Tatsächlich ist Trumps Umgang mit dem US-Militär mindestens juristisch umstritten – ob beim mutmaßlich völkerrechtswidrigen und intransparenten Abschuss von angeblichen Drogenkurier-Booten in der Karibik oder beim Entsenden von Marines und Nationalgardisten in amerikanische Städte gegen den Willen der Gouverneure.

Trump drohte sogar mehrfach unverhohlen mit einem militärischen Einsatz gegen behauptete Feinde im Innern, die noch gefährlicher als äußere Feinde seien. Sein Dekret, das die sogenannte Antifa zur Terrororganisation erklärt, ist darüber hinaus so schwammig, dass im Grunde fast jeder zum Feind erklärt werden könnte, gegen den dann auch jedes Mittel recht sein würde. Das ist nicht weniger als politischer Machtmissbrauch.

Die Abgeordneten haben allen Grund, sich derart mahnend erinnernd an die Truppe zu wenden. Trump und seine Pressesprecherin versuchen, daraus eine angebliche „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ zu konstruieren. Dabei ist es in Wahrheit Trump, der die nationale Sicherheit untergräbt. Er ist es, der wiederholt die Loyalität der Soldaten und Generäle zum Präsidenten gefärhlich mit der Loyalität zur Verfassung vermischt.

Das Muster von Trump ist bekannt. Schon am 6. Januar 2021 schrien seine Anhänger „Hängt Mike Pence“. Damals ging es ebenfalls darum, dass sein Vizepräsident als einer der wenigen den Mut hatte, die Verfassung zu achten, anstatt Trumps Wünschen zum Wahlausgang zu gehorchen. Pence entging dieser Gewalt nur knapp. Trump störte es nicht. Im Gegenteil: Laut Aussagen mehrerer Zeugen befand er offenbar sogar, sein Vize würde es nicht anders verdienen.

Jetzt, fünf Jahre später, stört es ihn offensichtlich noch weniger. Es braucht keine heimlichen Zeugen mehr. Trump schreibt und fordert es öffentlich. Seine neuen Drohungen als Präsident richtet er gegen demokratisch gewählte Volksvertreter, also buchstäblich gegen eine der fundamentalen Institutionen der US-amerikanischen Republik.

Ein Präsident, der öffentlich mit Hinrichtungen politischer Gegner spielt, verlässt den Raum der tolerablen Meinungsäußerungen endgültig. Legal mag das sein. Trump ist als Präsident ohnehin immun gegen jegliche Strafverfolgung. Todesdrohungen als legitimes Mittel politischer Auseinandersetzung zu etablieren, ist trotzdem ein weiteres von vielen Warnzeichen, die er aussendet.

Für die Amerikaner geht es seit heute mehr denn je um die Frage, ob sie als Vereinigte Staaten noch bereit sind, die roten Linien einer Demokratie zu verteidigen, um ihren Fortbestand zu beschützen. Dazu gehören nicht nur Gesetze, sondern auch Normen. Trump ignoriert beides nach Lust und Laune.

Die Wählerinnen und Wähler haben es in der Hand, spätestens bei den Zwischenwahlen im nächsten Jahr. Dass es im Land rumort, das zeigen die millionenfachen Proteste auf den Straßen, das zeigen die schlechten Umfragewerte und auch die zunehmende Unruhe in den eigenen Reihen.