Was passiert nach dem Tod? Gibt es Portale? Muss Kunst ästhetisch sein? Und wer bestimmt eigentlich, was Kunst ist? – Diese Fragen stellen sich Schulkinder der dritten und vierten Klasse beim Philosophieren mit Celine André. Sie ist Grundschullehrerin für Ethik, Französisch und Kunst an der Pablo-Neruda-Grundschule in Leipzig. Dort bietet sie neben ihrem Unterricht ein Angebot zum Philosophieren an. Am Anfang des Schuljahres schreiben die Kinder ihre Fragen auf einen Zettel. Woche für Woche wird dann eine Stunde lang eine Frage behandelt. Es werden auch mal philosophische Schriften oder Konzepte besprochen. Für die studierte Philosophin ist es wichtig, dass es neben Sport und Kunst in der Schule auch Angebote gibt, wo Kinder über ihre Fragen nachdenken können und ihnen Zeit gegeben wird, sich damit länger auseinanderzusetzen. Ihre Unterrichtsgestaltung und Ergebnisse aus dem Ganztagsangebot hat Celine André vor vier Jahren in dem Buch »Fragen an die Welt« veröffentlicht und 2022 auf dem ersten Kinder- und Jugendphilosophiefestival »Was wäre, wenn?« in Leipzig vorgestellt. Im November geht das Festival in die nächste Runde.
Den Rahmen des Festivals bildet der UNESCO-Tag der Philosophie, der an jedem dritten Donnerstag im November stattfindet. Der Verein Transformatorenwerk Leipzig ist Veranstalter und der Kultur- und Medienphilosoph Rainer Totzke (alias Kurt Mondaugen) Kurator. Es ist »das einzige Festival in Deutschland, das sich bei der Philosophievermittlung an Kindern und Jugendlichen orientiert«, sagt Totzke dem kreuzer. Es ist Teil von »Leipzig denkt« und auch dieses Jahr gibt es ein Rahmenprogramm für Erwachsene: die Leipziger Woche der Philosophie.
Die Workshops sind für die ersten bis zehnten Klassenstufen konzipiert. Philosophievermittlerinnen wie Celine André kommen dafür aus ganz Deutschland, um Kurse anzubieten. »Meistens sind sie entweder in universitäre oder schulische Strukturen eingebunden und haben eine Weiterbildung zum Philosophieren mit Kindern absolviert«, sagt Totzke. Dieses Jahr lautet das Thema: Kunst und Philosophie. »Das Philosophieren neigt sehr stark dazu, abstrakt zu sein«, sagt Totzke. Er findet die Verbindung aus Philosophie und Kunst fruchtbar, weil man an ein Kunstwerk philosophische Fragestellungen knüpfen könne.
»Eine philosophische Auseinandersetzung mit Kunst ermöglicht, die eigenen ästhetischen Vorstellungen kennenzulernen und zu merken, dass Kunst vielschichtig ist und was bewirken kann«, sagt Celine André. Auch sie bietet dieses Jahr wieder eine Veranstaltung an. Gemeinsam mit der Kunstvermittlerin Mila Vojacek und Svantje Guinebert vom Institut für Philosophie an der Uni Leipzig widmet sie sich in der Galerie für zeitgenössische Kunst der Frage: Warum überhaupt Kunst? Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren wählen dabei ein Bild aus und erarbeiten in Gruppen ein Leporello – ein kleines faltbares Heft –, auf dem Fragen zum Kunstwerk gestellt werden. Sie wolle Kindern vermitteln, dass Kunst vielfältig ist und manchmal mehr ausdrücken könne, als man mit Worten sagen kann.
Für Kinder und Jugendliche ist es wichtig zu lernen, dass es auch Wahrnehmungen außerhalb der eigenen gibt, sagt Celine André. Im gemeinsamen Philosophieren und Diskutieren sieht auch Totzke einen großen Wert für Kinder: Man lerne sich selbst und andere besser kennen. »Ein gelungener Unterricht ist auch, wenn man die anderen Kinder im Raum, die man bereits kennt, in einem anderen Licht sieht, aufgrund der Antwort, die sie auf die Fragen geben.« Rainer Totzke sieht Philosophieren als wichtige Grundkompetenz, die man schon früh bei Kindern entwickeln sollte: »Philosophie beginnt mit dem Staunen. Bei vielen Kindern im Grundschulalter ist dieser Grundimpuls zum Staunen noch immer vorhanden und soll auch nicht verloren gehen.«
> 20.–22.11., www.leipzig-denkt.de