Verlässt mit dem Lastwagen- und Bushersteller MAN eines der traditionsreichsten Industrieunternehmen Deutschland? Davor warnt die Gewerkschaft IG Metall. Hintergrund sind Pläne des Konzerns, bis zu einem Viertel der Stellen abzubauen und weitere Teile der Produktion nach Polen zu verlagern. Besonders betroffen sind das Werk und die Unternehmenszentrale in München.
So baut MAN weitere Jobs in Bayern ab
MAN ist kein Einzelfall. Zuletzt kündigte in Schwaben der Roboter-Hersteller Kuka den Abbau weiterer Stellen an, weitere bekannte Namen sind Bosch, Audi oder ZF in Schweinfurt. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) sagte unserer Redaktion: „MAN leidet unter einer verfehlten Industriepolitik in Deutschland und dem Green Deal der EU. Die Vorgaben der EU, den CO2-Ausstoß bei den neuen Lkws von 2019 auf 2030 zu halbieren, ist nicht zu schaffen und treibt ganze Branchen in den Ruin.“
MAN hat angekündigt, in den kommenden zehn Jahren 2300 Jobs abzubauen. Kündigungen sind nicht geplant. Betroffen ist vor allem der Hauptstandort München mit 1.300 Stellen. Salzgitter mit 600 und Nürnberg mit 400 Stellen. Im Gegenzug will MAN den Erhalt aller deutschen Produktionsstandorte bis 2035 zusichern und kündigt Investitionen von einer Milliarde Euro in seine vier deutschen Werke an.
Die IG Metall Bayern geht allerdings von bis zu 3000 Stellen weniger aus, was rund einem Viertel der derzeitigen Belegschaft entspricht. Mehr noch besorgt die Gewerkschafter die Entscheidung, dass der zu Volkswagen gehörende Traton-Konzern, zu dem wiederum MAN gehört, die Plattform für seine Trucks der Zukunft in Polen bauen will. Zusammen mit weiteren Verlagerungen führe dies dazu, dass das Herzstück der LKW-Produktion nach Krakau wandert. „Niemand verliert heute seinen Arbeitsplatz aber für die Zukunft bedeutet die Entscheidung, dass der MAN-Truck der Zukunft in Polen gebaut wird.», sagt Sybille Wankel von der IG Metall. „Die aktuellen Entscheidungen markieren den perspektivischen Abschied von MAN Bus und Truck aus Deutschland.“
Das Unternehmen führt hohe Strom- und Arbeitskosten und die asiatische Konkurrenz als Gründe an. Diese drückten die Rendite, die man für die anstehenden Investitionen benötige. Laut IG Metall verhandelten Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertreter seit Mai. Dabei hätten die Beschäftigten Lohnverzicht und unbezahlte Mehrarbeit angeboten, was dem Unternehmen Einsparungen von rund 50 Millionen Euro im Jahr eingebracht hätte. Der Bayerische IG-Metall-Chef Horst Ott kündigte an, das MAN-Management zur Rede zu stellen. Scharfe Kritik übte Ott an der Förderpraxis der EU. Nachdem MAN in Deutschland Fördergelder für Forschung und Entwicklung bekommen habe, kassiere es nun EU-Subventionen für die Verlagerungen nach Polen. Hier stehe Europas Glaubwürdigkeit auf dem Spiel, warnte Ott. „Ich erwarte, dass die deutsche Politik unter diesem Gesichtspunkt deutsche Interessen vertritt.“
EU bezuschusst laut Gewerkschaft Job-Verlagerung nach Polen
Unternehmen in Deutschland haben zwischen 2021 und 2023 laut Statistischem Bundesamt mehr als 70.000 Stellen ins Ausland verlagert. Als Motiv nannten drei Viertel der Firmen die Senkung der Lohnkosten. Die Zahl der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland sank innerhalb eines Jahres um 120.000. Der Verlust hoch bezahlter Arbeitsplätze in der Industrie trifft nach einer Erhebung des Instituts der Deutschen Wirtschaft den ländlichen Raum mehr als die großen Städte. Denn mehr als 70 Prozent der rund 5,5 Millionen Beschäftigten in der Industrie arbeiten in ländlichen Regionen. Im Falle von MAN ist das zwar nicht so. Doch die Beschäftigten des Münchner Werks kommen aus einem Umkreis von 100 Kilometern, unter anderem aus dem Dachauer Hinterland und dem Raum Augsburg.
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Christoph Frey
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MAN
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