Musik „aus Böhmens Flur und Hai-nen“ erklang im dritten Konzert des Vereins Kammermusik Mannheim in der laufenden Saison. Im Florian-Waldeck-Saal der Reiss-Engelhorn-Museen trat diesmal das tschechische Pavel Haas Quartet auf mit Kompositionen von Dvorák und zuvor, im ersten Teil, seinem während des Zweiten Weltkriegs im KZ Theresienstadt internierten und 1944 in Auschwitz ermordeten Namensgeber.
Höchste Virtuosität
Virtuosität zählt heutzutage bei der jungen und mittleren Instrumentalistengeneration bekanntlich zu den Selbstverständlichkeiten, was für das Pavel Haas Quartet ebenfalls in hohem Maß gilt. Dementsprechend profilierten sich die vier Spieler – die beiden Violinisten, Primaria Veronika Jarusková und Marek Zwiebel, Bratschist Simon Truszka und Cellist Peter Jarusek – als absolut überlegene, brillante Vertreter ihrer Instrumente, denen alles – einschließlich Pavel Haas‘ Verfremdungen des Streicherklangs in seinem zweiten Streichquartett (opus 7) mit selbstverständlicher Leichtigkeit von der Hand ging.
Denen standen tänzerisch-folkloristische und melodienselige Impulse im zweiten Satz entgegen, wobei der beseelte Gesang der Viola im Gedächtnis besonders haften blieb. Mit Nachdruck wurde zudem der Kontrast des stimmungsvollen, verhalten klagenden gedämpften Streichergesangs (mit behutsamen Dissonanzen) und der ihm folgenden stürmischen Impulsen exponiert.
Ein Meisterwerk Dvoráks
Im zweiten Teil des Abends folgte dann Dvoráks letztes Streichquartett in As-Dur (opus 105): ein Standardklassiker der kammermusikalischen Literatur und ein absolutes Meisterwerk seiner Gattung, das nach seiner Uraufführung im Jahr 1896 vom Wiener Kritikerpapst Eduard Hanslick in allerhöchsten Tönen gerühmt und als „einzigartig“ bezeichnet wurde. Mit Sicherheit zu Recht. Hanslicks Voraussage allerdings, dass Dvoráks Quartett „schwerlich etwas nachwachsen“ würde, haben im folgenden Jahrhundert zumindest Bartók, Debussy, Ravel, Schostakowitsch Schönberg und Alban Berg widerlegt. Bei Vorausblicken in die Zukunft empfiehlt sich bekanntlich Vorsicht.
Abgesehen von der Futurologie lässt sich freilich vorbehaltlos feststellen, dass Dvoráks Meisterwerk diesmal im Florian-Waldeck-Saal in vorbildlicher Wiedergabe zu hören war und seine ganze Schönheit entfaltete. Die Wiedergabe des Pavel Haas Quartetts bestach durch gestalterische Fantasie, bedingungslosen Willen zum Ausdruck, ein hohes Maß an Differenzierung und verfeinertes Detailgespür. Die Musik atmete, sang und sprach in der Wiedergabe des Quartetts. Wobei Virtuosität auch diesmal groß geschrieben wurde.
Zum Ausklang des Abends folgten als Zugabe Dvoráks „Zypressen“.