Standdatum: 19. November 2025.
Autorinnen und Autoren:
Lisa-Maria Röhling
Hamburg landet seit vielen Jahren auf den vorderen Plätzen bei Bildungsvergleichen. Das war allerdings nicht immer so (Symbolbild).
Bild: dpa | Matthias Balk
Bremen landet bei Bildungsvergleichen immer auf dem letzten Platz. Muss das sein? Hamburg hat es vorgemacht und sich an die Spitze in Sachen Bildung gearbeitet.
Hamburg landet bei Bildungsvergleichen seit vielen Jahren auf den vorderen Plätzen, beim kürzlich erhobenen IQB-Bildungstrend sogar auf dem dritten Platz. Das war nicht immer so: 2011 war Hamburg noch auf dem drittletzten Platz. Inzwischen wird das Bundesland als Vorbild gesehen, in Bremen war der ehemalige Hamburger Bildungssenator Ties Rabe (SPD) sogar zum Runden Tisch Bildung eingeladen.
1 Frühe Sprachförderung
Hamburg setzt darauf, dass Kinder frühzeitig beim Deutsch lernen unterstützt werden. Kinder mit Sprachdefiziten machen vor dem Schulstart einen Sprachlernunterricht, außerdem bekommen sie konsequenten Förderunterricht. Zudem setzen die Schulen schon früh darauf, dass Lesen, Zuhören, Leseverstehen und auch Rechnen regelmäßig im Unterricht geübt werden – das ist laut dem ehemaligen Bildungssenator Ties Rabe eines der Erfolgsgeheimnisse.
Bremen hat diesen Weg auch eingeschlagen: Die Deutschkenntnisse von Kindern werden schon vor dem letzten Kita-Jahr getestet, wenn sie auffällig sind, bekommen sie Sprachförderung. Trotzdem haben mehr als die Hälfte der Erstklässler Deutschprobleme. In den Schulen gibt es deswegen jetzt das sogenannte Leseband, mit dem regelmäßig vorgelesen wird und mit dem Kinder ihre Sprachkenntnisse verbessern sollen. Ob das Leseband erfolgreich ist, müssen auch Tests und Datenerhebungen zeigen.
2 Mehr Lernzeit
Hamburg hat in fast allen Unterrichtsbereichen aufgestockt: Mehr Förderstunden für Kinder mit Lernschwierigkeiten, fast alle Kinder besuchen eine Ganztagsschule. Außerdem sind die Klassen oft kleiner als im Bundesdurchschnitt, Lehrkräfte haben deshalb mehr Zeit, sich mit den Kindern auseinanderzusetzen. Zudem hat Hamburg kostenlose Nachhilfe für zwei Stunden pro Woche eingeführt.
Der neue Bremer Bildungssenator Mark Rackles will nun einen ähnlichen Weg wie Hamburg einschlagen: Die hohe Unterrichtsausfallquote in Bremen soll abgebaut werden, zudem gebe es zu wenig Ganztagsunterricht – Bremen landet da im Bundesvergleich auf den letzten Plätzen. Das soll sich ändern: „Es geht um mehr Unterricht, und es geht um die Qualität von Unterricht“, so Rackles.
3 Klassenstufe 0 – das Vorschuljahr
60 Prozent der Kinder in Hamburg besuchen laut dem ehemaligen Bildungssenator Ties Rabe eine Vorschule. Dort können gerade Sprachdefizite aufgefangen werden, Kinder, die vorher nicht in der Kita waren, können sich hier auf die Grundschule vorbereiten.
Ein verpflichtendes Vorschuljahr wird auch in Bremen immer wieder diskutiert. „So etwas kann sicherlich helfen“, sagt Susanne Kollmann, Leiterin des Instituts für Qualitätsentwicklung in Bremen (IQHB). Allerdings müssten dafür auch die entsprechenden Kapazitäten an den Grundschulen vorhanden sein. „In Bremen wird mit dem Brückenjahr einiges gestemmt und mit dem Bildungsplan 0 bis 10 ein durchgehendes System aufgebaut“, so Kollmann.
4 Bessere Übergänge in Ausbildung
Hamburg hat das sogenannte Übergangssystem für Schulabgänger radikal überarbeitet: Das Unterrichtsfach „Berufs- und Studienorientierung“ soll den künftigen Absolventen schon in der Schule helfen, den weiteren Weg zu planen. Eine Jugendberufsagentur betreut außerdem in Hamburg alle Schulabgänger. Wer keinen Ausbildungsplatz bekommt, besucht die „dualisierte Ausbildungsförderung“ an einer Berufsschule; eine Mischung aus Praktikum und Schulunterricht. Das hat vielen geholfen, spätestens ein Jahr später einen Ausbildungsplatz zu bekommen.
Auch in Bremen soll das Übergangssystem von Schule zu Beruf verbessert werden, sagt Senator Rackles. In Bremen verlassen aktuell elf Prozent der Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Abschluss, eine der bundesweit höchsten Quoten. Die Zahl der Schulmeider, die also regelmäßig die Schule schwänzen, ist ebenfalls hoch. Auch hier gibt es eine Jugendberufsagentur, die Schülerinnen und Schülern zur Seite steht – der Besuch ist aber freiwillig.
5 Testen, Testen, Testen
Was bei Schülerinnen und Schülern unbeliebt ist, hat im Hamburg Erfolge gebracht: regelmäßige Vergleichstests in den Klassen 2, 3, 5, 7, 8 und 9. Diese Datenlage habe geholfen, um die Probleme der Schülerinnen und Schüler besser zu verstehen und darauf Schlüsse für den Unterricht zu ziehen. Hamburg hat schon lange vor Bremen ein Institut für Qualitätsentwicklung gegründet, in dem diese Tests ausgewertet und analysiert wurden.
Auch in Bremen gibt es Vergleichstests in den Klassen 5 und 7, die sind allerdings freiwillig. Die Bremer CDU fordert deshalb schon länger, das zu ändern. Außerdem gibt es die sogenannten Lernausgangserhebungen, kurz Lale, in denen Mathematik und Leseverstehen überprüft werden. Solche Daten werden seit 2023 vom IQHB ausgewertet. Daraus sollen auch hier Schlüsse gezogen werden, die Unterricht und Schule besser werden können. Um das zu schaffen, braucht es aber mehr Daten. Deswegen macht sich auch der neue Bildungssenator für mehr Tests stark.
Wie geht es nun weiter?
So gut die Hamburger Erfolge klingen, nicht alles davon kann auf Bremen übertragen werden: Die Armutsgefährdung von Bremer Kindern ist fast doppelt so hoch wie in Hamburg. Auch der Migrationsanteil ist höher, das wirkt sich auch auf die Schulen aus, es gibt mehr Kinder mit Inklusionsbedarf. „Wir können leider nicht einfach alles adaptieren und genauso wie in Hamburg machen“, sagt Susanne Kollmann. Hamburg habe mit seinen Maßnahmen einen Weg für die eigene Schülerschaft gefunden; in Bremen müsse nun ein Weg gefunden werden, der sich an die hiesige Schülerschaft anpasst und sich an ihren Bedarfen orientiert.
Mehr zu Bildung in Bremen:
Quelle:
buten un binnen.
Dieses Thema im Programm:
buten un binnen Online, „5 Wege aus der Bildungsmisere: Was Bremen von Hamburg lernen kann“, 19. November 2025, 10:30 Uhr
