SP-X/Lyon. Mit dem PV5 steigt Kia ins weltweite Nutzfahrzeuggeschäft ein. Die Koreaner wollen ein ganzes Ökosystem an Flotten- und Ladelösungen rund um den Elektrotransporter aufbauen. Auf der Solutrans in Lyon sprachen wir mit COO Sjoerd Knipping über die Strategie und die Schwierigkeiten beim Einstieg in den Markt.

F: Herr Knipping, Kia ist ein Newcomer im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge. Was ist die größte Herausforderung beim Einstieg in den europäischen Markt?A: Ganz klar das unterschiedliche Tempo der Elektrifizierung. Einige Länder sind weit vorangekommen, andere stehen noch am Anfang. Früher oder später wird aber der gesamte Markt elektrifiziert, bei Pkw wie bei Transportern. Entscheidend ist das Gesamtbild aus Schnellladen und öffentlichem AC-Laden. Für gewerbliche Nutzer ist jedoch Depotladen der wichtigste Baustein. Fahrzeuge können über Nacht geladen werden, ohne Eingriff in den Tagesbetrieb. Eine weitere Herausforderung ist die Unsicherheit bei den staatlichen Förderprogramme. Mal gibt es Subventionen, dann werden sie wieder gestrichen. Ich würde mir in der EU eine stabilere, konsistentere Politik wünschen. Insgesamt betrachten wir die Elektrifizierung aber als Chance. Mit unseren neuen Nutzfahrzeugen erreichen wir jetzt auch Flotten, die bisher keine Kia-Pkw im Fuhrpark haben.

F: Beim PV5 Fahrgestell sprechen Sie vom ersten E-Chassis im C-Segment. Was bedeutet das konkret?A: Wir behaupten nicht, die ersten bei Elektrotransportern zu sein. Aber wir bieten im C-Segment die größte und erste Plattform dieser Art. Trotz kompakter Außenmaße sind bis zu acht Kubikmeter Ladevolumen möglich. Das ist ein spürbarer Vorteil, weil es keine Kompromisse bei Radstand oder Aufbaulänge gibt. Unsere EV-Plattform ermöglicht niedrige Einstiegshöhen sehr gutes Verhältnis aus Außenmaß und Ladevolumen. Andere Wettbewerber werden diesen Schritt irgendwann ebenfalls gehen.

F: Ein Teil der Umbauten entsteht in Korea, ein Teil in Europa. Wie ist die Aufteilung?A: Bestimmte Nischenmodelle entstehen direkt im Werk, etwa ein rollstuhlgerechtes Fahrzeug, ein Mannschaftstransporter oder eine speziell für Uber in Korea entwickelte Variante des Kombis. Für den Kunden bedeutet das ein durchgängiges Bestell- und Liefermodell mit nur einer Rechnung. Daneben arbeiten wir natürlich mit europäischen Partnern wie Sortimo, Bott und anderen. Je nach Land sogar mit Ein-Rechnungs-Lösungen.

F: Wird Kia Unternehmen auch in anderer Weise unterstützen, wenn sie auf E-Fahrzeuge umstellen, beispielsweise mit Lösungen für Depotladen?A: Ja, solche Ladelangebote werden wir länderspezifisch ausrollen. Zusätzlich steht Kia Charge mit über einer Million öffentlichen Ladepunkten in Europa bereit. Aber der PV5 ist ja auch ein LCV mit eigenem Business-Ökosystem. Kunden können unsere eigenen sowie markenübergreifende Services nutzen, die auf unterschiedlichste Anforderungen von Geschäftskunden zugeschnitten sind. Über eine zentrale Schnittstelle lassen sich Programme wie Fleet Suite oder Charge Business aktivieren und Echtzeit-Informationen über den Zustand oder Wartungsbedarf der Flotte abrufen. Das Ganze ergänzen wir mit einem eigenen Flottenmanagementsystem, mit dem sich auch Fuhrparks mit Fahrzeugen unterschiedlicher Marken verwalten lassen.

F: Dafür benötigt Kia ein großes Servicenetz. Bisher sind die Kia-Betriebe aber nur auf Pkw ausgerichtet.A: Wir nutzen unser bestehendes Netz von mehr als 2.000 Partnerbetrieben in Europa. Rund 650 davon sind bereits für PBV zertifiziert. Service ist im Geschäft mit leichten Nutzfahrzeugen zentral, weil die Einsatzzeit über den wirtschaftlichen Erfolg entscheidet. In Deutschland werden wir bis Jahresende etwa 100 PBV-Partner haben. Nur wenn regionale Lücken entstehen, werden wir zusätzliche Händler einbeziehen.