Über 7000 Euro kostet die Airlines ein durchschnittlicher Start vom Flughafen BER. In Polen ist es nur ein Bruchteil. Warum fliegen in Berlin so teuer ist.
22. November 2025 um 06:30 UhrSchönefeld
Ein Artikel von
Till Eichenauer

Ein easyJet-Flieger am Hauptstadtflughafen BER. Auch die britische Fluggesellschaft klagt über hohe Standortgebühren am Flughafen Berlin-Brandenburg.
picture alliance/dpa/Patrick Pleul Zusammenfassung Neu
- Flüge vom Flughafen BER sind dreimal teurer als vom Flughafen in Warschau.
- Airlines beklagen hohe staatliche Abgaben und Flughafenentgelte in Deutschland.
- Am BER kostet ein Start 7390 Euro, im Vergleich zu 5151 Euro in Tegel 2019.
- Bundesregierung plant ab Juni 2026 eine Senkung der Luftverkehrssteuer.
- Ryanair und andere Airlines verlagern Flüge ins Ausland wegen hoher Kosten.
Die Zusammenfassung wurde durch künstliche Intelligenz erstellt.
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Viele Politiker und Airlines sind sich einig: Der Flughafen BER ist zu teuer. Zuletzt klagte Brandenburgs Verkehrsminister Detlef Tabbert (BSW): „Die Kosten sind hoch, die Tickets teurer als anderswo in Europa. Das ist ein Problem für Deutschland und somit auch für uns in Brandenburg – am BER.“
Aber Kosten am BER tatsächlich so viel höher als an anderen Flughäfen? Fragt man die Airlines, ist die Antwort klar: „Vergleicht man Tegel 2019 mit dem BER heute, sind die staatlichen Abgaben und Gebühren um mehr als 90 Prozent gestiegen. Vergleicht man mit Schönefeld, liegt die Steigerung bei 105 Prozent“, sagt Sandra Courant, Sprecherin der Lufthansa.
Die gestiegenen staatlichen Abgaben, die Lufthansa beklagt, sind die Luftverkehrsteuer, die Sicherheitsgebühr etwa für die Gepäckkontrollen und die Kosten für die Flugsicherung, also die Fluglotsen. Hinzu kommen noch die Flughafenentgelte, also das Geld, was die Airlines an den Flughafenbetreiber, für die Nutzung der Landebahnen und des Terminals zahlen muss.
Kosten an deutschen Flughäfen: BER liegt im Mittelfeld
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat in einer Studie die Standortkosten, also die Summe aus allen Steuern, Gebühren und Entgelten an europäischen Flughäfen untersucht. Die Rechnung zeigt, was ein Start zu einem innereuropäischen Ziel mit einem Airbus A320 im Durchschnitt kostet: Zahlte man am Flughafen Tegel im Jahr 2019 noch 5151 Euro, waren es fünf Jahre später am BER 7390 Euro.
Zwar sind alle Kostenfaktoren in den vergangenen fünf Jahren teurer geworden, jedoch kam ein Großteil des Anstiegs tatsächlich über die um 110 Prozent gestiegene Luftverkehrssteuer.
Im Vergleich zu anderen deutschen Flughäfen steht Berlin mit seinen durchschnittlichen Standortkosten von 7390 Euro aber relativ gut da. Zwar zahlen Airlines etwa in Hamburg oder Köln-Bonn weniger als am BER, in Frankfurt und München – den beiden größten Airports der Bundesrepublik – ist es aber deutlich teurer.
Für Florian Gränzdörffer, Sprecher von Eurowings, sind die hohen staatlichen Abgaben gerade im europäischen Wettbewerb ein Problem: „Ein Abflug ab einem deutschen Flughafen zu einem Ziel in Europa kostet mit rund 4.000 bis 5.000 Euro staatlichen Standortkosten sechs bis sieben Mal mehr als beispielsweise ein Flug ab Madrid.“ Daher sei Deutschland das Schlusslicht bei der Erholung des Luftverkehrs nach der Corona-Pandemie und belege in Europa Platz 28 von 31.
Schaut man sich die Standortkosten laut der DLR an, zeigt sich tatsächlich: In Deutschland fallen für einen Flug 2330 Euro an und in Madrid – gar nichts. Auch die Sicherheitsgebühr kostet dort mit 626 Euro weniger als die Hälfte. Das Flughafenentgelt ist 3303 Euro in der spanischen Hauptstadt ist aber ungefähr so teuer wie in Berlin.
Im Vergleich mit BER: Flughafen Warschau billig – London teuer
Dennis Dobrowolski, Pressesprecher des BER, sieht die Preise, die der Flughafen von den Airlines verlangt, als gerechtfertigt: „Im europäischen Vergleich bewegen sich die Entgelte am BER im Durchschnitt und sind international wettbewerbsfähig.“
In Warschau-Modlin, 30 Kilometer von der polnischen Hauptstadt entfernt, fliegt man dennoch deutlich günstiger: Auch dort fliegt man laut DLR steuerfrei und es fallen lediglich 383 Euro für die Flugsicherung und 1825 Euro für den Flughafen an. Extrem teuer ist es dagegen in London Heathrow, wo eine Landung fast 15.000 Euro kostet. Das liegt aber weniger an den dortigen Steuern, sondern am happigen Flughafenentgelt von 12.483 Euro.
Und so ist auch der Ton der Airline-Vertreter düster, wenn sie über den Flugverkehrs-Standort Deutschland insgesamt und im Besonderen über Berlin sprechen: „Die hohen staatlichen Standortkosten führen dazu, dass verfügbare Ressourcen der Airlines in Form von Flugzeugen tendenziell in anderen Ländern eingesetzt werden, weil sie dort wirtschaftlicher betrieben werden können“, so Felix Krüger vom Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften.
Gerade für den Standort Berlin sie die Konkurrenz zu Polen problematisch, da traditionell viele Passagiere aus dem Nachbarland von Berlin aus geflogen seien, so Krüger. Diese Fluggäste nutzen nun jedoch zunehmend die nationalen polnischen Flughäfen, weil es dort günstiger ist.
Ryanair zieht wegen hoher Kosten am BER Flugzeuge ab
Auch Ryanair-Sprecher Marcel Pouchain sieht die Schuld bei der Politik: „In Deutschland funktioniert es einfach nicht mehr, weil die Kosten so hoch sind. Am BER entstehen für uns Kosten von 55 bis 60 Euro pro Passagier, und dann ist es für Ryanair absolut unattraktiv.“ Da mache es für den Billigflieger mehr Sinn, Flugzeuge in Länder zu verlegen, wo keine Standortkosten wie die Luftverkehrssteuer anfallen, so der Sprecher.
Eine andere Top-Airline am Flughafen BER ist Easyjet. Eine Sprecherin sagte auf Anfrage, man wolle die Hauptstadtregion gerne noch stärker in ihr Luftverkehrs-Netzwerk anbinden. Jedoch spiele „eine große Rolle in der Entscheidungsfindung hierbei natürlich die Kostenpositionen des deutschen Luftverkehrsmarktes und insbesondere die deutsche Luftverkehrsteuer, ineffiziente Strukturen in Bezug auf Luftsicherheitsgebühren sowie die hohen Flugsicherungskosten“, so eine Sprecherin. Man hoffe, dass die Bundesregierung Marktbarrieren abbaue und die Kosten senke.
Bundesregierung will 2026 Ticket-Steuer senken
Mittlerweile hat die Bundesregierung den Forderungen aus der Luftfahrbranche nachgegeben. Zuletzt wurde verkündet, die Ticket-Steuer, die bei jedem Flug pro Passagier erhoben wird, im nächsten Sommer wieder auf das Niveau vor der letzten Erhöhung ab Mai 2024 zu senken. Damit soll die Branche in Deutschland rund 350 Millionen Euro Steuern sparen.
Senkung der Luftverkehrssteuer ab Juni 2026
Kurzstrecke: 15,53 Euro zu 12,48 Euro
Mittelstrecke : 38,72 Euro zu 31,61 Euro
Langstrecke: 70,83 Euro zu 56,91 Euro
Über die Steuererleichterungen für Airlines sind aber nicht alle glücklich. Die Nichtregierungsorganisation Germanwatch sieht die Senkung kritisch: „Luftverkehrssteuer hat sowohl an Ticketkosten als auch an Standortkosten nur einen relativ geringen Anteil.“ Zudem würden auch in anderen europäischen Ländern Fluglinien klagen, dass in ihren Ländern die Standortkosten höher seien als in der Nachbarschaft.
Ob die aktuelle Reduktion der Luftverkehrssteuer an die Passagiere weitergegeben würde, bleibe unklar. „Derzeit besteht die Sorge, dass diese ausbleibenden 350 Millionen Euro Steuereinnahmen in den Taschen der Flugindustrie und bei den Aktionären landen.“
