Im Konflikt um das Leonhardsviertel soll ein Runder Tisch die Fronten aufbrechen. Eine Wirtin hatte zuvor scharfe Kritik an der Bezirksvorsteherin geübt – nun will diese vermitteln.
Im Leonhardsviertel stehen Nachbarn und Gastronomen derzeit in erbittertem Streit. Es geht um Lärm, die mutmaßliche Bevorzugung einer einzelnen Bar und Existenzängste der Wirte. Nach dem Vorwurf einer Wirtin in einem offenen Brief, Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne) bevorzuge „einseitig“ die Uhu-Bar, weist diese die Kritik zurück und lädt alle Gastronomen für den 4. Dezember zu einem Runden Tisch ein.
Deniz Sever, Betreiberin der Feinkostbar L’Hommage, hat mit ihrem Schreiben an die Bezirksvorsteherin den Anstoß für dieses Treffen der Streitparteien noch vor Weihnachten gegeben. In dem Offenen Brief beschreibt sie, wie sich Lage für die Gastronomie im Viertel verschärft habe.
Die Wirtin sieht ein „Ungleichgewicht“ im Leonhardsviertel
Sever, die seit vier Jahren gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin die Feinkostbar an der Leonhardstraße betreibt, sieht ein „Ungleichgewicht“ im Viertel. Die Gastronomin wirft Kienzle vor, sich „einseitig hinter die Uhu-Bar zu stellen“ und damit andere Betriebe zu benachteiligen. Die Umsetzung des dortigen Konzepts schade den umliegenden Bars, kritisiert sie. Man müsse fürchten, dass wegen wiederholter Beschwerden der Anwohner Lärmmessungen folgen, die am Ende alle Bars und Restaurants treffen könnten – „obwohl die Probleme von einem einzelnen Betrieb ausgehen“, so Sever.
Die Wirtin kritisiert zudem, dass die Uhu-Bar aus ihrer Sicht faktisch als Tanzlokal genutzt werde, während anderen Bars strikt untersagt sei, ihre Gäste zum Tanzen zu animieren. Gespräche mit den Betreibern seien gescheitert: „Taube Ohren“, schreibt sie.
Sever wirft der Bezirksvorsteherin darüber hinaus vor, die Sorgen des Viertels – vom „problembehafteten Lokal Schiller“ über mangelnde Weihnachtsbeleuchtung bis hin zu sozialer Verwahrlosung in der Altstadt – nicht ausreichend ernst zu nehmen.
„Was machen wir Ihrer Meinung nach falsch?“
In ihrem Offenen Brief an Veronika Kienzle schreibt die Hommage-Wirtin weiter: „Warum unterstützen und bevorzugen Sie ein Projekt? Wollen Sie uns anderen, die wir offensichtlich nicht in das Bild passen, das Sie von der Altstadt haben, mal sagen, wie wir auch von Ihnen unterstützt werden können. Was machen wir Ihrer Meinung nach falsch? Das Kado, die Weinstube Fröhlich, die Tibi Bar, das Zulu, das Messalina, das Lido, Botanical Affairs, FouFou, Paul and George, Holzmaler, die easystreet Bars, die Jakob-Stube – wir geben alle unser Bestes, sind teilweise ausgezeichnet in verschiedenen Kategorien der Gastronomie. Ein jeder von uns hat investiert in diese Straße und wir müssen alle unser täglich Brot verdienen.“
Die Stadt will Laufhäuser aus dem Leonhardsviertel verbannen. Foto: Lichtgut/Rettig
Wenn Frau Kienzle in ihrem Privatleben eine Bar bevorzuge, sei das in Ordnung, findet Sever und fährt fort: „Aber als ehrenamtliche Bezirksvorsteherin finde ich Ihre Einstellung zu unserem Viertel sehr kontrovers und ungerecht. Ich gönne jedem Kollegen von Herzen das Allerbeste, aber nicht auf Kosten der anderen.“
Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle weist die Vorwürfe zurück. Sie habe sich nicht hinter die Uhu-Bar gestellt und betont gleichzeitig, Neutralität sei für sie selbstverständlich. Die fachliche Zuständigkeit für Fragen wie Lärm, Genehmigungen oder öffentliches Ordnungsrecht liege ohnehin nicht bei ihr, sondern bei der Stadtverwaltung: bei der Gaststättenbehörde, der Wirtschaftsförderung, dem Amt für öffentliche Ordnung oder dem Baurechtsamt.
Was die Bezirksvorsteherin zum Thema Weihnachtsbeleuchtung sagt
Lärmmessungen würden nur dann erforderlich, wenn sich die Lage nicht beruhige – und das gelte dann „für alle Betriebe gleichermaßen“. Auch zur Frage, ob die Uhu-Bar als Tanzlokal betrieben werde, verweist die Bezirksvorsteherin auf die zuständige Gaststättenbehörde.
Beim Thema Weihnachtsbeleuchtung verweist Kienzle auf die angespannte Haushaltslage und laufende Bauprojekte. Die Altstadt sei im Rahmen größerer Innenstadtplanungen berücksichtigt, doch weitere Maßnahmen seien derzeit schwer umzusetzen.
Zugleich macht die Grüne deutlich, dass sie die Anliegen der Gastronomin ernst nehme: Hinweise wie diejenigen zum Schiller seien an Polizei und Behörden weitergegeben worden. Der Bezirksbeirat könne jedoch komplexe Sachverhalte nicht im Rahmen kurzer Bürgerbeiträge abschließend diskutieren.
Um in dem Streit zu vermitteln und zu einer Lösung zu kommen, lädt Veronika Kienzle alle Gastronomen für den 4. Dezember zum „Runden Tisch Nachtleben“ ins Rathaus ein. Dieser sei bereits vor etwa 15 Jahren auf Initiative des Bezirksbeirats Mitte eingerichtet worden und werde inzwischen von der Wirtschaftsförderung betreut. Dort sollen Vertreter der Stadt, Politik, Gastronomie und Anwohnerschaft miteinander ins Gespräch kommen. Deniz Sever erklärt, sie und ihre Kolleginnen und Kollegen würden zu einer solchen Gesprächsrunde gern erscheinen – sofern sie tatsächlich auch eingeladen werden.
Klage gegen den Bebauungsplan beim VGH in Mannheim
Inzwischen ist klar geworden, dass die Frage, ob Laufhäuser aus der Altstadt verbannt werden können, wie vom Gemeinderat gewünscht, zu einem juristischen Tauziehen auf Jahre wird. Ein Bordellbetreiber klagt gegen den im vergangenen Dezember beschlossenen Bebauungsplan vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim.