Die britische Progressive Rock- Band mit Saenger Jon Anderson live in den 70er-Jahren in Hamburg.

AUDIO: Urban Pop: Yes (1) (67 Min)

Stand: 20.11.2025 17:10 Uhr

Es brauchte ein paar Jahre und einige Alben, bis die Bandmitglieder von Yes ihre musikalische Sprache gefunden hatten. Nicht einzelne Lieder, sondern Alben mit langen musikalischen Geschichten waren das Erfolgsrezept von Yes, meint Peter Urban im Podcast Urban Pop.

„Lange Stücke, komplizierte, sehr virtuose Musik, verschiedene Teile, lange epische Nummern und eine sehr hohe Stimme“, das ist das Erste, an das Musikexperte und Podcast Host Peter Urban denkt, wenn er den Bandnamen Yes hört. Zusammen mit Ocke Bandixen lässt er die jahrzehntelange Bandgeschichte in drei Podcast-Folgen Revue passieren, die Ende der 60er-Jahre beginnt. Eine der wichtigsten Figuren damals ist Chris Squire. Der trifft 1968 im Marquis Club in Soho auf Jon Anderson, der nicht aus London kam und mit 1,65 Metern nicht der Größte. „Er wuchs in Accrington auf und wechselte immer zwischen Fußball und Musik, das war so sein Ding“, erzählt Urban. „Eigentlich wollte er Fußballspieler werden, aber dann haben sie ihm gesagt: ‚Ey Junge, du bist zu klein. Mach mal lieber Musik.'“

Squire und Anderson „verstanden sich gleich, mochten beide die gleiche Musik: Simon & Garfunkel und Harmoniegesänge und so weiter“, erzählt der Musikexperte. „So freundeten sie sich an und Squire schlug vor: ‚Ja, lass uns mal eine Band gründen oder steig bei mir ein‘, denn er hatte ja diese Band ‚Mabel Greer’s Toy Shop‘ und da wurde Anderson der Sänger davon“ – mit seiner einzigartigen Stimme. „Er hat so eine hohe Stimme und ich dachte früher auch, ganz ehrlich, der singt Kopfstimme“, gesteht Peter Urban. „Das ist aber nicht so und das verneint er immer ganz, ganz streng. Er ist so eine Art Countertenor, aber er singt aus voller Brust, er singt nicht irgendwie im Kopf, sondern er singt aus voller Brust.“

Zeit des Progressive-Rock

Zu Band stoßen dann noch Peter Banks als Gitarrist, Bill Bruford als Schlagzeuger und Keyboarder Tony Kaye. Somit war die Band komplett. „Im Mai oder Juni haben sie angefangen und im August hatten sie schon ihren ersten Auftritt“, erinnert sich Urban. „Es ging dann immer relativ schnell. Am Anfang spielten sie noch viele Coverversionen.“ Doch der alte Bandname Mabel-Greer-Toy-Shop schien ausgedient und so musste ein neuer her. „Ich glaube, der Gitarrist Banks schlug vor: ‚Ja, sag doch einfach Yes.‘ Und das blieb dann und wurde ein Markenzeichen.“ Ebenso wie ihre Virtuosität.

„Man muss das eben noch mal einsortieren“, erklärt Podcast-Co-Host Ocke Bandixen. „Es ist ja auch die Zeit, wo Pink Floyd die ersten Alben machte und in England Genesis sozusagen startklar wurde.“ Und Peter Urban ergänzt: „Das entwickelte sich ja nach 1967, nachdem die Beatles schon kompliziertere Sachen gespielt hatten und immer mehr Bands auftauchten, die Dinge spielten, die man später Art-Rock oder Prog-Rock nannte.“ Das bedeutet, es waren Bands „mit ungewöhnlichen Sounds, mit interessanten Melodielinien und komplizierten Strukturen, die anfingen, die reine Songform zu überwinden“, erklärt Urban. „Und dann eben auch ausladende Soli spielten und instrumentale Teile einbauten.“

Fast schon demokratisches Songwriting

Steve Howe, Bill Bruford und Jon Anderson

Steve Howe, Bill Bruford und Jon Anderson bei einer Pressekonferenz 1989.

1969 folgte dann auch bei Atlantic der erste Plattenvertrag für die Band – inklusive erstem Album. „Oft gibt es lange Intros oder später lange Finale, wo überhaupt nicht gesungen wird“, beschreibt Peter Urban die Musik darauf. „Was gleich auffällt, sind auch starke Chöre, Harmoniegesänge, die wirklich auch für Yes sehr prägend sind. Da sind Einflüsse aus Jazz aber auch psychedelische Einflüsse zu finden. Manche Sachen sind sehr zerstückelt und zerrissen. Ich fand es immer so ein bisschen eigentümlich, die Originale dann so zu verfremden, das fand ich dann so ein bisschen künstlich.“

Hauptsongschreiber sind Jon Anderson und Chris Squire. Ihre Arbeitsweise: eher ungewöhnlich. „Es war gar nicht feindselig, sondern sehr kooperativ – demokratisch möchte man beinahe sagen. Denn was bei Musik ja ungewöhnlich ist, die kamen zusammen und Anderson hat später erzählt, wir haben nicht gestritten, wir haben diskutiert, was besser wäre. Jeder schlug kleine Teile vor“, erzählt Musikexperte Peter Urban. Mit dem dritten Album scheint die Band ihre musikalische Handschrift gefunden zu haben. Trotzdem kommt Rick Wakeman für Keyboarder und bringt die Band auf eine neue Ebene. Wakemann wird im Laufe der Jahre viermal die Band verlassen und wieder zu ihr zurückkehren. Es wird nicht die letzte Bandumstellung sein.

Verschiedene Soloprojekte der Bandmitglieder

Die Mitglieder der Band Yes

Die Mitglieder der Band Yes – in der Besetzung von 2021.

Die Band ist zu Beginn sehr umtriebig. „Jedes Jahr mindestens ein Album und dann Tourneen“, berichtet Musikexperte Peter Urban. „Beim Album ‚Fragile‘ waren es 111 Konzerte bei der Tournee. Die waren ständig auf Tournee. Immer ungefähr mindestens um die 100 Konzerte pro Album – ein ständiger Wechsel zwischen Studio, Hotels, Flugzeug und Bus, um durch die Welt zu düsen.“ Yes wird zu einem Welterfolg mit zahlreichen weltweiten Charts-Platzierungen und die Mitglieder werden zu Popstars.

Mit dem Erfolg steigen auch die Band-Querelen und die Wünsche nach Solo-Projekten. 1980 verabschieden sich die Köpfe Anderson und Wakemann aus der Band. Eine neue Besetzung versucht noch ein Album, doch gibt man im Dezember 1981 die Auflösung bekannt. „Ehrlich gesagt ging das so unter“, gesteht Peter Urban. „Ich hatte auch ehrlich gesagt nicht mehr auf diese Alben so geachtet, wie ‚Drama‘ (1980) und auch davor ‚Tomato‘ (1979). Das war aus meinem Fokus wie weggeschwommen.“ Was folgt, sind verschiedene Soloprojekte der Bandmitglieder – erfolgreiche und mega erfolgreiche. Man findet und rauft sich wieder zusammen. Höhepunkt 1983 die Singel „Owner Of A Lonely Heart“. Die Pausen zwischen den Alben und den Tourneen werden immer länger.

Konglomerat von vielen Musikstilen

Nach dem Tod von Chris Squire 2015 wurde die Band zwei Jahre später in die Rock’n’Roll Hall of Fame aufgenommen. Viele der ehemaligen Bandmitglieder standen dort wieder zusammen auf der Bühne – „ganz harmonisch und musikalisch echt fett“, meint Pop-Experte Peter Urban. Ihre letzten Album 2021 und 2023 „sind in Ordnung“, findet Urban. Bandgründer Jon Anderson ist nach wie vor mit seinen mittlerweile 81 Jahren unterwegs und aktiv. Geeks heißt die Band, mit der er Yes-Songs wieder zum Leben erweckt – zu hören auf dem Album „True Messenger“. „Das ist so großartig. Man denkt, man ist zurückversetzt.“

Andersons selbst hat nichts gegen ein Reunion. Musikkenner Peter Urban bezweifelt allerdings, dass es nochmal dazu kommt. „Das glaube ich eigentlich nicht. Für mich bleibt Yes ein wirklich überraschendes und manchmal ein bisschen wirres Konglomerat von vielen Musikstilen“, so der Podcast-Host. „Was da so zusammenkommt: Rockmusik, Folkmusik, Klassik, New Age, Ethnomusik, viele arabische, auch indische Einflüsse, keltische Einflüsse und das alles unter diesem riesigen Decknamen, zusammengehalten mit großer instrumentaler Virtuosität, unglaublich komplizierten Arrangements und dieser Stimme, die ja unverkennbar ist.“

Glenn Frey, Joe Walsh, Timothy B. Schmit und Don Henley von der Band The Eagles posieren.

Mit Songs wie „Hotel California“ schufen die Eagles einen einzigartigen Sound, schwärmt Peter Urban im Podcast Urban Pop.

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