Liebe Leserin, lieber Leser,

da
saß Katharina Fegebank und sagte, „mein Herz blutet, aber es freut
sich gleichermaßen“. Im Saal 151 des Rathauses verkündete die
Zweite Bürgermeisterin gestern die größte Überraschung des neuen
Hamburger Senates: Sie gibt ihr Amt als Wissenschaftssenatorin an
ihre grüne Parteikollegin Maryam Blumenthal ab, Fegebank wird
stattdessen Umweltsenatorin. Und jetzt darf getuschelt werden, wie
folgenschwer diese Rochade ist.

Selbst
in der Hamburger Politik geht es manchmal zu wie in der Serie House
of Cards,
bloß ohne Morde, und so lautet eine Erklärung: Fegebank traute
niemandem sonst in ihrer Partei zu, das Umweltsenatorenamt zu
übernehmen, nachdem Jens
Kerstan in Rente geht (Z+)
.
Vor allem nicht dem bisherigen Fraktionschef Dominik Lorenzen, der
sich selbst für einen großartigen Senator gehalten hätte. Falls
das stimmen sollte, bleibt die Frage, ob Lorenzen nun Rachepläne
schmiedet.

Eine
andere Möglichkeit: Fegebank hat den Wechsel als Chance erkannt,
sich in den kommenden fünf Jahren besser zu profilieren, um 2030
dann die SPD und Peter Tschentscher als Erste Bürgermeisterin
abzulösen. Vielleicht war es auch ein bisschen von beidem. Oder es
ging vor allem darum, der bisherigen Grünen-Landesvorsitzenden

Maryam
Blumenthal ein Senatorenamt zu verschaffen. Wir bleiben dran.

Fegebank
macht jedenfalls klar, dass sie noch eine andere Zahl im Blick hat:
Möglichst bis 2040 will sie Hamburg klimaneutral machen, fünf Jahre
früher, als es im druckfrischen Koalitionsvertrag steht. Falls Sie
das Dokument lesen möchten, können Sie dies hier
tun. Tschentscher sprach von einer Fortsetzung „mit neuen Akzenten“,
und er wäre nicht der von Genossen gefeierte „Peeeeeter“, Pardon,
Peter Tschentscher, wenn er gestern nicht alle seine Kritiker selbst
scharf kritisiert hätte. So sei behauptet worden, Hamburg habe das
schwächste Wirtschaftswachstum im Land, „da muss jemand die Tabelle
falsch herum gehalten haben“, das Gegenteil sei richtig.

© ZON

Newsletter

Elbvertiefung – Der tägliche Newsletter für Hamburg

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Sensationen
sind deshalb nicht geplant, alles sei ja
schon auf einem richtig guten Weg (Z+)
alle Stellflächen in der Stadt erfassen. Wie
Hamburg (weiter) florieren soll, bleibt mir in den 148 Seiten des
Koalitionsvertrags allerdings noch zu vage, mit wenigen Ausnahmen.

Das
gilt etwa für die Verkehrspolitik, und der dort zuständige Senator
Anjes Tjarks (Grüne) behielt mich bei der Pressekonferenz fest im
Blick. Wegen der gestrigen Ausgabe dieses Newsletters, wie er mir
später noch verriet. Von Schläfrigkeit in der Hamburger Politik
sieht Tjarks sich weit entfernt, schließlich baue man unter anderem
eine neue U-Bahn-Linie.

Er
beschreibt den Stil des Senats lieber so: „Wir setzen spektakulär
unspektakulär spektakuläre Dinge um.“

Denn
man to, Herr Senator, wir sind gespannt.

Ich
wünsche Ihnen ein spektakuläres Wochenende!

Ihr
Christoph Heinemann

WAS HEUTE IN HAMBURG WICHTIG IST

Im Zuge der Senatsbildung ändern sich auch die
Aufgaben mehrerer Hamburger Behörden.
So wandert die Zuständigkeit für die Bezirke wieder in die
Finanzbehörde. Zudem ist die Wirtschaftsbehörde künftig für den
Arbeitsmarkt zuständig, und die Bereiche Kinder, Jugend sowie
Familie gehen aus der Sozialbehörde an die Bildungsbehörde. In
ersten Reaktionen kritisierte die Opposition die Pläne des neuen
Senats als zu ambitionslos, unkonkret und teilweise schädlich für
die Stadt.

© Christian Charisius

Die
Intendanz der Elbphilharmonie hat
das Programm für die neue Spielzeit vorgestellt, die am 3. September
beginnt. Demnach sollen erneut rund
50 der besten Orchester der Welt in Hamburg gastieren, jedoch auch
die Musik Kataloniens und indigene Gesänge vom Rande des
Polarkreises zu hören sein. Zudem wird der vor 50 Jahren
verstorbenen ägyptischen Sängerin Umm Kulthum gedacht. Das Programm
und Tickets sind online ab sofort
verfügbar
.

Der Mann, der an einer Bushaltestelle in Billstedt
eine Rollstuhlfahrerin mit einem Messer
angegriffen
haben soll, ist gefasst.
Der 33-Jährige wurde in seiner Wohnung unweit des Tatortes
festgenommen, zuvor hatte eine Öffentlichkeitsfahndung mehrere
Hinweise auf ihn ergeben. Er stammt aus Syrien und war bereits
polizeibekannt. Bei dem Angriff wurde auch ein 60 Jahre alter Mann
verletzt.

In aller Kürze

Nach einem Leichenfund
auf einem Hausboot
in Moorfleet geht
die Polizei von einem Tötungsdelikt aus. Eine 58-Jährige war am
Dienstagmorgen tot auf einem Boot am Holzhafenufer entdeckt worden •
Wegen des Hamburg
Marathons und Baustellen
an der
Autobahn 1 müssen Autofahrer am Wochenende mit erheblichen
Beeinträchtigungen rechnen. Weitere Informationen der Polizei zu den
Straßensperrungen gibt es hier
Nach einer Prügelattacke auf seine
Mutter
in Hamburg sitzt ein 39-Jähriger
nach Angaben der Polizei nun in Untersuchungshaft. Zunächst war der
Mann in einer Psychiatrie untergebracht worden

THEMA DES TAGES

© Jonas Walzberg/​dpa

„Was ich jetzt sage,
wird meine Familie sehr enttäuschen“

Drei junge Männer
überfielen eine Bar in Hamburg, dabei wurde einem Gast in den Bauch
geschossen. Beim Prozess legte ein Angeklagter ein überraschendes
Geständnis ab. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Bericht von
ZEIT:Hamburg-Autorin Elke Spanner.

Eigentlich
sollte an diesem Morgen mit den Plädoyers begonnen werden. Die
Anwälte vor dem Hamburger Landgericht hatten ihre Schlussvorträge
schon in der Aktentasche. Drei junge Männer waren wegen
gemeinschaftlich versuchten Mordes angeklagt, sie hatten im November
2023 eine Bar in Hamburg überfallen, dabei wurde ein Mann
angeschossen. Der Tenor der Plädoyers sollte sein: Keiner der drei
Angeklagten wusste, dass einer von ihnen eine Pistole dabeihatte. Wer
geschossen hat? Fragezeichen.

Dann
aber verschob sich die Verhandlung am 23. April. Es gibt noch
Gesprächsbedarf, hieß es kurz vor Prozessbeginn, letzte
Abstimmungen mit den Mandanten in der Untersuchungshaftanstalt
nebenan.

Was
M., der älteste Angeklagte, seinem Verteidiger da zu sagen hatte,
überraschte selbst den: Er wolle die Schuld auf sich nehmen – und
das tat er dann auch. „Was ich jetzt sage, wird meine Familie sehr
enttäuschen“, schickte M. in der Erklärung vorweg, die sein
Verteidiger kurz darauf im Gerichtssaal für ihn vorlas. Und dann:
„Ich hatte die scharfe Schusswaffe dabei – und ich habe
geschossen.“

Es
sind überraschende Worte nach vier Monaten Prozess, nach vier
Monaten eisernen Bestreitens, von einer Pistole auch nur gewusst zu
haben. Das Plädoyer des Anwaltes war damit hinfällig, er muss ein
neues vorbereiten.

Welche
Auswirkungen das Geständnis für den weiteren Prozessverlauf hat,
lesen Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf ZEIT
ONLINE.

Zum
vollständigen Artikel

DER SATZ

© Brigitte Friedrich/​SZ

„Er
wurde das, was man einen Tausendsassa nennt; manche, befragt nach der
Bedeutung Moritz’ für den Hamburger Literaturbetrieb, versteigen
sich sogar zu der Behauptung, Moritz ›sei‹ der Hamburger
Literaturbetrieb.“

Seit
14 Jahren leitet Rainer Moritz das Literaturhaus Hamburg; zum 1. Mai
hört er auf. Das
Porträt eines Berserkers von ZEIT-Autor Xaver von Cranach lesen Sie
hier

MAHLZEIT – Die Gastrokritik

Sehr
mysteriös, das alles: Man bucht Wochen im Voraus und überweist auch
gleich 129 Euro, ohne zu wissen, was man essen wird und wer es für
einen kocht. Und wenn es dann so weit ist, muss man sich erst mal in
den ersten Stock eines baufällig wirkenden Hauses im Schanzenviertel
lotsen lassen. Da erwartet einen dann eine Eigenbau-Sushibar. Hinterm
Tresen steht Hubert Haciski, früher Koch auf dem Süllberg und nun,
nach ein paar Jahren unterwegs, in Los Angeles ausgebildeter
Sushimeister. Man merkt ihm die Aufregung über die neue
Selbstständigkeit noch an, wenn er beim Schneiden und Anrichten mit
seinen Gästen plaudert.

Zu
essen gibt es zehn Gänge Omakase – der Chef wählt aus. Und was er
an diesem Abend wählt, ist interessant: Fisch in bester Qualität,
der roh oder abgeflämmt serviert wird. Dabei ist Vertrautes wie
Balfégo-Thunfisch (als Nigiri mit Kaviar) oder Hamachi (mit einem
Streifen weihnachtlich gewürzter Nashi-Birne), aber auch mal ein
Exot wie die Rote Fleckbrasse.

Haciski
nimmt es mit den Details genau, vom lauwarmen Reis über den frischen
Wasabi bis zur nicht zu kühlen Lagerung des Fischs. Bei manchem
Teller denkt man, dass er seinen tollen Produkten noch mehr vertrauen
könnte, statt mit Zitrusaromen oder fermentiertem Gemüse recht
starke Akzente zu setzen. Doch gemessen an dem, was in Hamburg
üblicherweise als Sushi aufgetischt wird, sind die Häppchen im Shio
Filigranarbeit. Selbst wenn es hier Sojasoße gäbe – man würde
gern darauf verzichten.

Michael Allmaier

Shio,
Sternstraße 70, Schanzenviertel. Nur
mit Reservierung!

DAS KÖNNTE SIE INTERESSIEREN

Der
Freundeskreis UKE
für Kinder mit Demenz e.V
. lädt zu einer Benefizveranstaltung mit dem Hamburger Zauberer Jan
Logemann ein. Das Programm Einfach zauberhaft
im Kulturkreis Torhaus richtet sich an Kinder und Erwachsene. Der
Verein erhebt für die Veranstaltung keine Eintrittspreise und bittet
um Spenden: für Erwachsene ab 25 Euro, für Kinder ab 10 Euro. Die
Spenden werden vollumfänglich weitergegeben.

Einfach zauberhaft, 29.4., 16.30 Uhr, Kulturkreis Torhaus,
c/o Schulungshaus von HH-Wasser (S-Bahn Hoheneichen), Wellingsbüttler
Weg 25a; Karten für die Vorstellung können Sie hier bestellen
info@fk-kindermitdemenz.de;
weitere
Infos

MEINE STADT

Frühling in Harburg. Wasser findet sich in der kleinsten Ritze! © Susanne Toefke

HAMBURGER SCHNACK

Neulich
beim Familienbesuch: Unser Besuch ist zum ersten Mal auf der
Besucherplattform der Elphi und freut sich über die besondere
Aussicht. Wir fragen nach, ob es auch ein Besuch im Souvenirshop sein
soll. Die Antwort kam prompt vom Cousin meines Mannes:

„Auf
keinen Fall – da gibt es ja nur Stehrümchen.“

Gehört
von Marilies Brinkmann

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