Erleichterung am Kultstand

„Der Schmalzkuchen zu Weihnachten ist gerettet“

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.

Aktualisiert am 21.11.2025 – 21:26 UhrLesedauer: 3 Min.

Michael Groß vor seinem Schmalzkuchenstand: Der 76-Jährige erhielt die Nachricht vom Oberbürgermeister persönlich.Vergrößern des Bildes

Michael Groß vor seinem Schmalzkuchenstand: Der 76-Jährige erhielt die Nachricht vom Oberbürgermeister persönlich. (Quelle: Patrick Schiller)

Oberbürgermeister Onay stoppt die Kündigung für einen Traditionsbäcker in Hannover. Schmalzkuchenstand-Betreiber Michael Groß ist überwältigt.

Man sieht Michael Groß die Anspannung der vergangenen Tage an, als schließlich die erlösende Nachricht kommt. Der 76-Jährige ist sichtlich gerührt, ringt nach Worten. „Da kriege ich Gänsehaut“, sagt der Mann der Hannover-Redaktion von t-online vor Ort. Sein Schmalzkuchenstand ist seit 25 Jahren eine Institution in Hannovers Innenstadt.

Eben noch stand er vor dem Aus. Zum 31. Dezember war ihm gekündigt worden. Jetzt ist die Kündigung vom Tisch. Für Groß bedeutet das alles: „Ein Weihnachtswunder“, sagt er mit belegter Stimme.

Dass Oberbürgermeister Belit Onay, der Stadtchef, den Stand persönlich besuchte, ist das Ergebnis eines beispiellosen Bürgerprotests. Alles begann mit einem einfachen, laminierten Zettel: „Hannover klagt über leere Innenstadt. Und entfernt die letzten lebendigen Stände“, hatte Groß dort aus Verzweiflung geschrieben. Auch der benachbarte Stand „City Köfte“ hatte eine Kündigung erhalten.

Dieser Aushang wirkte wie ein Magnet. Plötzlich bildeten sich vor dem Stand lange Schlangen. Doch die Menschen warteten nicht nur auf Gebäck. Hunderte Passanten blieben stehen, um sich empört in dort ausgelegte Unterschriftenlisten zum Erhalt des Standes einzutragen.

Parallel schwappte die Welle ins Netz. Die Instagram-Seite „Hannover Memes“ griff das Thema auf. „Wir haben unsere Community mobilisiert“, sagt der Betreiber der Seite zur Hannover-Redaktion von t-online. Eine zusätzlich gestartete Onlinepetition explodierte förmlich: „Da haben schon über 5.000 Leute unterschrieben“, so der Influencer. „Das war ein Zusammenhalt wie seit der EM nicht mehr.“

Der Meme-Macher beließ es aber nicht bei Likes, sondern griff zum Hörer: „Ich habe die Initiative ergriffen, um Belit Onay zu kontaktieren“, sagt er. Seine direkte Frage an den Oberbürgermeister am Dienstag: ob er nicht vorbeischauen wolle, um das zu regeln.

Hinter der Kündigung steckte offenbar weniger böser Wille als vielmehr ein bürokratischer „Unfall“. Wie Oberbürgermeister Onay erklärte, laufen im Hintergrund Gespräche über den generellen Leerstand der ehemaligen Karstadt-Immobilie. Dabei prüften Juristen alte Unterlagen und stießen auf einen Vertrag aus dem Jahr 1951.

In diesem ist wohl ein „öffentliches Interesse“ an freien Arkaden, den nach außen geöffneten Säulengängen verankert. Darin steht der Stand von Groß seit Jahrzehnten . „In dem Kontext sind rechtliche Fragen noch mal bewertet worden und da kam dieses Thema plötzlich auf“, so Onay. Ein juristischer Automatismus, den der Oberbürgermeister jetzt stoppte.