für deren Unterhalt muss mehr Geld her, ansonsten drohen Schließungen und Gebührenerhöhungen zulasten der Familien. Konsequenz: Der Freistaat kippt sein zum Jahresbeginn geplantes Familienstartgeld und nimmt die dafür eingeplanten Summen her, um die Kitas zu unterstützen.
Was bedeutet das für Familien?
Das Familiengeld für im Jahr 2025 geborene Kinder wird abgeschafft. Das Krippengeld wird gestrichen. Das ab dem 1. Januar 2026 geplante bayerische Kinderstartgeld, das jährlich für rund 120.000 Kinder gedacht war, kommt nicht. Es sah eine Einmalzahlung von 3000 Euro vor und bedeutete schon weniger Geld als das 2018 eingeführte Familiengeld und das Krippengeld aus dem Jahr 2020 zusammen, die monatlich ausgezahlt wurden. Nach Angaben aus dem Sozialministerium sollen so zwischen den Jahren 2026 und 2030 drei Milliarden Euro zusammenkommen, die für den Unterhalt von Kitas hergenommen werden können.
Was heißt das für die Kitas?
Blick nach Augsburg: Von rund 15.500 Kitaplätzen werden mehr als 10.000 von freien oder kirchlichen Trägern betrieben. Die bekommen von Staat und Kommune rund 60 Prozent des Unterhalts erstattet. Viel zu wenig, wie die Stadt klagt. „Eine sozialverträgliche Gestaltung von Elternbeiträgen wird dabei zunehmend schwieriger.“ Darauf habe man die Staatsregierung mehrfach hingewiesen. Die für Bildung zuständige Bürgermeisterin Martina Wild (Grüne) begrüßt es daher „ausdrücklich“, dass es mehr Geld für die Kitas gibt. Ähnlich äußert sich der Chef des Bayerischen Städtetags, Manfred Pannermayr: „Das hilft den Trägern der Kitas und den Kommunen, weiter eine qualitätsvolle Betreuung anzubieten. Diese Verbesserung entspricht einer langjährigen Forderung des Bayerischen Städtetags.“ Kritik kommt dagegen von der Arbeiterwohlfahrt, die viele Kitas im Freistaat betreibt. „Diese Umverteilung ist ein Rückschritt für das kollektive Bemühen um bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, so die Landesvorsitzenden Nicole Schley und Stefan Wolfshörndl.
Kam der Beschluss überraschend?
Ja. Offenbar fiel er erst endgültig bei der Klausur des Kabinetts. Im Landtag steht für den kommenden Donnerstag noch die Debatte über das Kinderstartgeld an, der entsprechende Gesetzesentwurf ist in der zweiten Lesung. Doch das hat sich nun erledigt. Sozialministerin Scharf sagt: „Für die meisten Familien ist es entscheidend, dass sie sich auf eine qualitativ hochwertige und stabile Kinderbetreuung verlassen können und Plätze zur Verfügung stehen. Dem tragen wir mit unserer Entscheidung Rechnung.“
Was sagt die Opposition?
Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze kritisiert, wie unvermittelt die Staatsregierung den Kurs wechselt: „Als Familie in Söders Bayern hat man es schwer. Und da helfen auch die Prahlereien des Ministerpräsidenten bei seinen Pressekonferenzen nichts. Große Worte geben keine echte Sicherheit und Planbarkeit.“ SPD-Landesschefin Ronja Endres fordert, die Kürzungen zulasten der Familien komplett rückgängig zu machen, während die SPD-Fraktion im Landtag wiederum begrüßt, dass es mehr Geld für die Kitas gibt.
Wo spart Bayern noch?
Beim Personal. Rund 1000 Stellen sollen weg. Gleichzeitig soll es aber 2700 neue Stellen geben: Sicherheit, Justiz und vor allem das Bildungsressort mit 1500 weiteren Lehrern legen zu. Hier reagiert der Freistaat auf die Prognosen zu den Schülerzahlen. Einschnitte gibt es dagegen beim Geld und bei der Teilzeit, Beamte sollen kommende Tariferhöhungen erst ein halbes Jahr später bekommen. Dementsprechend verschnupfte Reaktionen gibt es. „Jede Maßnahme, die die Attraktivität des Lehrerberufs einschränkt, ist eine bittere Pille – ob Teilzeiteinschränkung oder verzögerte Übernahme von Tarifergebnissen“, sagte beispielsweise der Vorsitzende des Realschullehrer-Verbandes, Ulrich Babl.
Ist das schon das Ende der Einsparungen?
Spannende Frage. CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek weist darauf hin, dass eine Kommission die staatliche Verwaltung auf mehr Effektivität trimmen soll. „In Zukunft muss es heißen: Mehr Vertrauen, mehr Digitalisierung, mehr Effizienz.“ In diese Richtung argumentiert auch der finanzpolitische Sprecher der Freien Wähler, Bernhard Pohl: „Wir müssen die Kosten durch weniger Bürokratie und weniger überzogene Standards senken,“ sagte Pohl unserer Redaktion.

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Christoph Frey
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