Tanztheater in Zwickau: „Peer Gynt“ im Gewandhaus
Er ist der „Faust des Nordens“: Peer Gynt. Allerdings schließt Peer keinen Pakt mit dem Teufel, um hinter die Vorhänge der Wirklichkeit zu blicken, sondern einen Pakt mit dem Tod, um der Enge seines Dorfes zu entkommen. So zieht er durch die Welt, lernt den Trollkönig unter dem Berge kennen und genießt das Leben in vollen Zügen. Was ihm immer gefehlt hat, erkennt er erst am Ende, als er seiner Liebe Solveig wiederbegegnet.
Am Theater Plauen-Zwickau verwandelt Tanzchef Sergej Vanaev Ibsens Drama in einen Bilderrausch voller Gefühle. „In 95 Minuten verschmelzen Tanz, Musik, Bühne und Licht zu einer Symbiose, die das Publikum in Bann schlägt“, begeistert sich der Kritiker Thomas Croy in der „Freien Presse„. Dabei setzt das Tanzstück nicht einfach auf Effekte, sondern erzählt von den Herausforderungen des Lebens, wobei sich melancholische, poetische und humorvolle Momente immer abwechseln. „Vanaev feiert das Leben in all seiner Unlogik und seinem Zauber – und schenkt den Zuschauern einen Abend, den man so schnell nicht vergisst – wild, berührend und einfach magisch“, so Croy.
Weitere Informationen
„Peer Gynt“
Ballett von Sergei Vanaev
nach dem dramatischen Gedicht von Henrik Ibsen
Adresse:
Gewandhaus Zwickau
Hauptmarkt
08056 Zwickau
Termine:
21. Dezember, 18 Uhr
Figurentheater in Chemnitz: „Wir werden nachkommen“ im Spinnbau
Ob es Fluch oder Segen war, konnten die jungen Menschen zum damaligen Zeitpunkt wohl kaum sagen. Kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges haben zahlreiche Eltern ihre Kinder, die von der Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten besonders bedroht waren, außerhalb des Landes. Für viele der jungen Flüchtlinge blieb das Versprechen „Wir werden nachkommen“ unerfüllt. Die Reise nach England war ein Trauma, eine Entfremdung von der Herkunft und gleichzeitig die Rettung.
Das Chemnitzer Figurentheater nähert sich diesen Geschichten. Dafür haben sie sich mit dem Autor Andreas Hillger auf Spurensuche begeben und erzählen unter anderem mit Briefen die Schicksale. Mit Puppen zeigen sie außerdem, wie sich die (rührenden) Szenen abgespielt haben könnten. Gerade diese Figuren faszinieren den DLF-Kritiker Georg Kasch: „Puppenbauer Simon Buchegger hat ihnen Gesichter verliehen, die müde wirken, als hätten sich die traumatischen Erlebnisse in ihre Mimik hineingeschnitten. Dieser Ernst, diese Traurigkeit berühren.“ Die Inszenierung wirkt etwas distanziert, wie entfernte Erinnerungen, die heute aber laut Kasch wieder gehört werden sollten: „In Zeiten, in denen der Antisemitismus auch in Deutschland wieder offen artikuliert wird, kann gar nicht genug daran erinnert werden, wohin so ein menschenverachtendes Denken führt.“
Weitere Informationen
„Wir werden nachkommen“
Theaterprojekt zur Geschichte der Kindertransporte 1938/1939
Adresse:
Spinnbau
Altchemnitzer Straße 27
09120 Chemnitz
Dauer: 65 Minuten, keine Pause
Termine:
5. Dezember, 20 Uhr
Musiktheater in Chemnitz: „Der Bajazzo“ im Opernhaus
Er ist eine der neuen Gestalten des aktuellen Jahrtausends: der Incel – involuntary celibate, zu Deutsch: unfreiwillig zölibatär. Es sind Singles, die dem Feminismus und starken Frauen die Schuld geben, dass sie keine Beziehung haben, keine Frau, die ihnen Essen und Befriedigung verschafft. Sie sammeln sich im Internet und vergiften Debatten, forcieren mit ihrem vermeintlich unpolitischen, schrägen Humor den weltweiten Rechtsruck und stacheln zu Gewalt an. Joaquin Phoenix‘ „Joker“ aus den gleichnamigen Filmen ist zum popkulturellen Symbol dieser kruden Bewegung geworden.
Von diesem Phänomen erzählt in Chemnitz Luise Kautz mit ihrer Inszenierung des Opernklassikers „Der Bajazzo“ von Ruggero Leoncavallo. Canio ist als Clown mit einer Schaustellertruppe unterwegs, als er eines Tages erfährt, dass seine Frau ihn betrügt. Vor lauter Eifersucht verliert er das Gespür für die Realität, die er nicht mehr von seinem Auftritt unterscheiden kann – bis er schließlich komplett überschnappt. Die Kritikerin Sarah Hofmann zeigt sich in der „Freien Presse“ begeistert, wie gut die Inszenierung Videoeinspielungen, Bühnenhandlung und Musik verbindet und so die Figuren geschickt als heutige Charaktere auslotet: „Die Chemnitzer Inszenierung von ‚Der Bajazzo‘ zeigt eindrucksvoll, wie zeitgemäß Oper sein kann, wie ihr moderne Lesarten einerseits nicht schaden und wie andererseits gute Stoffe und großartige Musik auch nicht aus der Mode kommen und relevant bleiben.“
Weitere Informationen
„Der Bajazzo“ von Ruggero Leoncavallo
Adresse:
Opernhaus
Theaterplatz 2
09111 Chemnitz
Dauer: 80 Minuten, keine Pause
Termine:
13. Dezember, 19:30 Uhr
Schauspiel mit Masken: „Michael Kohlhaas“ am Theater Plauen-Zwickau
Heinrich von Kleist hat in dieser Saison Hochkonjunktur. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass „Der zerbrochene Krug“ deutschlandweit zum Abiturstoff erhoben wurde. Zum anderen, weil in Zeiten gesellschaftlicher Spaltung und steigender Bereitschaft, für seine Überzeugungen zu kämpfen, die Erzählung von Michael Kohlhaas wieder dringlicher wird. Kohlhaas ist Pferdehändler und wird von einem Burgherrn betrogen. Als er ihn verklagen will, wird die Klage einfach abgewiesen – immerhin kennen sich die Mächtigen. Kohlhaas will das nicht hinnehmen und beginnt, gegen das System zu rebellieren.
Am Theater Plauen-Zwickau wird der Klassiker auf ganz besondere Weise auf der Bühne erzählt. Dort steht nämlich nicht Kohlhaas selbst auf der Bühne, sondern die Clowns der Leipziger Gruppe Compania Sincara mit dezenten Masken. Nicht ganz ohne Streit versuchen sie, die historische Geschichte nachzuerzählen, mit viel Musik und Humor. Aber die Inszenierung hat auch Tiefgang, denn die schrägen Figuren streiten unter anderem darüber, wer dieser Kohlhaas war: Held, Rebell oder doch Terrorist? „Mit einfachsten Mitteln – Stoffbahnen, Seilen, Haarklammern – entsteht eine Welt, die zugleich fragil und kraftvoll wirkt. Und wer lacht, lacht nie auf Kosten des Stoffes, sondern begreift ihn durch das Lachen neu“, begeistert sich der Kritiker Maurice Querner in der „Freien Presse„.
Weitere Informationen
„Kohlhaas“
Die Clowns Hanscarl, Pimpernelle und Mädesüß spielen mit „Michael Kohlhaas“
Frei nach der Novelle von Heinrich von Kleist
Adresse:
Vogtlandtheater Plauen
Theaterplatz
08523 Plauen
Dauer: 90 Minuten, keine Pause
Termine:
10. Dezember, 18 Uhr
Figurentheater in Chemnitz: „Versuch über meinen Großvater“ im Spinnbau
Es ist eine gewagte Frage, die in deutschen Familien kaum gestellt wurde oder wird – vielleicht aus Angst vor den Antworten: Was haben die eigenen Vorfahren während der Nazi-Herrschaft getan, wie haben sie sich beteiligt? Gundula Hoffmann, die Chefin des Chemnitzer Puppentheaters, hat den Blick in die Vergangenheit gewagt. Gemeinsam mit Karen Breece, einer Expertin für dokumentarisches Theater, hat sich Hoffmann in die Recherche gestürzt und erzählt auf der Bühne von ihren Entdeckungen.
Dabei geht es ihr nicht darum, in der Rückschau Taten zu verurteilen. Sie will wissen, was diese Taten und das Schweigen darüber mit ihr machen, wie es sich auf ihr Leben ausgewirkt hat. Begleitet wird sie dabei von ihrem Onkel, der in Form einer Puppe auf der Bühne präsent ist. Wie dieser Puppenmann teilweise von drei Menschen über die Bühne bewegt wird, ist etwas Besonderes, meint der MDR KULTUR-Theaterkritiker Wolfgang Schilling nach einer Probe. Dabei zeigt er sich auch fasziniert, dass Gundula Hoffmann diese Geschichte so mutig auf der Bühne erzählt.
Weitere Informationen
„Versuch über meinen Großvater“
Ein Rechercheprojekt des Figurentheaters Chemnitz
Adresse:
Spinnbau
Altchemnitzer Straße 27
09120 Chemnitz
Dauer: 70 Minuten, keine Pause
Termine:
27. November, 20 Uhr