Nach dem Korruptionsskandal im ukrainischen Energiesektor sollen nun auch mögliche Unregelmäßigkeiten in der Verteidigungsindustrie untersucht werden. Es werde eine „vollständige Überprüfung der staatlichen Verteidigungsunternehmen und der entsprechenden Verträge“ vorbereitet, schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj in Onlinediensten. „Alle Erkenntnisse über aufgedeckte Verstöße werden an die Strafverfolgungs- und Antikorruptionsbehörden weitergeleitet.“

Das ukrainische Antikorruptionsbüro (Nabu) hatte kürzlich bekannt gegeben, ein „kriminelles System“ aufgedeckt zu haben, das zur Veruntreuung von 100 Millionen Dollar (etwa 86 Millionen Euro) geführt habe. Der ukrainische Justizminister und die Energieministerin verloren wegen des Skandals ihre Posten. Bei den Ermittlungen waren auch Unregelmäßigkeiten in Verträgen zum Schutz des ukrainischen Stromnetzes aufgedeckt worden.

Im Mittelpunkt der Affäre steht ein Vertrauter Selenskyjs, Timur Minditsch. Ihn beschuldigen Ermittler der weitverzweigten Korruption. Minditsch wurde wie der ebenso beschuldigte Ex-Vize-Regierungschef Oleksij Tschernyschow zur Fahndung ausgeschrieben.

Selenskyj versprach, den Korruptionsskandal aufzuklären, und belegte die beiden Hauptverdächtigen mit Sanktionen. Ihre Vermögenswerte sind in der Ukraine blockiert. Das betrifft auch das von Selenskyj vor seiner Amtszeit gegründete Filmstudio Kwartal 95, an dem Minditsch 50 Prozent hält. Der damalige Schauspieler Selenskyj hatte seine Anteile 2019 vor dem Start des Wahlkampfes mutmaßlich Minditsch übertragen.