Berlin – Erst Luftfahrt-Jubel, jetzt harte Landung?

Mit ihrem Wachstums- und Energiepaket will die CDU/SPD-Koalition eigentlich die Wirtschaft entlasten – auch die Luftfahrt. Ab Juli 2026 etwa soll die Flugticketsteuer gesenkt werden, rund 350 Millionen Euro sollen Airlines und Flughäfen so jährlich sparen.

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Doch kaum ist die Entlastung beschlossen, droht sie schon wieder zu verpuffen.

Denn ausgerechnet Innenminister Alexander Dobrindt (55, CSU) plant eine neue Verordnung zum „Perimeterschutz“ an Flughäfen, die die Branche mit hunderten Millionen Euro Zusatzkosten belasten könnte. Dabei geht es um den Schutz des Sicherheitsgürtels rund um Deutschlands Flughäfen – also Zäune, Kameras und Zugangssperren.

Das zumindest geht aus einem Brandbrief des Flughafenverbands ADV an Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) hervor, der BILD vorliegt.

Die Botschaft der Flughäfen: Die geplante Verordnung bringt keinen Sicherheitsgewinn – nur neue Bürokratie und massive Zusatzkosten.

Mehr zum ThemaKostenfalle für die Airports

Darum geht es: Das Bundesinnenministerium will die Flughäfen verpflichten, ihre Perimetersysteme flächendeckend zu modernisieren und zu erweitern. Laut Dobrindts Haus soll das der Sicherheit dienen – doch die Kostenschätzung des BMI liegt bei gerade einmal 22,5 Millionen Euro für die acht größten Standorte.

Die Branche hält das für absurd. Der Flughafenverband ADV hat die tatsächlichen Kosten kalkuliert – und kommt auf rund 300 Millionen Euro bundesweit, also das Fünfzehnfache.

„Die vom BMI veranschlagten 20 Millionen Euro sind völlig unrealistisch“, sagt ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel (58). „Damit wird eine Entlastung durch neue Bürokratie sofort wieder zunichtegemacht.“

So wie hier 2022 am BER drangen zuletzt immer wieder kriminelle Klima-Chaoten auf Rollfelder von deutschen Flughäfen vor. Die BMI-Verordnung will das verhindern, fordert drastische Sicherheitsmaßnahmen

So wie hier 2022 am BER drangen zuletzt immer wieder kriminelle Klima-Chaoten auf Rollfelder von deutschen Flughäfen vor. Die BMI-Verordnung will das verhindern, fordert drastische Sicherheitsmaßnahmen

Foto: spreepicture

Sachsen besonders betroffen

Besonders hart trifft es die ohnehin schon defizitären Flughäfen in Leipzig/Halle und Dresden. Laut ADV-Kalkulation müssten sie zusammen rund 10 Millionen Euro investieren – Geld, das in den ohnehin angespannten Budgets der sächsischen Flughäfen schlicht nicht vorhanden ist.

Am Fracht-Drehkreuz Leipzig/Halle geht es um die Modernisierung von Überwachungssystemen, neue Sicherheitsbarrieren und Zaunanlagen – ein Millionenprojekt, das laut Flughafenkreisen die Rentabilität deutlich belasten würde.

Auch der Dresdner Flughafen wäre betroffen: Hier müssten bestehende Anlagen nachgerüstet, Zufahrten verstärkt und Videoüberwachungssysteme erweitert werden. Für den vergleichsweise kleinen Standort eine Kostenlawine.

Flughäfen: „Wir haben längst investiert!“

Die Flughäfen betonen, dass sie bereits reagiert haben – nach Klima-Protesten und Sicherheitsvorfällen. Zäune seien mit Stacheldrahtrollen verstärkt worden, Überwachung an neuralgischen Punkten ausgebaut, ungenutzte Tore versperrt, Zufahrten gehärtet, Abläufe seien optimiert worden.

Man habe bereits zweistellige Millionenbeträge in Sicherheit gesteckt. „Mehr hilft hier nicht – es schadet!“, heißt es aus dem Verband.

So teuer wird’s für die acht deutschen Top-Flughäfen

Der Verband hat die möglichen Mehrkosten für einzelne Standorte aufgelistet – und die sind happig:

Frankfurt/Main: rund 100 Millionen Euro für neue Zäune, Barrieren und Videoüberwachung.

München: etwa 60 Millionen Euro für neue Detektionssysteme und Zaunerneuerung.

Berlin (BER): rund 40 Millionen Euro für zusätzliche Kameras und Sperranlagen.

Hamburg: etwa 25 Millionen Euro für Torverstärkungen und Stacheldraht.

Düsseldorf: rund 20 Millionen Euro für Sensorik und Zufahrtsbarrieren.

Köln/Bonn: ebenfalls 20 Millionen Euro für neue Kontrollpunkte.

Stuttgart: rund 15 Millionen Euro für Zaunaufrüstung und Zufahrtsabsicherung.

Leipzig/Halle und Dresden: zusammen etwa 10 Millionen Euro für Modernisierung bestehender Systeme.

Gesamtbelastung: rund 300 Millionen Euro!

Vorwurf: Überzogener Goldstandard

Der ADV wirft dem Innenministerium vor, über EU-Recht hinauszuschießen – sogenanntes „Gold-Plating“. Während andere EU-Staaten sich an die europäischen Sicherheitsstandards halten, legt Deutschland drauf – und macht’s teurer.

Eine BILD-Anfrage zu den Hintergründen und den Kosten der sogenannten Perimeterverordnung ließ das Bundesinnenministerium bis dato unbeantwortet.