Kiko ist heute ein Meerkobold. Zumindest ein bisschen. Mit Schwimmflossen an den Füßen watschelt er zu dem Märchenbuch, aus dem er den großen und kleinen Gästen im Theater Mönchengladbach vorlesen möchte. Während Paula Emmrich in ihrer Rolle als Kiko oft wild über die Bühne springt, zeigt sie dieses Mal ihre ruhige Seite. Auch Sebastian Engel redet nicht mit ihr, sondern kann sich ganz auf das Dirigieren der Niederrheinischen Sinfoniker konzentrieren. Trotzdem ist die Interaktion zwischen Kiko und den Musikern stimmig, einfach dadurch, was gelesen und gespielt wird.
Klanghölzer, die im Rhythmus einiger Schritte gegeneinander geschlagen werden
Ákos Hoffmann, der „Die kleine Meerjungfrau” 2012 für Orchester vertont hat, greift nicht nur die Stimmung und die Themen des Märchens von Hans Christian Andersen auf, auch kleine Details finden sich in der Musik wieder: Wenn „die Stelzen, die die Menschen Beine nennen” erwähnt werden, hört man Klanghölzer, die im Rhythmus einiger Schritte gegeneinander geschlagen werden.
Blasinstrumente imitieren die quakenden Kröten der Meerhexen, und von den Streichern kommen gezielt eingesetzte Missklänge, wenn die kleine Meerjungfrau nach ihrer Verwandlung beim Gehen „Schmerzen wie von scharfen Klingen” spürt.
Diese Effekte bleiben auch den kleinen Zuschauern beim zweiten Kinderkonzert der aktuellen Spielzeit im Gedächtnis. Anna Kolonko und ihre Töchter, die jüngere ist gerade fünf Jahre alt geworden, sprechen nach der Vorstellung begeistert darüber. Kolonko freut sich auch, dass das Stück auf einer etwas positiveren Note endet als das originale Märchen, „das ist wichtig für die Kinder”.
Tatsächlich war im Saal vereinzeltes Schluchzen zu hören, als die kleine Meerjungfrau akzeptiert, dass ihr Prinz eine andere Frau geheiratet hat. Allerdings wird sie nicht zu Schaum auf den Wellen, sondern darf als Luftgeist unter ihresgleichen weiterleben und hat doch noch eine Chance, eine unsterbliche Seele zu erhalten.
Fast alle Gäste verlassen das Theater mit einem Lächeln im Gesicht
Die letzten Worte, die zu ihr gesprochen werden, sind: „Und jedes Mal, wenn du ein Kind zum Lächeln bringst, kommst du diesem Ziel ein Stückchen näher.” Tatsächlich verlassen fast alle Gäste das Theater mit einem Lächeln im Gesicht.
Noch etwas verbindet die Charaktere mit dem Publikum: der Zusammenhalt über mehrere Generationen. Die Meerprinzessinnen leben mit ihrem Vater und ihrer Oma im Schloss, die sich viel um die Mädchen kümmert.
Die kleine Maya zum Beispiel ist mit ihrem Papa Benni und ihrer Oma Claudia beim Konzert. Claudia besorgt schon seit Jahren Tickets für ihre Enkelinnen, die Eltern wechseln sich als Begleitpersonen ab. Der neunjährige Jonas und sein älterer Bruder Niklas sind auch regelmäßig mit ihrer Mutter bei Kinderkonzerten, weil ihre Oma ihnen jedes Jahr zu Weihnachten ein Theaterabo schenkt. Nach dem einstündigen Konzert sind sich alle einig: Es lohnt sich immer wieder.