„Namhaft“, so hatte der Kanzler das genannt. Namhaft sollte der deutsche Beitrag zum Tropenfonds Brasiliens sein. Was dieses Wort bedeutet oder wie es sich vernünftig ins Englische übersetzen lässt, blieb nach Merz‘ Auftritt bei der Klimakonferenz in Belém knapp zwei Wochen lang ein Rätsel – bis jetzt. Eine Milliarde Euro, so wurde am Mittwochabend bekannt, wird Deutschland zum Fonds beitragen.
Vielleicht kann das helfen, den angeschlagenen Ruf Berlins zu reparieren. Denn seit Friedrich Merz bei einer Handelskonferenz ausgerechnet Belém („diesen Ort, an dem wir da waren“) hernahm, um im Vergleich die Schönheit Deutschlands zu unterstreichen, sind die brasilianischen Gastgeber nicht mehr ganz so gut auf ihn zu sprechen.
Die Milliarde, die Deutschland über die nächsten zehn Jahre bereitstellen will, fließt nicht direkt in den Schutz des Regenwalds. Sie geht in den Tropenwald-Fonds TFFF, den Brasiliens Präsident Luiz Ignacío Lula da Silva zu Beginn der Konferenz offiziell gegründet hat. Der Plan: Private und öffentliche Geldgeber zahlen gemeinsam 125 Milliarden Dollar in den Fonds ein, der mit diesen Mitteln arbeitet.
Die Rendite wiederum soll teils an die Investoren gehen, teils in den Schutz des Regenwalds fließen. Konkret sollen die Besitzer von Waldflächen, unter ihnen oft Indigene, für den Erhalt des Tropenwaldes entlohnt werden. Bisher hatte Lula gut fünf Milliarden Dollar an öffentlichen Mitteln einsammeln können. Nach seinem Plan sollen sie auf 25 Milliarden Dollar anwachsen. Umgerechnet in Dollars kämen aus Deutschland nun weitere 1,15 Milliarden hinzu.
Anders als erwartet wurde der Beitrag nicht von Deutschland verkündet, sondern von Lula selbst und seiner Umweltministerin Marina Silva – wohl auch, um das Gastgeberland wieder freundlicher zu stimmen. Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) hat derzeit alle Hände voll zu tun, die Wogen dort zu glätten.
Ein anderer Plan Brasiliens ging allerdings nicht auf. Lulas Anwesenheit sollte ursprünglich dabei helfen, die größten Streitpunkte der Konferenz bereits am Mittwoch zu lösen – obwohl die Konferenz offiziell bis Freitag laufen soll. Doch zunehmend kristallisieren sich Konflikte heraus, die nicht so einfach und schon gar nicht so schnell zu lösen sind.
Die nächste Klimakonferenz leitet Australien – in der Türkei
So verlangt eine Allianz von mittlerweile mehr als 80 Staaten einen Fahrplan für den Ausstieg aus fossiler Energie. Die Einigung der Klimakonferenz in Dubai vor zwei Jahren, sich von Kohle, Öl und Gas „wegzubewegen“, würde damit etwas konkreter. Allerdings sind 80 Staaten noch nicht die ganze Welt – und eine Klimakonferenz entscheidet stets einstimmig.
Daneben steht eine Reihe offener Finanzierungsfragen – etwa jene, wie viele Mittel künftig für ärmere Länder bereitstehen sollen, damit diese die Folgen des Klimawandels abfedern können. Ebenso unklar ist, wie groß der Kreis der Länder ist, die dieses Geld künftig aufbringen sollen. Bis vergangene Nacht lagen zu all diesen Fragen noch nicht einmal neue Textvorschläge vor. Die Frist, die sich die brasilianische Präsidentschaft der COP selbst dafür gesetzt hatte, war damit schon um fast 24 Stunden überschritten.
Ein anderer, sehr heikler Streit scheint dagegen nun beigelegt: der um den Austragungsort der nächsten Klimakonferenz. Sowohl die Türkei als auch Australien hatten sich beworben, keiner von beiden wollte nachgeben. Nach UN-Regularien wechselt die Ausrichtung reihum zwischen den Staatengruppen. Im kommenden Jahr ist die Gruppe der westeuropäischen Staaten dran, zu der sowohl die Türkei als auch Australien gehören.
Am Mittwoch einigte sich die Staatengruppe nach Angaben aus Verhandlungskreisen auf einen salomonischen Kompromiss: Der Ausrichtungsort werde zwar die Türkei sein, die Präsidentschaft aber übernehme Australien. Hätte sich dieser Konflikt nicht lösen lassen, hätte es nur einen Ausweg gegeben: Als Sitz des Klimasekretariats hätte wohl Deutschland die Ausrichtung der COP 31 übernehmen müssen.