Widersprüche in den früheren Aussagen der Angeklagten standen im Mittelpunkt des zweiten Tags im Berufungsverfahren vor dem Wuppertaler Landgericht um die versuchte Erpressung der Familie des ehemaligen Rennfahrers Michael Schumacher. In der ersten Instanz war Yilmaz T. wegen versuchter Erpressung zu drei Jahren, sein Sohn Daniel L. wegen Beihilfe zu sechs Monaten und Markus F. zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Sie hatten 15 Millionen Euro für die Rückgabe von privaten Fotos des früheren Formel-1-Piloten gefordert, andernfalls werde man die Bilder im Darknet veröffentlichen. Schumacher ist seit einem Skiunfall im Jahr 2013 auf Pflege angewiesen und lebt streng abgeschirmt mit seiner Familie in der Schweiz.
Vor allem mit dem Urteil für Markus F. hatte sich die Familie des Rennfahrers nicht zufrieden gezeigt und war in Berufung gegangen. Ihrer Meinung nach sei der frühere Sicherheitsmitarbeiter der Schumachers der Drahtzieher hinter der Erpressung und sollte nicht als Gehilfe, sondern als Mittäter verurteilt werden. Auch die Verteidiger der Angeklagten hatten Rechtsmittel eingelegt. Während der im ersten Verfahren geständige Yilmaz T. auf eine Verringerung des Strafmaßes hofft, möchte Markus F. einen Freispruch. Er hatte stets alle Vorwürfe abgestritten.
Der Vorsitzende Richter, Markus Quantius, hatte die Erfolgsaussichten für alle Beteiligten am ersten Verhandlungstag jedoch als „dürftig“ beschieden. Am Ende des ersten Verhandlungstages hatte Daniel L. seine Berufung zurückgezogen und das Urteil aus der ersten Instanz akzeptiert. Yilmaz T. und Markus F. ließen zudem über ihre Verteidiger erklären, dass sie sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache äußern wollen. So muss das Verfahren nun allein anhand von Zeugenaussagen aufgerollt und neu bewertet werden.
Am zweiten Tag sagte unter anderem die Ermittlungsrichterin, die Yilmaz T. bei zwei Haftprüfungsterminen befragt hatte, sowie Richterin Birgit Neubert, die im ersten Verfahren gegen die drei Angeklagten vor dem Wuppertaler Amtsgericht den Vorsitz geführt hatte, aus. Dabei ging es etwa darum, wann T. die Festplatten mit dem kompromittierenden Material von F. bekommen haben soll, ob bereits mehrere Monate vor dem Erpressungsversuch oder erst wenige Wochen.
Unklar ist auch, ob der frühere Chef von Markus F. in die Erpressung involviert war. T. hatte ihn bei der Haftprüfung belastet, dies aber im Verfahren zurückgenommen. Markus F. war von 2012 bis 2021 als Sicherheitsmitarbeiter bei den Schumachers angestellt gewesen und hatte auch Zugang zu einem Pflegecomputer mit Bildmaterial, war dann aber entlassen worden. Die Enttäuschung über seine Entlassung soll laut Gericht ein Motiv gewesen sein, T. die Festplatten zu übergeben.
Während Yilmaz T. vor der Ermittlungsrichterin erklärt hatte, das Geld werde unter ihm, Markus F. und dessen Chef aufgeteilt, sagte er vor dem Amtsgericht, dass er, F. und eine Krankenschwester, die Schumacher gepflegt hatte, sich das Geld teilen würden. Richterin Neubert berichtete, dass T. damals, auf den Widerspruch angesprochen, gesagt habe, dass er im Verfahren nun die Wahrheit sage. Von der ebenfalls entlassenen Krankenschwester sollte auch die Höhe der geforderten Summe stammen, 15 Millionen Euro.
Insgesamt blieb bei den Aussagen der beiden Richterinnen der Eindruck haften, dass einige Zusammenhänge im Detail noch ungeklärt, aber vielleicht auch nur schwer vollständig aufzuklären sind. So sagte die Ermittlungsrichterin auch, auf die Glaubwürdigkeit von Yilmaz T. angesprochen, dieser habe zwar glaubhaft und offen erzählt, ihrer Meinung aber nicht alles. Der Prozess wird fortgesetzt.