Berlin – U-Bahnhof Jungfernheide, Berlin. Es ist Mittwoch, der 19. November, weit nach Mitternacht. In der Hauptstadt herrscht Chaos: Deutschland wird angegriffen! Soldaten der Bundeswehr stürmen die Station, rennen die Treppen runter zum Bahnsteig. Separatisten sollen im Schacht einen Zug attackiert haben. Als die Soldaten sich dem Waggon nähern, eskaliert die Lage. Schüsse, Rauchschwaden, Schreie. Tote!

Doch: Das alles ist nur eine Übung.

Mehrere Tage trainiert das Wachbataillon die Verteidigung Berlins. Für den Fall der Fälle. Name des Schein-Kriegs: „Bollwerk Bärlin III“. Eigentlich glänzt die Einheit bei Staatsempfängen. Gestriegelt und gewienert. Doch Aufgabe des Wachbataillons ist auch die Verteidigung Berlins, der Ministerien, des Regierungssitzes. Im Flecktarn. Mit der Waffe im Anschlag.

Im Schacht bahnen sich die Soldaten den Weg zum Bahn-Waggon

Im Schacht der U-Bahn-Katakomben bahnen sich die Soldaten den Weg zum Bahn-Waggon. In der Übung sollen Separatisten im Schacht einen Zug attackiert haben

Foto: Stefano Laura/BILD

„Solch ein Einsatz in Berlin ist sehr realistisch“

So wie in der Nacht zu Mittwoch. Am U-Bahnhof Jungfernheide gibt es einen Übungstunnel samt Zug. Die Truppe trainiert hier zum ersten Mal. Maik Teichgräber, Kommandeur des Wachbataillons: „Solch ein Einsatz in Berlin ist sehr realistisch.“ Mittlerweile. Seit Putin mit seinen Großmachtfantasien die Ukraine terrorisiert. Dessen Namen hier an diesem Abend aber niemand in den Mund nimmt.

Die Soldaten kämpfen sich in der U-Bahn vor

Bedrohliche Szenen: Die Soldaten kämpfen sich in der U-Bahn vor

Foto: Stefano Laura/BILD

In dem Übungsszenario sind die Straßen verstopft. Soldaten hatten deswegen die U-Bahn genommen, um schneller voranzukommen. Dabei wurden sie attackiert. Jetzt müssen ihre Kameraden sie retten. Teichgräber nennt das eine „komplexe Situation“. Es sei eng und düster. Schwierig, sich da einen Überblick zu verschaffen. Zumal mit den vielen Verletzten.

Mehr zum ThemaEs gibt viele Verletzte, die versorgt werden müssen

Auch viele „Verletzte“ müssen versorgt werden

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In kleinen Gruppen stürmen die Soldaten den Waggon. Es knallt. Sehr lange ist die Lage unübersichtlich, die Stimmung hochnervös. Dann sind die Separatisten offenbar tot. Die ersten Verletzten werden geborgen. Übers Gleisbett in Sicherheit gebracht.

Auch Bastian (23) ist im Einsatz. Hauptgefreiter, seit drei Jahren beim Bund. Das Gesicht verschwitzt, der Blick erschöpft. Der U-Bahn-Katakomben-Kampf? „Eine ganz neue Erfahrung, mega stressig“, sagt er. Bastian war im zweiten Sturmtrupp. Aufgabe: Strom am Gleis kappen, „Feuerkampf führen und, sobald gesichert ist, die Verletzten bergen“.

Die Verletzten werden zum Bahnsteig gebracht

Die „Verletzten“ werden zum Bahnsteig gebracht

Foto: Stefano Laura/BILD

Das Wichtigste sei, Ruhe zu bewahren. Gerade im Ernstfall. Vor dem habe er keine Angst, aber Respekt. „Deshalb trainieren wir“, sagt er. Natürlich benötige man „vielleicht mehr Soldaten“. Aber: „Wir sind kriegstüchtig.“ Zur Wehrdienst-Debatte wollen weder er noch seine Kameraden sich äußern.

Bastian nach der Übung im U-Bahn-Tunnel

Bastian (23) ist Hauptgefreiter, seit drei Jahren beim Bund. Seine Aufgabe bei der Übung: Strom am Gleis kappen, „Feuerkampf führen und, sobald gesichert ist, die Verletzten bergen“

Foto: Stefano Laura/BILD

Mehrere Stunden dauert die Übung. Für Bastian eine Nacht mit wenig Schlaf. Wiedermal. Die ganze Woche müssen sie ran. Häuserkampf auf dem Trainingsgelände, in einem ehemaligen Chemiewerk. Oder eben am U-Bahnhof. Um vorbereitet zu sein für den Ernstfall.