Eine Untersuchungskommission hat der ehemaligen britischen Regierung schwere Versäumnisse im Umgang mit der Corona-Pandemie vorgeworfen. In ihrem mehr als 800 Seiten langen Bericht zum Umgang mit der Pandemie kam die Kommission zu einem deutlichen Fazit. Die konservative Regierung habe das Virus viel zu spät ernst genommen und es habe Chaos geherrscht. Allerdings hätten alle Regierungen Großbritanniens es seitdem „versäumt, das Ausmaß des Risikos und der Katastrophe“ zu erkennen, sagte die Vorsitzende der Untersuchung, Heather Hallett.
So seien die Reaktionen zu Beginn der Pandemie 2020 viel zu langsam und schwach gewesen. Wäre etwa der erste Lockdown im März 2020 nur eine Woche früher beschlossen worden, hätte es dem Bericht zufolge während der ersten Infektionswelle bis zu 23.000 Tote weniger geben können. Zudem wären die ersten zwei Lockdowns kürzer oder gar ganz vermeidbar gewesen, wenn rechtzeitig Maßnahmen wie Social Distancing eingeführt worden wären. Aus diesen und ähnlichen Fehlern hätten auch spätere Regierungen nicht die notwendigen Lehren gezogen.
Vorwürfe gegen Ex-Premier Johnson
Deutliche Kritik äußerte der Bericht am früheren Premierminister Boris Johnson. Unter diesem hätte eine „giftige und chaotische Kultur“ in der Regierung geherrscht, der Johnson nicht entgegengewirkt habe. Vielmehr habe er diese teils selbst „aktiv gefördert“. Unter anderem habe sein damaliger Chefberater Dominic Cummings „beleidigende, sexualisierte und frauenfeindliche“ Sprache verwendet.
Johnson war von 2019 bis 2022 der britische Premierminister und geriet während dieser Zeit vermehrt in die Kritik. Vor allem sein zögerliches und teilweise chaotisches Vorgehen in der Corona-Pandemie sorgte dabei für Irritationen. Besondere Aufmerksamkeit erfuhr der sogenannte Partygate-Skandal: Während der Rest des Landes im Lockdown saß, wurden im Regierungssitz Feste gefeiert und von der Regierung selbst auferlegte Regeln missachtet. Ein mit der Sache vertrauter Untersuchungsausschuss kam später zu dem Schluss, dass Johnson das Parlament in der Sache aktiv getäuscht haben soll.
© Lea Dohle
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Derweil starben in Großbritannien etwa 227.000 Menschen an Covid-19. Das sind trotz der geringeren Bevölkerungszahl mehr als in Deutschland, wo laut Robert Koch-Institut rund 188.000 Menschen an dem Virus starben. Viele Hinterbliebene machen Johnson und seine Regierung für den Tod ihrer Angehörigen verantwortlich. Der britische Premierminister Keir Starmer kündigte an, die im Bericht gewonnenen Erkenntnisse sorgfältig prüfen zu wollen.
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