Der junge Mann muss grinsen, legt schon mal den Rucksack ab und begrüßt die Beamten freundlich. Dilip Pokhrel ist auf dem Heimweg – und auf der Hinfahrt zu seinem Termin schon einmal kontrolliert worden. Der 26-Jährige Stuttgarter kennt also das Prozedere. Geduldig lässt er den Polizisten am Donnerstag seine Jackentaschen abtasten und in den Rucksack schauen. „Nein, das ist mir noch gar nie passiert, dass ich kontrolliert werde, und heute gleich zweimal“, sagt der 26-Jährige aus Stuttgart.
Meist werden junge Männer herauszgezogen
Die meisten sehen das ein. Meist junge Männer werden herausgezogen. „Wir gehen transparent und offen vor“, sagt ein Gruppenführer der Einsatzhundertschaft Stuttgart. Das heißt, dass die Kontrollierten angesprochen werden und erst erklärt bekommen, warum die Polizei da ist und was sie sucht. Die jungen Männer strecken bereitwillig ihre Arme aus, und die Beamtinnen und Beamten untersuchen, was in den Jackentaschen ist. Dabei geht es auch mal jovial zu: Ob er denn nun Tabak und Zigarettenpapier auch wieder einpacken werde, fragt einer den Beamten vor ihm. Der grinst und räumt das Zigarettenzubehör wieder in die richtige Innentasche zurück. Man trennt sich lachend.
„Ich verstehe das voll, dass das sein muss“, sagt auch Dilip Pokhrel. „Bei allem, was mit Messern passiert, muss die Polizei ja kontrollieren.“ Was er meint ist der Anstieg der Messerdelikte im öffentlichen Raum und im ÖPNV in den zurückliegenden Jahren. Darauf hat der Gesetzgeber mit dem Messer– und Waffenverbot reagiert. Erst in der Stuttgarter Innenstadt in den Nächten des Wochenendes und bei Veranstaltungen mit der Messer- und Waffenverbotszone, und seit Juni eben auch mit der Regelung für den ÖPNV.
Gefunden in einer Jackentasche: ein Multitool mit Klinge Foto: dpa/Bernd Weißbrod
Am Donnerstag sind Polizistinnen und Polizisten in der ganzen Stadt schwerpunktmäßig zu Kontrollen in Sachen Messerverbot unterwegs. Die meisten machen das laut dem Einsatzleiter im Streifendienst, doch am Charlottenplatz sind 20 Einsatzkräfte für mehrere Stunden eingeteilt. Da schauen auch der Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Markus Eisenbraun, Stuttgarts Polizeipräsident, vorbei.
Strobl hat Verständnis für Bürgerinnen und Bürger, die sich unsicher fühlen
Strobl wiederholt, womit er immer beginnt, wenn er über Sicherheitsprobleme spricht: „Baden-Württemberg ist ein sicheres Land“, betont er. Trotzdem würden sich viele unsicher fühlen. „Auch das kann ich nachvollziehen, deswegen handeln wir“, fügt er hinzu. Das Verbot habe nur dann einen Sinn, wenn die Einhaltung auch kontrolliert werde. „Wir schauen genau hin und handeln konsequent und präventiv.“
Nicht bei allen hat das eine beruhigende Wirkung. „Oh, da ist was passiert“, sagt eine junge Mutter, schnappt Nachwuchs samt Laufrad und verlässt die Haltestelle so schnell es geht, als sie das hohe Polizeiaufgebot sieht. Eine 64-Jährige aus Remseck (Kreis Ludwigsburg) sieht es gelassener. „Wo so viel Polizei ist, kann ja gar nicht erst was passieren“, sagt sie. Und wird vom Kontrollergebnis der ersten Stunde des Einsatzes bestätigt: Ein Tierabwehrspray und ein Multitool mit Beißzange und Klinge haben die Beamtinnen und Beamten eingezogen. Das klappbare Werkzeug sieht auf den ersten Blick harmlos aus. Aber: „Damit kann man in Sekundenschnelle jemanden tödlich verletzten“, sagt Strobl.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) schaut bei der Waffenverbotskontrolle am Stuttgarter Charlottenplatz vorbei. Foto: dpa/Bernd Weißbrod
Zum allgemeinen Trend könne er noch nicht viel sagen, ergänzt der Polizeipräsident. Dafür sei dei Regelung, dass die Polizei auch im ÖPNV ohne Anlass kontrollieren darf, noch zu frisch. Ein, besser zwei Jahre müsse man anschauen, um da eine verlässliche Aussage treffen zu können, und nicht nur die ersten paar Monate nach der Einführung. Besonders viele ÖPNV-Kontrollen habe die Polizei seit dem Inkrafttreten auch noch nicht gezielt gemacht. Da ist es kein Zufall, dass der Pressetermin mit dem Minister gut eine Woche vor dem Auftakt des Stuttgarter Weihnachtsmarktes liegt: Die Kontrollen werden im Sicherheitskonzept dafür auch eine Rolle spielen.
In der Waffenverbotszone in der City wurden in diesem Jahr 172 Verstöße festgestellt – darunter waren 130 Messer, aber auch Schlagstöcke und Anscheinswaffen, etwa Schreckschusswaffen, waren dabei. Im ÖPNV wurden in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr 222 Messerangriffe verübt. Mit Schusswaffen gedroht wurde in 14 Fällen. In Stuttgart waren es 2024 im ÖPNV 24 Messerangriffe, acht mehr als 2023. Während das Innenministerium von einem leichten Rückgang der Messerdelikte insgesamt für das Jahr 2025 aufgrund der bisher vorliegenden Zahlen ausgeht, rechnen die Statistiker mit einem Anstieg im Land, aber mit einem Rückgang in Stuttgart.